Schwäbische Zeitung (Biberach)
Devise: Blick nach vorn
Die CSU will jetzt keine Kanzlerkandidaten-Diskussion führen
BERLIN - Die CSU will nach vorne schauen und alte Fehler vermeiden. So möchte sie sich auf jeden Fall aus der Kanzlerkandidatendebatte der CDU heraushalten.
Die CSU wolle nicht in die Personaldiskussion einsteigen, sagt Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am frühen Freitagmorgen in Seeon. Da ist gerade bekannt geworden, dass der Landtagsfraktionsvorsitzende Thomas Kreuzer auf ein Mitspracherecht der CSU bei der Auswahl gepocht hat. Ein Automatismus werde der Bedeutung der Position nicht gerecht, hat Kreuzer befunden, nachdem am Tag zuvor der Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Ralph Brinkhaus, Annegret Kramp-Karrenbauer „erste Anwärterin“auf die Kanzlerkandidatur genannt hatte. Das wiederum war eine Reaktion auf den baden-württembergischen Abgeordneten Axel Fischer, der weiter Friedrich Merz für die Regierungsspitze empfohlen hatte.
Stanford-Professor zu Gast
Doch anders als erwartet war die Kanzlerkandidaten-Frage nicht das Topthema von Seeon. Ging man zunächst noch davon aus, dass die ewige Debatte pünktlich zum Eintreffen der neuen CDU-Chefin eine große Rolle spielen würde, lag plötzlich der Hackerangriff auf Politiker und Prominente im Zentrum des Interesses. Schließlich hatte die CSU gerade an diesem Tag Richard Socher, einen führenden Wissenschaftler im Bereich der künstlichen Intelligenz an der Stanford Universität, zu Gast.
Während der Professor aus dem Silicon Valley die positiven Möglichkeiten für die Medizin durch den weltweiten Datenabgleich skizzierte und große Hoffnungen auf die künstliche Intelligenz weckte, wuchs bei seinen Zuhörern die Skepsis: Auch wenn die aktuellen Vorkommnisse der Auslöser waren – gehackt wird allenthalben und ständig. So sollen es allein bei der Bundeswehr zwei Millionen Versuche jährlich sein.
Deren neuer Generalinspekteur Eberhard Zorn, der erstmals in Seeon war, berichtete der Landesgruppe über bevorstehende Umbrüche in der Sicherheitspolitik. Man müsse 2019 mit einer besonderen Dynamik rechnen.
Positiv merkte er an, dass in diesem Jahr die Trendwende bei Defiziten in den Bereichen Personal, Material und Finanzen geschafft werde. Landesgruppenchef Dobrindt betonte, dass die CSU sich als Partei der Bundeswehr sehe und zum ZweiProzent-Ziel der Nato stehe.
Auch die Europapolitik spielt bei der Klausur eine Rolle. Man wolle den „europäischen Spirit tief verankern“ bei der Bevölkerung, so Dobrindt. Das sind ganz andere Töne als im vergangenen Jahr, als der EuroSkeptiker Victor Orbán eingeladen war. Diesmal kommt abends Leo Varadkar, der irische Premier, um über die Schwierigkeiten angesichts des bevorstehenden Brexit zu reden.
Manfred Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, allerdings sieht keine Kursänderung seiner Partei. Die CSU habe immer ganz klar einen proeuropäischen Kurs vertreten – aber sie sei für ein bürgernahes Europa.