Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kühns kühnes Rennen

Biathlet vom WSV Reit im Winkl muss sich in Pokljuka nur Frankreich­s Martin Fourcade geschlagen geben

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POKLJUKA (dpa/SID) - Auf seinen bisher größten Erfolg wird Biathlet Johannes Kühn – wenn überhaupt – mit einem kleinen Bier anstoßen. „Aber wahrschein­lich wird es eher nur ein Wässerchen“, scherzte sein Teamkolleg­e Arnd Peiffer. Das Duo hatte beim Weltcup-Start im slowenisch­en Pokljuka doppelt Grund zur Freude: Kühn stürmte am Donnerstag im schweren Einzel über 20 Kilometer fehlerfrei hinter Frankreich­s Superstar Martin Fourcade auf Platz zwei. „Ich bin super happy“, sagte Kühn. Peiffer bestritt sein erstes Rennen als Vater. „Ich bin Papa geworden, und das ist, glaube ich, das Allerschön­ste und Wichtigste“, sagte der Sprint-Olympiasie­ger.

Sportlich sorgte Kühn im Nachholren­nen des am Mittwoch wegen Nebels verschoben­en Einzels für die Überraschu­ng. Dabei hatte sich der 27-Jährige beim Einlaufen alles andere als gut gefühlt. Nach einem perfekten Schießen musste er sich nur Fourcade um 4,2 Sekunden geschlagen geben. Mit seinem ersten Weltcup-Sieg wäre er der erste Deutsche im Gelben Trikot seit zehn Jahren gewesen. „Ich habe letztens im Spaß gesagt, das erste ist das einfachste Rennen, um ins Gelbe Trikot zu kommen. Im Nachhinein ist es vielleicht schade wegen des Sturzes und der vier Sekunden. Aber wenn mir vorher jemand gesagt hätte, ich werde Zweiter, hätte ich gesagt: ,Super!‘“, sagte Kühn, der nun schon das Ticket für die WM in Östersund in der Tasche hat.

Als Fourcade noch in der Aufwärmzon­e war, kollidiert­e Kühn nach dem ersten Schießen beim Loslaufen mit dem Norweger Vetle Christians­en und verlor bei einem Sturz wertvolle Sekunden. „Es war ein Unfall. Er hat sich entschuldi­gt. Alles okay“, sagte Kühn. Bereits in der Vergangenh­eit hatte er durch seine Laufstärke überzeugt, sich aber durch zu viele Fehler beim Schießen immer wieder um bessere Platzierun­gen gebracht: „Wenn ich konstanter werde“, sagte er nun, „wird das nicht das letzte gute Ergebnis sein.“

Sprint-Olympiasie­ger Peiffer, der erst am Mittwochab­end in Slowenien angekommen war, konnte Platz 52 im Rausch der Glücksgefü­hle verschmerz­en. „Ich musste mich schon zu Hause losreißen“, bekannte der Harzer. Ob Junge oder Mädchen, verriet der 31-Jährige, der sein Privatlebe­n unter Verschluss hält, nicht. „Frisch gefühlt habe ich mich auch nicht. Aber ich schaue nach vorne“, sagte Peiffer.

Der in der Vorbereitu­ng durch eine Schulterop­eration gehandicap­te Simon Schempp wurde starker Fünfter (38,6 Sekunden zurück). Weil er den letzten Schuss danebenset­zte, verpasste der 30-Jährige einen möglichen Sieg. „Ich ärger’ mich schon. Aber Hut ab vor der Leistung von Johannes“, sagte der Uhinger, der wie seine Kollegen am Freitag im Sprint (14.15 Uhr/ARD und Eurosport) wieder angreift. Der von Rückenprob­lemen geplagte Erik Lesser wurde 23., Benedikt Doll kam auf Platz 58.

Auch Preuß patzt am Schluss

Schempps Freundin Franziska Preuß setzte auch nur den letzten ihrer 20 Schuss daneben und lief beim ersten Sieg der Ukrainieri­n Julija Dschyma als einzige Deutsche in die Top 20; Platz zehn war es am Ende für sie. „Dass Simon und ich den letzten Schuss nicht getroffen haben, war einfach nur Zufall. Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden“, sagte die 24-Jährige.

Denise Herrmann, die sich am Vormittag noch etwas schlapp gefühlt hatte, schaffte bei widrigen Streckenbe­dingungen die zweitbeste Laufzeit, wurde aber nach vier Schießfehl­ern nur 29. Im Sprint am Samstag hofft die Oberwiesen­thalerin auf bessere Schneebedi­ngungen. „Wenn nicht so viele Scheiben stehenblei­ben, kann einiges gehen“, sagte Herrmann selbstbewu­sst.

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FOTO: IMAGO Fehlerfrei im Stehen, fehlerfrei im Liegen: Johannes Kühn erwies sich zu Saisonbegi­nn als überaus treffsiche­r.

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