Schwäbische Zeitung (Biberach)
Das Ende der Wasserautobahn
Die Iller soll zwischen Kellmünz und Neu-Ulm saniert werden
SENDEN/VÖHRINGEN - Man könnte es auch so sagen: Bis die Iller zwischen Kellmünz und Neu-Ulm wieder einigermaßen ökologisch saniert ist, fließt noch viel Wasser in die Donau. Zehn Jahre soll es im Rahmen des Plans „Agile Iller“dauern, die Begradigungen vergangener Jahrzehnte rückgängig zu machen und für eine natürlichere Gestaltung des Flussbetts zu sorgen. Vermutlich wird das nicht reichen, das deutete am Montag der zuständige Mann vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth im Umwelt- und Werkausschuss des Landkreises an. „Realistischerweise muss man sagen, es wird länger dauern“, sagte Gunther Wölfle. Vermutlich dürfte es dann auch nicht mit den für die Sanierung angesetzten 70 Millionen Euro getan sein, die immerhin für den gesamten Oberlauf von Memmingen bis NeuUlm reichen müssen. Und dann sind da noch die Pläne für acht Kleinkraftwerke, die einen der anwesenden Bürgermeister zu einem leidenschaftlichen ökologischen Plädoyer brachte.
Vor gut einem Jahr war das längerübergreifende Projekt der „Agilen Iller“auf den Weg gebracht worden. Wie notwendig es ist, etwas zu unternehmen, zeigte Wölfle mit einer einfachen, aber eindrucksvollen Grafik: In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Iller um 2,50 bis knapp drei Meter tiefer in ihr Bett eingegraben. Das bedeutet, dass der Grundwasserspiegel absinkt und der Auwald austrocknet. Ohnehin befinde sich der Fluss „nicht überall in einem guten ökologischen Zustand“. Durch die Begradigungen, die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen und vor allem in den 1920erJahren des vergangenen Jahrhunderts fortgesetzt wurden, ist die Iller streckenweise zu einer „Wasserautobahn“geworden, wie Wölfle urteilt.
Naturnahe Alternative
Deshalb soll zumindest ein Stück weit versucht werden, sie natürlicher zu gestalten, etwa indem stillgelegte Alt-Arme wieder angeschlossen werden oder Kiesbänke die Fließgeschwindigkeit herabsetzen. Bestehende Sohlschwellen sollen umgestaltet werden zu rauen Rampen, über die das Wasser rieseln kann. Ein vordringliches Projekt wird der Umbau des Abschnitts oberhalb des Ayer Wehrs werden, wo die Iller unter anderem kleinere Abzweigungen erhält. In solchen Bereichen können Fische ablaichen. Eine flache raue Rampe als Ersatz für eine Sohlschwelle soll eine naturnahe Alternative zum klassischen Wehr darstellen, wo sich Kies ablagert und Fische wandern können. Das Planfeststellungsverfahren für die Umbauten auf einer Länge von vier Kilometern soll nächstes Jahr beginnen.
Auch wenn diese Maßnahmen den Flusslauf natürlicher machen, räumte Wölfle ein: „So richtig natürlich wird das nicht mehr.“Es werde aber den Lebensraum für die Fische verbessern und auch für die Menschen den Fluss wieder zugänglicher machen.
Möglicherweise bekommt die Iller auch wieder mehr Wasser spendiert, das bisher zum größten Teil in den Kanal zur Stromerzeugung abgeleitet wird. Wie viel der Fluss benötigt, wird noch in einem Gutachten ermittelt. Der Altenstadter Bürgermeister Wolfgang Höß nutzte die Gelegenheit zu einer ausführlichen Wortmeldung, denn er beschäftigt sich schon sehr lange mit der ökologischen Rettung des Flusses, an dem seine Heimatgemeinde liegt. Er kritisierte, unter anderem, dass der Iller zu wenig Wasser zur Verfügung stehe. Das habe während des langen heißen Sommers beinahe in die ökologische Katastrophe geführt: „Der Uiag-Kanal musste weitgehend stillgelegt werden.“Seiner Ansicht nach reichen schon allein wegen der steigenden Baupreise die angesetzten 70 Millionen nicht aus, um den Fluss zu sanieren. Er setzt eher 100 Millionen an. Es sei dringend notwendig, etwas zu unternehmen.
„Ökologische Achse erhalten“
Ein Dorn im Auge sind dem Bürgermeister die Pläne für die acht Kleinkraftwerke. Eines bei Dietenheim ist bereits genehmigt, eine Klage dagegen hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen kürzlich zurückgewiesen. Nach Ansicht von Höß wurde der prozessierende BUND dabei alleine gelassen. Deshalb müsse der Organisation der Rücken gestärkt werden: „Die braucht unsere Unterstützung, das ist unsere Iller. Diese ökologische Achse muss erhalten werden.“Nach Ansicht von Höß dürften keine Kleinkraftwerke ans Illerbett gesetzt werden. Das laufe der ökologischen Entwicklung der Iller entgegen. Er forderte die bayerische Staatsregierung auf, „jetzt klare Kante zu zeigen“, damit es im Mutterbett keine Stromnutzung mehr gebe: „90 Prozent des Wassers werden eh schon ausgeleitet, das muss reichen.“