Schwäbische Zeitung (Biberach)
Selbst Bahn-Bewerber leidet unter dem Streik
Züge fallen aus oder verspäten sich aufgrund des Warnstreiks – Berufliche Schulen stark betroffen
BIBERACH - Die Nerven der Pendler und Schüler liegen aufgrund des Schienenersatzverkehrs zwischen Laupheim und Ulm ohnehin seit Wochen blank. Beim Blick in die Fahrplanauskunft am Montagmorgen dürfte mancher dann von der Bahn noch genervter gewesen sein. Denn der Streik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sorgte auch im Kreis Biberach für diverse Zugausfälle und Verspätungen. Ein junger Mann schaffte es nicht zu seinem Einstellungstest – bei der Bahn.
Stark getroffen hat der Warnstreik die beruflichen Schulen in Biberach, weil sie ein größeres Einzugsgebiet haben. „Eine erkennbare Zahl an Schülern ist verspätet zum Unterricht gekommen“, sagt die Leiterin der Karl-Arnold-Schule Renate Granacher-Buroh. Egal, ob aus der Richtung Ravensburg/Aulendorf oder Ulm/Laupheim – Schüler und Lehrer gleichermaßen hätten Probleme gehabt, mit der Bahn nach Biberach zu gelangen.
„Jede Stunde, die ausfällt, ist bedauerlich“, so die Schulleiterin und verweist auf die Zwischenzeugnisse Ende Januar beziehungsweise Anfang Februar. Sie könne nicht ausschließen, dass durch den Warnstreik auch Klassenarbeiten tangiert wurden. „Der Bahnstreik wirbelt unseren Ablauf durcheinander“, erläutert Granacher-Buroh. Im Sekretariat klingelte das Telefon am Morgen nahezu ununterbrochen, weil die Schüler angehalten sind, sich rechtzeitig abzumelden. Ähnlich war die Situation in der Gebhard-MüllerSchule. „Unglaublich viele Schüler sind zu spät gekommen“, schildert Schulleiter Thomas Ohlhauser. Gleichzeitig offenbarte ein Blick ins elektronische Tagebuch, dass Schüler aus Laupheim sogar komplett fehlten: „Der Unterricht findet normal statt, aber eben in kleineren Klassen.“Gespannt verfolgt Ohlhauser die weiteren Schritte der EVG. Denn am Mittwoch steht für einige Schüler um 8 Uhr ein wichtiger Test in Englisch an, zu dem sie natürlich pünktlich eintreffen sollten: „Entsprechend nervös blicken wir auf das ganze Streik-Thema.“
Kaum Folgen hatte der Streik dagegen für das Wieland-Gymnasium und die Dollinger-Realschule in Biberach. „Wir haben von den Auswirkungen des Bahnstreiks nichts großartig gemerkt“, sagt WG-Leiter Ralph Lange. Die meisten Schüler aus dem Umland würden nämlich mit dem Bus nach Biberach kommen. Dem Dolli-Leiter Marcus Pfab waren keine Schüler bekannt, die sich aufgrund des Streiks verspäteten oder gar daheim blieben: „Die Kollegen sind ebenfalls da.“Auch bei Handtmann und Boehringer Ingelheim gab es keine nennenswerten Probleme, wie es auf Nachfrage hieß.
Die Zugausfälle waren auch Thema in den Sozialen Netzwerken. „Mein Sohn kam heute mit dem Zug nicht von Laupheim nach Biberach“, berichtet eine Mutter auf der Facebook-Seite der „Schwäbischen Zeitung Biberach“. Er hätte ins WielandGymnasium fahren sollen, konkretisierte sie auf Nachfrage: „Ich bin beim Arbeiten gewesen und konnte nicht weg.“Eine andere Mutter schrieb, dass sie mangels Alternativen ihren Sohn gefahren hat: „Dazu musste ich schauen, dass die Jüngste in den Kindergarten und ich pünktlich zur Arbeit in der ambulanten Pflege komme.“Ausnahmezustand soll dem Vernehmen nach in Schemmerberg geherrscht haben, weil die Schülerzüge um 6.59 und 7.36 Uhr in Richtung Biberach ausgefallen waren.
Eine Angestellte schrieb der SZ via WhatsApp, dass sie mit dem Auto von Biberach nach Ulm zur Arbeit gefahren sei. Für diese Alternative habe sie sich bereits am Sonntagabend entschieden. Diese Möglichkeiten hatten aber nicht alle Bahnkunden. So wollte ein junger Mann aus dem Kreis mit dem Zug nach Stuttgart fahren, weil er dort einen Einstellungstest zum Fahrdienstleiter bei der Bahn absolvieren sollte. „Daraus wurde leider nichts“, teilte dessen Vater der SZ über WhatsApp mit. Der Sohn strandete nämlich zunächst in Ulm. Von dort ging kein Zug nach Stuttgart: „Er weiß nicht, was er machen soll. Abholen können wir ihn nicht, weil meine Frau und ich arbeiten sind.“Gegen 9 Uhr nahm die Bahn nach und nach wieder den Betrieb auf.