Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Traditionen müssen gelebt werden“
Die Hobby-Autorin Lydia Rothmaier möchte alte Bräuche am Leben halten
UMMENDORF - Lydia Rothmaier mit Wohnsitz in Ummendorf setzt auf Traditionelles, auf Rezepte ihrer Großmutter und die Heilkraft von Kräutern. Auch beim Adventsmarkt in Ummendorf am Samstag und Sonntag, 8. und 9. Dezember stellt sie aus. „Zurück zur Natur“ist ihr Credo. SZ-Redakteur Andreas Spengler hat mit der 50-Jährigen über ihre Sichtweise und ihre Bücher gesprochen.
In Ihren Büchern besinnen Sie sich vor allem auf Traditionen, alte Rezepte und Bräuche. Ist das nicht etwas altmodisch?
Sich darauf zu besinnen, finde ich in der heutigen, schnelllebigen Zeit sehr wichtig. Altmodisch ist das nicht, im Gegenteil: Tradition steht doch für die Summe aller Gedanken, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ich möchte meinen Kindern das Traditionelle weitergeben, so wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Durch die Bräuche entsteht zum Beispiel eine Vorfreude aufs Weihnachtsfest. Wenn wir es unseren Kindern nicht mehr vorleben mit der Tradition, Bräuchen und alten Gepflogenheiten umzugehen, gerät vieles in Vergessenheit. Das muss gelebt werden, nur so bleibt es erhalten.
Woher haben Sie die Rezepte, Basteltipps und Termintipps?
Von meiner Oma habe ich meine Kräutererfahrungen und deren Anwendung geerbt und zur Leidenschaft weiter betrieben für meine eigene Familie. Ich liebe, es zu kochen, am besten mit wenig Zutaten wie Mehl und Sauerkraut. Daraus lassen sich herrliche Krautkrapfen zaubern. Viele Rezepte habe ich neu kreiert und mit den Erfahrungen von meiner Oma kombiniert. Es sind meist die einfachen Dinge, die wir verlernt haben zu nutzen.
Ein ganzes Kapitel widmen Sie Kräutern und Pflanzen von der Ringelblume bis zur Brennnessel. Wofür nutzen Sie die Kräuter?
Man sagt, für jedes Zipperlein ist ein Kraut gewachsen. Die Erntezeit der Kräuter beginnt mit dem ersten Sprießen im Frühling und dauert, bis der Schnee die Erde bedeckt, an. Die jungen und frischen Kräuter strotzen vor Kraft. Drei Beispiele: Den jungen Löwenzahn nutze ich als Salatbeigabe. Seine Kräfte unterstützen die Blutreinigung und regen den Stoffwechsel an. Die Pfefferminze liebe ich als Tee. Kein Vergleich zu einem Konsumprodukt, in dem noch Füllstoffe und Zucker hinzugegeben werden. Ein faszinierendes Gewächs ist auch die Brennnessel. Beim Vorbeigehen können die Früchte, die Nüsschen, gevespert werden. Sie enthalten Eisen, Vitamin C und B2. Bei Durchblutungsstörungen sollte man zur Brennnessel greifen. Wenn ich die Kräuter im Frühling und Sommer sammle, kann ich mich noch im Winter über meine Schätze freuen.
Was empfehlen Sie jetzt für die kalte Jahreszeit?
Beim ersten Kratzen im Hals empfehle ich einen Salbeitee zu trinken und zu gurgeln. Ein warmes Mittagessen, ist ein Muss in der kalten Jahreszeit, da empfehle ich Linsen mit Spätzle, oder Krautkrapfen. Hülsenfrüchte weisen einen hohen Anteil an Eiweiß, Kohlenhydraten, Zink, B-Vitamine, Kalium, Magnesium und Folsäure auf. Auch das Sauerkraut ist gerade in den Wintermonaten ein wertvoller Vitamin- und Mineralstofflieferant (Kalium, Kalzium, Eisen). Früher versorgte das Sauerkraut die Seefahrer mit seinem Vitamin C und beugte dem Skorbut vor.
Generationen über Generationen haben die alten Rezepte und Wirkungen weitergegeben. Warum geschieht das heute kaum noch?
Es ist nicht verwunderlich, dass wir gerade in Zeiten des schnellen Wandels, und des hektischen Alltags keine Zeit mehr haben, die alten Rezepte und Wirkungen weiterzugeben. Mit viel zu viel virtuellem „Müll“werden wir überflutet. Als Zeitersparnis kommt heute das schnelle Fastfood ins Spiel. Leider schaden wir uns und unseren Kindern mehr, als wir denken. Unsere Kinder werden adipös, gehen nicht raus, sondern treffen sich online beim Spielen. Wir müssen alle versuchen, unseren Kindern die Traditionen und die alten Werte weiterzugeben. Lassen Sie uns zurück zu unseren Wurzeln kehren, zurück zur Natur. Wenn jeder nur einen kleinen Teil dazu beiträgt, ist unsere nachkommende Generation ein Stück reicher.
Wie sind Sie auf die Ideen zu Ihren Büchern gekommen?
Auf die Idee zu meinem ersten Buch „Altes, wieder gefunden“, bin ich gekommen, als ich meine gesammelten Werke der vergangenen Jahre zusammenfassen wollte. Es war mir wichtig, dass es praktikabel als Nachschlagewerk nutzbar ist. Da ich eine Zettelwirtschaft hatte und nur ich mich damit auskannte, beschloss ich, dass es auch mit Bildern bestückt werden musste.
Drei Jahre später erschien mein zweites Buch „Traditionelles, wieder entdeckt“. Nach zahlreichen Workshops und den positiven Rückmeldungen auf mein erstes Buch hatte ich den Mut, ein weiteres Buch zu verfassen, das mir sehr am Herzen liegt. Es handelt von Traditionen und Bräuchen, Bauernregeln, Feiertage und deren Sinn, sowie die Monatsnamen, die weitergelebt werden sollen.
Wie bereiten Sie sich auf Weihnachten vor?
Traditionell an Buß- und Bettag im November hat bei mir das Weihnachtsbacken begonnen. Angefangen mit den Springerle, danach kamen die Elisenlebkuchen. Anschließend die Butter-S und mit dem übrigen Eiweiß wurden die Zimtsterne gebacken. Im Garten hole ich mir Grünzeug, damit ich uns einen Advents- und Türkranz binden kann. Die jährlichen Weihnachtskonzerte meiner Kinder finden in unseren Kirchen satt. Da kommt eine wohlige Weihnachtsstimmung auf. Ich hoffe, dass ich es dieses Jahr schaffe, den Biberacher-Weihnachtsmarkt zu besuchen, nicht nur weil er sehr bunt und vielseitig ist. Auch weil dort mein Weihnachtsbaum aus Ummendorf steht.
Und manchmal genieße ich es, mich einfach mal hinzusetzen, was nicht so oft vorkommt, einen leckeren Tee bei Kerzenlicht, zu trinken und einer ruhigen Musik zu lauschen.
„Mit Fastfood schaden wir unseren Kindern mehr, als wir denken.“Lydia Rothmaier, Hobby-Buchautorin