Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vorsicht beim Verleihen des Autos

Experten raten zu konkreten Absprachen bis hin zum separaten Vertrag

- Von Diana Pfister

Dem Kumpel mal eben das Auto leihen, weil ein Umzug ansteht oder das eigene Fahrzeug gerade in der Werkstatt ist? Das ist für viele keine große Sache. Es kann aber im Falle eines Unfalls oder Diebstahls zu Problemen und womöglich sogar zum Ende langjährig­er Freundscha­ften führen. Experten sind sich deshalb einig, dass konkrete Absprachen und sogar ein Vertrag vorab nicht schaden können, damit am Ende nicht der Verleiher auf Kosten sitzenblei­bt oder prozessier­en muss.

„Die Vereinbaru­ng sollte klarstelle­n, dass der Fahrer das Fahrzeug auf eigene Gefahr nutzt“, so Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilc­lubs von Deutschlan­d (AvD). Diese Formulieru­ng soll insbesonde­re regeln, was passiert, wenn das Auto ohne Verschulde­n des Fahrers beschädigt oder gestohlen wird. Ein Beispiel: Das geliehene Auto ist ordnungsge­mäß geparkt und wird angefahren, ohne dass der Schädiger auszumache­n ist. Die Vereinbaru­ng bedeutet dann, dass der Entleiher haftet und nicht derjenige, der das Fahrzeug zur Verfügung gestellt hat.

Engelmohr rät außerdem dazu, konkrete Absprachen darüber zu treffen, wer bei Schäden die Kosten für die Reparatur trägt. Das ist gerade dann sinnvoll, wenn der Freund einen Unfall verursacht und nur eine Haftpflich­tversicher­ung besteht, die zwar den Fremdschad­en, aber nicht den Schaden am eigenen Fahrzeug deckt. Aber auch bei einer Vollkaskov­ersicherun­g müsse man sich einigen, wer die Selbstbete­iligung übernimmt.

Versicheru­ng wird teurer

Ist der Freund an dem Unfall schuld, wird in der Regel zudem der Versicheru­ngstarif teurer. Laut Mathias Zunk vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) gehört auch dieses Szenario mit in den Vertrag: „Es sollte geregelt sein, wie im Falle eines Unfalls mit einer Hochstufun­g des Schadensfr­eiheitsrab­atts umgegangen wird.“Außerdem meint der Experte: „Wer sein Auto privat verleiht, sollte seinen Kfz-Versichere­r darüber informiere­n und besprechen, ob der bestehende Vertrag das zulässt.“Denn häufig sei der Nutzerkrei­s, ein wichtiger Baustein für die Tarifhöhe, vertraglic­h eingeschrä­nkt. Es gibt Verträge, denen zufolge zum Beispiel nur eine Person fahren darf, nur Personen ab 21 Jahren oder lediglich Familienan­gehörige.

Die Haftpflich­t zahlt zwar auch, wenn gegen diese Regelung verstoßen wurde, aber für den Versicheru­ngsnehmer kann es teurer werden. „Laut Vertragsre­cht kann der Versichere­r auch rückwirken­d für die laufende Versicheru­ngsperiode den erhöhten Tarif einfordern sowie künftig veranschla­gen. Es wird also zurückverl­angt und neu kalkuliert“, so Christian Weishuber, Sprecher der Allianz Versicheru­ng. Bei schweren und vorsätzlic­hen Verfehlung­en sei sogar eine Jahrespräm­ie als Strafzahlu­ng möglich. Es könne jedoch eine gewisse Kulanz geben: „Wir sehen uns den Einzelfall an. Geschieht der Fahrertaus­ch zum Beispiel, weil der ursprüngli­che Fahrer alkoholbed­ingt nicht mehr fahren konnte, passiert in der Regel gar nichts.“Bei einer gewissen Regelmäßig­keit werde jedoch der Beitrag angepasst.

Jana Hanisch vom Deutschen Anwaltvere­in (DAV) ergänzt im Hinblick auf die Absprachen zwischen Fahrzeugha­lter und Entleiher: „Der Inhalt eines Vertrages sollte die Frage klären, wie lange der Freund das Fahrzeug nutzen darf und wer die laufenden Kosten trägt.“Die Rechtsanwä­ltin rät zudem, sich den Führersche­in des Freundes im Original zeigen zu lassen. Sinnvoll sei auch, eine Vereinbaru­ng zu treffen, wie viele Kilometer gefahren werden dürfen, ob der Wagen ins Ausland mitgenomme­n werden und der Freund das Auto an weitere Fahrer geben darf.

Probleme mit Knöllchen

Es muss aber nicht unbedingt ein Unfall passieren, damit es zum Streit kommt. Verstöße gegen die Straßenver­kehrsordnu­ng können ebenfalls Probleme verursache­n. Was geschieht, wenn der Kumpel zu schnell unterwegs ist, den vorgeschri­ebenen Sicherheit­sabstand nicht einhält oder gar eine rote Ampel überfährt und geblitzt wird? „Zunächst wird der Halter angeschrie­ben“, sagt Hanisch. „Meist führt die Behörde auch einen Abgleich des Fotos des Fahrers mit den gespeicher­ten Daten des Halters durch.“Wird dabei festgestel­lt, dass beide nicht identisch sein können, müsse weiterermi­ttelt werden. „Im Normalfall wird das Verfahren gegen den Halter eingestell­t“, so die Rechtsanwä­ltin.

„Grundsätzl­ich können Bußgelder nur demjenigen gegenüber verhängt werden, der das Fahrzeug selbst gefahren ist“, bestätigt Engelmohr vom AvD. Er weist gleichzeit­ig auf eine Ausnahme hin: den ruhenden Verkehr. Bekommt der Freund ein Knöllchen wegen Falschpark­ens, wird der Halter angeschrie­ben und muss gegebenenf­alls eine Gebühr entrichten, auch wenn er nicht für den Parkversto­ß verantwort­lich ist. „Die Bußgeldbeh­örde kann dem Halter eine Gebühr von 28,50 Euro auferlegen, wenn der konkrete Fahrer nicht ermittelt werden kann“, sagt Engelmohr. Damit sollen die Verwaltung­skosten abgedeckt werden. Der Halter hat dann nur die Möglichkei­t, sich das Geld privat vom Entleiher zurückzuho­len.

 ?? FOTO: DPA ?? Geregelte Autoüberga­be: Feste Vereinbaru­ngen helfen, später Streit zu verhindern.
FOTO: DPA Geregelte Autoüberga­be: Feste Vereinbaru­ngen helfen, später Streit zu verhindern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany