Schwäbische Zeitung (Biberach)
Vorsicht beim Verleihen des Autos
Experten raten zu konkreten Absprachen bis hin zum separaten Vertrag
Dem Kumpel mal eben das Auto leihen, weil ein Umzug ansteht oder das eigene Fahrzeug gerade in der Werkstatt ist? Das ist für viele keine große Sache. Es kann aber im Falle eines Unfalls oder Diebstahls zu Problemen und womöglich sogar zum Ende langjähriger Freundschaften führen. Experten sind sich deshalb einig, dass konkrete Absprachen und sogar ein Vertrag vorab nicht schaden können, damit am Ende nicht der Verleiher auf Kosten sitzenbleibt oder prozessieren muss.
„Die Vereinbarung sollte klarstellen, dass der Fahrer das Fahrzeug auf eigene Gefahr nutzt“, so Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilclubs von Deutschland (AvD). Diese Formulierung soll insbesondere regeln, was passiert, wenn das Auto ohne Verschulden des Fahrers beschädigt oder gestohlen wird. Ein Beispiel: Das geliehene Auto ist ordnungsgemäß geparkt und wird angefahren, ohne dass der Schädiger auszumachen ist. Die Vereinbarung bedeutet dann, dass der Entleiher haftet und nicht derjenige, der das Fahrzeug zur Verfügung gestellt hat.
Engelmohr rät außerdem dazu, konkrete Absprachen darüber zu treffen, wer bei Schäden die Kosten für die Reparatur trägt. Das ist gerade dann sinnvoll, wenn der Freund einen Unfall verursacht und nur eine Haftpflichtversicherung besteht, die zwar den Fremdschaden, aber nicht den Schaden am eigenen Fahrzeug deckt. Aber auch bei einer Vollkaskoversicherung müsse man sich einigen, wer die Selbstbeteiligung übernimmt.
Versicherung wird teurer
Ist der Freund an dem Unfall schuld, wird in der Regel zudem der Versicherungstarif teurer. Laut Mathias Zunk vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gehört auch dieses Szenario mit in den Vertrag: „Es sollte geregelt sein, wie im Falle eines Unfalls mit einer Hochstufung des Schadensfreiheitsrabatts umgegangen wird.“Außerdem meint der Experte: „Wer sein Auto privat verleiht, sollte seinen Kfz-Versicherer darüber informieren und besprechen, ob der bestehende Vertrag das zulässt.“Denn häufig sei der Nutzerkreis, ein wichtiger Baustein für die Tarifhöhe, vertraglich eingeschränkt. Es gibt Verträge, denen zufolge zum Beispiel nur eine Person fahren darf, nur Personen ab 21 Jahren oder lediglich Familienangehörige.
Die Haftpflicht zahlt zwar auch, wenn gegen diese Regelung verstoßen wurde, aber für den Versicherungsnehmer kann es teurer werden. „Laut Vertragsrecht kann der Versicherer auch rückwirkend für die laufende Versicherungsperiode den erhöhten Tarif einfordern sowie künftig veranschlagen. Es wird also zurückverlangt und neu kalkuliert“, so Christian Weishuber, Sprecher der Allianz Versicherung. Bei schweren und vorsätzlichen Verfehlungen sei sogar eine Jahresprämie als Strafzahlung möglich. Es könne jedoch eine gewisse Kulanz geben: „Wir sehen uns den Einzelfall an. Geschieht der Fahrertausch zum Beispiel, weil der ursprüngliche Fahrer alkoholbedingt nicht mehr fahren konnte, passiert in der Regel gar nichts.“Bei einer gewissen Regelmäßigkeit werde jedoch der Beitrag angepasst.
Jana Hanisch vom Deutschen Anwaltverein (DAV) ergänzt im Hinblick auf die Absprachen zwischen Fahrzeughalter und Entleiher: „Der Inhalt eines Vertrages sollte die Frage klären, wie lange der Freund das Fahrzeug nutzen darf und wer die laufenden Kosten trägt.“Die Rechtsanwältin rät zudem, sich den Führerschein des Freundes im Original zeigen zu lassen. Sinnvoll sei auch, eine Vereinbarung zu treffen, wie viele Kilometer gefahren werden dürfen, ob der Wagen ins Ausland mitgenommen werden und der Freund das Auto an weitere Fahrer geben darf.
Probleme mit Knöllchen
Es muss aber nicht unbedingt ein Unfall passieren, damit es zum Streit kommt. Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung können ebenfalls Probleme verursachen. Was geschieht, wenn der Kumpel zu schnell unterwegs ist, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nicht einhält oder gar eine rote Ampel überfährt und geblitzt wird? „Zunächst wird der Halter angeschrieben“, sagt Hanisch. „Meist führt die Behörde auch einen Abgleich des Fotos des Fahrers mit den gespeicherten Daten des Halters durch.“Wird dabei festgestellt, dass beide nicht identisch sein können, müsse weiterermittelt werden. „Im Normalfall wird das Verfahren gegen den Halter eingestellt“, so die Rechtsanwältin.
„Grundsätzlich können Bußgelder nur demjenigen gegenüber verhängt werden, der das Fahrzeug selbst gefahren ist“, bestätigt Engelmohr vom AvD. Er weist gleichzeitig auf eine Ausnahme hin: den ruhenden Verkehr. Bekommt der Freund ein Knöllchen wegen Falschparkens, wird der Halter angeschrieben und muss gegebenenfalls eine Gebühr entrichten, auch wenn er nicht für den Parkverstoß verantwortlich ist. „Die Bußgeldbehörde kann dem Halter eine Gebühr von 28,50 Euro auferlegen, wenn der konkrete Fahrer nicht ermittelt werden kann“, sagt Engelmohr. Damit sollen die Verwaltungskosten abgedeckt werden. Der Halter hat dann nur die Möglichkeit, sich das Geld privat vom Entleiher zurückzuholen.