Schwäbische Zeitung (Biberach)
Blersch will junge Leute im Ort halten
Neue Ortsvorsteherin von Reichenbach stellt ihre Ziele vor.
REICHENBACH - Evelyn Blersch ist seit Mitte Oktober die neue Ortsvorsteherin von Reichenbach. In dem Schussenrieder Teilort leben rund 700 Menschen – man kennt sich also. Umso verwunderlicher scheint es auf den ersten Blick, dass eine junge Frau, die erst seit einem Jahr in Reichenbach wohnt, nun diesen Posten innehat.
Wer Evelyn Blersch in ihrem neuen Büro besucht, merkt schnell: Die 35-Jährige ist keine Fremde in Reichenbach. Denn die meisten Menschen, die in die Bürgersprechstunde kommen, kennen Evelyn Blersch. Zwar ist die gelernte Diplom-Betriebswirtin eigentlich aus Bad Buchau. Doch ihr Mann Andreas, mit dem sie seit mittlerweile 14 Jahren zusammen ist, ist gebürtiger Reichenbacher. „Selbst als wir noch in Buchau gewohnt haben, waren wir in unserer Freizeit fast immer in Reichenbach, denn hier war einfach immer mehr los“, erzählt Evelyn Blersch.
Gute Dorfgemeinschaft
Die Dorfgemeinschaft sei in Reichenbach eine ganz besondere, ständig gebe es irgendwelche Treffen – entweder bei jemandem zu Hause, im Verein, im Dorfgemeinschaftshaus oder in der Wirtschaft. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl im Ort sei auch mit ein Grund, warum das junge Paar sich dann vor einem Jahr entschieden habe, in Reichenbach zu bauen. „Für uns ist Reichenbach ein Ort, an dem wir einfach gerne leben, wo alles stimmt“, sagt sie. Aus dem Freundeskreis ihres Mannes – alle Mitte 30 – hätten sich viele bewusst entschieden, in ihrem Heimatdorf zu bleiben. „Es gibt hier im Moment einen wirklich guten Mix der Generationen und das merkt man; in den Vereinen, in der Belegung der Kita und in allen anderen Bereichen“, sagt die 35-Jährige. Als Ortsvorsteherin will sie dafür sorgen, dass das so bleibt. Ihre größte Aufgabe sieht sie daher darin, Bauplätze zu schaffen – denn das letzte Baugebiet wurde vor zehn Jahren erschlossen. „Wir müssen den jungen Leuten im Ort die Möglichkeit geben, hierzubleiben und dafür braucht es Wohnungen und Bauland“, erklärt sie. Momentan wisse sie von mehreren Pärchen, die von einem eigenen Heim träumen würden.
Mittelfristig soll in der Nähe des Friedhofs ein kleines Baugebiet entstehen, voraussichtlich werden dort vier Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus Platz finden. Eine Umfrage in Reichenbach ergab jedoch, dass der momentane Bedarf deutlich höher ist. „Es wird daher eine große Herausforderung sein, zu entscheiden, wie diese Bauplätze vergeben werden“, sagt sie. Klar sei, dass mittel- und langfristig weitere Bauplätze benötigt würden. Dafür müssten allerdings Grundstücke erworben werden, die sich momentan noch in privater Hand befinden.
Offenes Ohr für die Vereine
Als genau so wichtig erachtet es Blersch, immer ein offenes Ohr für die Vereine im Ort zu haben, denn sie bilden das Rückgrat des Dorfs. Sie selbst ist mittlerweile Mitglied der Initiative Reichenbach, die sich unter anderem um Veranstaltungen wie das Funkenringwürfeln oder die Ostereiersuche kümmern. Als Ortsvorsteherin ist die junge Frau nun aber sowieso überall mit dabei: Sei es, wenn es darum geht, die Hütten für den kleinen Weihnachtsmarkt aufzubauen oder als Vertreterin der Gemeinde bei den Hauptversammlungen der Vereine.
Das mit der Betreuung ihrer 15 Monate alten Tochter zu vereinbaren, ist nicht immer ganz einfach. „Ohne die Unterstützung durch meinen Mann und beide Omas würde es nicht gehen“, sagt sie. Eigentlich ist das Amt des Ortsvorstehers ja ein Ehrenamt, „aber im Moment fühlt es sich eher an wie ein Halbtagsjob“, so Blersch. Dass spontan für den selben Tag noch ein Termin dazu komme, sei keine Seltenheit. Da ist Flexibilität gefragt. Der 35-Jährigen macht die Arbeit trotzdem Spaß, „ich hätte nie gedacht, wie vielfältig und spannend der Job der Ortsvorsteherin sein könnte“.