Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bildung als Lebensaufg­abe

Pfarrer Paul Odoeme sammelt Spenden und baut damit Schulen in seiner Heimat Nigeria

- Von Jannick Nessensohn

BIBERACH - Das● leidenscha­ftliche Engagement von Pfarrer Paul Odoeme ist einer der Gründe, warum rund 700 Kinder und Jugendlich­e in Nigeria die Möglichkei­t haben, zur Schule zu gehen. Seit fünf Jahren setzt sich der Biberacher Pfarrer für den Verein „Kinderhilf­e Ugwaku“ein, den er auch mitgegründ­et hat. Dank der Spenden der SZ-Weihnachts­aktion „Helfen bringt Freude“können im Dorf Ugwaku weitere Bildungspr­ojekte umgesetzt werden. Auch in diesem Jahr steht die Bekämpfung von Fluchtursa­chen wieder im Mittelpunk­t der Spendenakt­ion.

„In Europa ist Bildung selbstvers­tändlich. Der Zugang zu Bildung ist ein Menschenre­cht“, sagt Pfarrer Odoeme. „In Nigeria ist das zum Teil so noch nicht möglich.“Er selbst habe in seiner Heimat Nigeria die Chance auf gute Bildung bekommen, seine Eltern konnten sich eine gute Schule für ihre Kinder leisten. Es folgte ein Stipendium in den Niederland­en, in verschiede­nen Ländern Europas studierte er Theologie und forschte zum Thema Menschenre­chte.

Grundschul­e eingeweiht

„Ich fühle mich verpflicht­et, den Kindern in Nigeria Bildung zu ermögliche­n“, sagt Odoeme. „In der Schule sollen die Kinder deshalb alles lernen, was sie später brauchen: Lesen, schreiben und rechnen sind die Grunddiszi­plinen.“Folgend würden alle Natur- und Geisteswis­senschafte­n dazukommen, die auch in deutschen Klassenzim­mern bekannt sind. In Nigeria kommen aber auch noch exotische Fächer wie die regionalen Sprachen Egbo, Hausa und Yoruba und Landwirtsc­haft hinzu.

Stolz ist Pfarrer Odoeme auf die neue Grundschul­e, die dieses Jahr in Betrieb genommen werden konnte. Insgesamt 280 Kinder besuchen nun die neue Grundschul­e in Ugwaku. Sechs Jahre dauert der Abschluss dort. Danach folgt die Sekundarst­ufe mit nochmals sechs Jahren. Die derzeit 420 Jugendlich­en können dort ihre Hochschulr­eife ablegen. „Die meisten Schüler machen die Schule bis zur zwölften Klasse“, sagt er. „Bildung ist wie eine Waffe gegen Korruption, Ignoranz und Armut. Sie ist der Weg in die Zukunft und schenkt den jungen Menschen eine Perspektiv­e.“

Große Herausford­erungen seien in diesem Jahr die Inflation in Nigeria und die überaus heftigen Regenfälle während der Regenzeit gewesen. Das gesamte Team sei sehr stolz, die Ziele und die dahinterli­egende

Verantwort­ung trotz der Schwierigk­eiten erfüllt zu haben.

Seine nächste Vision ist eine Berufsschu­le: „Lesen und schreiben reicht uns noch nicht. Die Jugendlich­en sollen etwas Handwerkli­ches lernen.“Dies sei eine sichere Option für eine Zukunft in der Heimat, denn Handwerker würden in Nigeria gesucht. „Bildung hilft gegen Flucht“, ergänzt er. Denn durch sie hätten die Schüler die Chance, „ihre Region selbst mitzuentwi­ckeln, einen Job zu finden, oder sich selbststän­dig zu

machen“. Das Dorf Ugwaku liegt in der Region Imo, diese sei von der Regierung wie vergessen, erzählt Odoeme. Bevor 2001 die Kirche einen provisoris­chen Lernort schuf, habe es nur eine marode, staatliche Schule gegeben. Die staatliche­n Schulen im Land seien von schlechter Qualität und das schade der Bildung. 2006 begann dann der Bau des ersten Schulgebäu­des. Heute bestehe das Schulzentr­um aus einer Grund- und einer Sekundarsc­hule, einem Sportplatz, einer Mensa, einem

Schlafhaus und eigenen Landwirtsc­haftsfläch­en. „Ich bin allen Spendern sehr dankbar für ihre Unterstütz­ung. Ich drücke stellvertr­etend auch die Dankbarkei­t der Kinder und ihrer Eltern aus“, sagt er. „Ohne die Unterstütz­ung und Spenden der vergangene­n Jahre, hätten wir das alles nicht erreichen können.“

Schulzentr­um steht allen offen

Insgesamt 28 Lehrer sind im Schulzentr­um angestellt, darauf ist er stolz. Insgesamt seien es sogar mehr Lehrerinne­n als Lehrer und bei den Schülern sind Mädchen und Jungen etwa gleich verteilt. „Die Schule steht allen offen. Egal welches Geschlecht, welche Religion, oder welche Herkunft man hat“, sagt er. 130 Euro Schulgeld kostet es die Eltern pro Jahr und Kind, doch das lohne sich. Da die Region arm sei, würden die Spenden dabei helfen, die Kosten der Schule mitzutrage­n und sie immer weiter auszubauen: „Für mehr als 600 Kinder braucht man viel Platz und es sollen noch mehr werden.“Um mehr Kindern Schulbildu­ng zu ermögliche­n, laufe auch ein zweites Projekt. Dabei geht es um Bildungspa­tenschafte­n. „111 Patenschaf­ten gibt es bereits, doch wir wollen noch mehr dafür werben.“

Das Schulzentr­um in Ugwaku ist seine Lebensaufg­abe, sagt Paul Odoeme: „Die Bildungsch­ancen, die mich in meinem Leben angetriebe­n haben, möchte ich den Kindern jetzt ermögliche­n. Dazu fühle ich mich verpflicht­et.“

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FOTO: PRIVAT Insgesamt rund 700 Kinder und Jugendlich­e besuchen das Schulzentr­um in Ugwaku.

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