Schwäbische Zeitung (Biberach)
In der Donau schwimmt Mikroplastik
Umweltschützer schlagen Alarm und appellieren an Verbraucher.
ULM/LANDKREIS NEU-ULM - Immer wieder tauchen in den Nachrichtensendungen schockierende Bilder von Tieren auf, die an Mikroplastikteilen im Meer verendet sind. Doch das Problem besteht nicht nur in den Ozeanen – auch die Donau ist einem Forscher aus Bayreuth zufolge mit Kleinstkunststoff verschmutzt.
Unter der Leitung von Professor Christian Laforsch hatte eine Forschergruppe an der Universität Bayreuth von 2014 bis 2017 Wasserproben an 22 Flüssen, hauptsächlich im Einzugsgebiet von Rhein und Donau, entnommen und analysiert. Die Forscher schreiben: „Für die Donau ist festzustellen, dass die Konzentration von Plastikpartikeln im Gewässerverlauf ansteigt. Während bei Ulm nur 9,8 Partikel/Kubikmeter ermittelt wurden, nimmt die Konzentration an den flussabwärts gelegenen Messstellen mit 37,7 Partikeln/ Kubikmeter bei Kehlheim, 44,4 Partikeln/Kubikmeter bei Bad Abbach und 150,8 Partikeln/Kubikmeter beiDeggendorf zu.“
Jetzt haben die örtlichen Ehrenamtlichen des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Alarm geschlagen. Sie appellieren an die Verbraucher, Plastikmüll zu vermeiden – und fordern die lokalen Händler auf, auf Kunststoffverpackungen zu verzichten.
Ein Vorbild gibt es im Landkreis Neu-Ulm schon: Der Markt „Klare Kante“, der sämtliche Waren unverpackt anbietet, hat im Frühjahr in Weißenhorn eröffnet. Geht es nach dem BUND, sollen andere Händler nachziehen – und Wirte auf Plastikgeschirr verzichten.
Auch in Ulm gibt es eine Einrichtung mit Vorbildcharakter: Die Kläranlage verfügt über eine sogenannte vierte Reinigungsstufe. Bei diesem Verfahrensschritt werden Mikroschadstoffe im Abwasser eliminiert. Moderne Kläranlagen sind in der Regel nur dreistufig. Das schädliche Plastik bleibt also meistens im Wasser. Das geht aus einer Veröffentlichung der Initiative Mikroplastik hervor, in der sich Forscher zusammengeschlossen haben. Die Wissenschaftler wollen unter anderem erreichen, dass weniger Mikroplastik in die Gewässer gelangt.
Geht es nach den regionalen Umweltaktivisten vom BUND, soll die Verwendung von Kunststoffpartikeln schon bei der Herstellung von Kosmetikprodukten vermieden werden. Denn Kleinstkunststoff aus Zahncreme, Duschgel oder Peeling gelangt durch Abwasser in die Flüsse. Die Auswirkungen auf den Menschen sind noch nicht ausreichend erforscht. Doch bei Tieren veränderten die Kunststoffe den Hormonhaushalt, warnen die BUND-Verantwortlichen aus Ulm und dem AlbDonau-Kreis.
Der BUND appelliert nicht nur an Wirtschaft und Politik, Verfahren und Gesetze zugunsten der Gewässer und der Menschen zu verändern. Er gibt auch Ratschläge an Verbraucher. Diese können Stofftaschen, Körbe oder Rucksäcke zum Einkaufen mitnehmen, Naturkosmetik und Kleidung aus Naturfasern kaufen, Spül-, Reinigungs- und Waschmittel ohne Mikroplastikzusätze nutzen und aus eigenen Bechern statt aus „To-go“-Einmalbechern zu trinken.
Schon jetzt bieten Händler und Gastronomen in Ulm und im Landkreis Neu-Ulm sogenannte RecupBecher an, die wiederverwendbar sind und gegen ein Pfand ausgegeben werden. Das System soll helfen, die Flut an Einweg-Müll zu dämmen. Bald gibt es den Becher auch mit einem eigenen regionalen Design. Er soll Mitte Januar im Ulmer Rathaus vorgestellt werden.
Gewässer in schlechtem Zustand
Die meisten Flüsse und Seen in Deutschland sind nach Einschätzung der Umweltschützer in einem schlechten Zustand. Insgesamt 92 Prozent der Gewässer seien durch Schadstoffe und Baumaßnahmen belastet, heißt es in einem Bericht des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland. „Der BUNDGewässerreport macht klar, dass sich die Politik endlich bewegen muss, damit unser Wasser noch zu retten ist“, hatte der Vorsitzende Hubert Weiger im vergangenen Frühjahr in Berlin gesagt.
Ursachen für den schlechten Wasserzustand seien unter anderem zu viel Dünger und Pestizide in der Landwirtschaft, der Ausbau und die Begradigung von Flüssen sowie Schadstoffe aus dem Bergbau. Auch Mikroplastik aus Produkten des täglichen Lebens belasten demnach zunehmend die Gewässer.