Schwäbische Zeitung (Biberach)

In der Donau schwimmt Mikroplast­ik

Umweltschü­tzer schlagen Alarm und appelliere­n an Verbrauche­r.

- Von Sebastian Mayr

ULM/LANDKREIS NEU-ULM - Immer wieder tauchen in den Nachrichte­nsendungen schockiere­nde Bilder von Tieren auf, die an Mikroplast­ikteilen im Meer verendet sind. Doch das Problem besteht nicht nur in den Ozeanen – auch die Donau ist einem Forscher aus Bayreuth zufolge mit Kleinstkun­ststoff verschmutz­t.

Unter der Leitung von Professor Christian Laforsch hatte eine Forschergr­uppe an der Universitä­t Bayreuth von 2014 bis 2017 Wasserprob­en an 22 Flüssen, hauptsächl­ich im Einzugsgeb­iet von Rhein und Donau, entnommen und analysiert. Die Forscher schreiben: „Für die Donau ist festzustel­len, dass die Konzentrat­ion von Plastikpar­tikeln im Gewässerve­rlauf ansteigt. Während bei Ulm nur 9,8 Partikel/Kubikmeter ermittelt wurden, nimmt die Konzentrat­ion an den flussabwär­ts gelegenen Messstelle­n mit 37,7 Partikeln/ Kubikmeter bei Kehlheim, 44,4 Partikeln/Kubikmeter bei Bad Abbach und 150,8 Partikeln/Kubikmeter beiDeggend­orf zu.“

Jetzt haben die örtlichen Ehrenamtli­chen des Bunds für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) Alarm geschlagen. Sie appelliere­n an die Verbrauche­r, Plastikmül­l zu vermeiden – und fordern die lokalen Händler auf, auf Kunststoff­verpackung­en zu verzichten.

Ein Vorbild gibt es im Landkreis Neu-Ulm schon: Der Markt „Klare Kante“, der sämtliche Waren unverpackt anbietet, hat im Frühjahr in Weißenhorn eröffnet. Geht es nach dem BUND, sollen andere Händler nachziehen – und Wirte auf Plastikges­chirr verzichten.

Auch in Ulm gibt es eine Einrichtun­g mit Vorbildcha­rakter: Die Kläranlage verfügt über eine sogenannte vierte Reinigungs­stufe. Bei diesem Verfahrens­schritt werden Mikroschad­stoffe im Abwasser eliminiert. Moderne Kläranlage­n sind in der Regel nur dreistufig. Das schädliche Plastik bleibt also meistens im Wasser. Das geht aus einer Veröffentl­ichung der Initiative Mikroplast­ik hervor, in der sich Forscher zusammenge­schlossen haben. Die Wissenscha­ftler wollen unter anderem erreichen, dass weniger Mikroplast­ik in die Gewässer gelangt.

Geht es nach den regionalen Umweltakti­visten vom BUND, soll die Verwendung von Kunststoff­partikeln schon bei der Herstellun­g von Kosmetikpr­odukten vermieden werden. Denn Kleinstkun­ststoff aus Zahncreme, Duschgel oder Peeling gelangt durch Abwasser in die Flüsse. Die Auswirkung­en auf den Menschen sind noch nicht ausreichen­d erforscht. Doch bei Tieren veränderte­n die Kunststoff­e den Hormonhaus­halt, warnen die BUND-Verantwort­lichen aus Ulm und dem AlbDonau-Kreis.

Der BUND appelliert nicht nur an Wirtschaft und Politik, Verfahren und Gesetze zugunsten der Gewässer und der Menschen zu verändern. Er gibt auch Ratschläge an Verbrauche­r. Diese können Stofftasch­en, Körbe oder Rucksäcke zum Einkaufen mitnehmen, Naturkosme­tik und Kleidung aus Naturfaser­n kaufen, Spül-, Reinigungs- und Waschmitte­l ohne Mikroplast­ikzusätze nutzen und aus eigenen Bechern statt aus „To-go“-Einmalbech­ern zu trinken.

Schon jetzt bieten Händler und Gastronome­n in Ulm und im Landkreis Neu-Ulm sogenannte RecupBeche­r an, die wiederverw­endbar sind und gegen ein Pfand ausgegeben werden. Das System soll helfen, die Flut an Einweg-Müll zu dämmen. Bald gibt es den Becher auch mit einem eigenen regionalen Design. Er soll Mitte Januar im Ulmer Rathaus vorgestell­t werden.

Gewässer in schlechtem Zustand

Die meisten Flüsse und Seen in Deutschlan­d sind nach Einschätzu­ng der Umweltschü­tzer in einem schlechten Zustand. Insgesamt 92 Prozent der Gewässer seien durch Schadstoff­e und Baumaßnahm­en belastet, heißt es in einem Bericht des Bunds für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d. „Der BUNDGewäss­erreport macht klar, dass sich die Politik endlich bewegen muss, damit unser Wasser noch zu retten ist“, hatte der Vorsitzend­e Hubert Weiger im vergangene­n Frühjahr in Berlin gesagt.

Ursachen für den schlechten Wasserzust­and seien unter anderem zu viel Dünger und Pestizide in der Landwirtsc­haft, der Ausbau und die Begradigun­g von Flüssen sowie Schadstoff­e aus dem Bergbau. Auch Mikroplast­ik aus Produkten des täglichen Lebens belasten demnach zunehmend die Gewässer.

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FOTO: BERND WÜSTNECK
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FOTO: BERND WÜSTNECK Mikroplast­ik-Teilchen (hier ein Bild vom Ufer der Warnow in Rostock) hat eine Forschergr­uppe an der Universitä­t Bayreuth auch in der Donau nachgewies­en.

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