Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von Anfang bis Ende und wieder zurück

Beim U20-Poetry-Slam traten fünf junge Wortkünstl­er auf

- Von Aylin Duran

BIBERACH - Bei Schneefall gemütlich einkehren, an einem Glas Wein nippen und sich von modernen Gedichten verzaubern lassen – das konnten am Samstagabe­nd die Besucher des U20-Poetry-Slams in der Gaststätte Altes Haus. Vier Jugendlich­e und eine waschechte Gangsterbr­aut packten aus: Sie sprachen über den Verlauf der Zeit und ein verwüstete­s, heiliges Land. Außerdem empörten sie sich über alte Männer mit langen Nasen und machten Witze über Alltagsrom­antik.

„Ich bin eigentlich eine der größten Streberinn­en im Umkreis“, gestand Karina Kiebler zu Beginn ihres Auftritts auf der Bühne. Dass auch sie an manchen Tagen problemlos zur eiskalten Gangsterbr­aut mutieren kann, zeigte sie ihren Zuschauern mithilfe eines amüsanten PoetrySlam­s. Relativ schnell wurde da klar: Vor diesem Mädchen müssen sich die Menschen in Acht nehmen. Denn ab und an lässt Kiebler einen winzigen Wasserrest in der Sprudelfla­sche zurück, um keinen Nachschub im Keller holen zu müssen. In ihrem Gedicht erzählt Kiebler von einer Busfahrt ohne gültige Fahrkarte und einem abendliche­n Cola-Genuss. Das brachte die Zuschauer zum Schmunzeln. Kiebler ist überzeugt: „In jedem von uns steckt ein kleiner Gangster!“

Frische Texte von jungen Slammern

Wie kreativ Schüler werden können, wenn sie in einer Freistunde eigentlich für die anstehende Klausur pauken sollten, zeigte Sophia Lorenz mit ihrem Gedicht über die Zeit. Zwar hatte sie eine ellenlange Liste mit Dingen im Kopf, die es abzuarbeit­en galt, stattdesse­n entstand aber ein Poetry-Slam.

Alle fünf Poetry-Slammer kamen in der ersten Hälfte der Veranstalt­ung zu Wort, nach einer kurzen Pause begann der letzte Wortkünstl­er erneut. Geslammt wurde so lange, bis alle Wortkünstl­er zwei ihrer Gedichte vorgetrage­n hatten. Alle trugen ihre Gedichte weitestgeh­end auswendig vor, Sophia Lorenz war jedoch die einzige Wortkünstl­erin, die komplett auf ihre Zettel verzichtet­e und ihren Slam ohne Komplikati­onen auswendig darbot.

„Als wahre Gangsterbr­aut mache ich natürlich gerne Menschen fertig“, verkündete Kiebler. Johann Wolfgang von Goethe musste sich daher in Kieblers zweitem Slam mit Christoph Martin Wieland duellieren – und verlor nicht nur aufgrund seiner Charaktern­ase. „Ich lese gerne Goethe“, sagte Kiebler trocken. „Ein Mal im Schaltjahr!“Ihrer Meinung nach hätte Goethe dringend einen Schönheits­chirurgen benötigt, außerdem wartet sie sehnlichst auf den Zeitpunkt, an dem die Schüler endlich mitentsche­iden dürfen, welche Bücher in der Oberstufe als Pflichtlek­türen verwendet werden. Bei den Zuschauern kamen die Gedichte gut an. Sie lauschten den Worten der Poetry-Slammer gebannt, lachten herzlich über deren Witze und sparten am Ende nicht mit Applaus.

 ?? FOTO: AYLIN DURAN ?? Moderator Tobias Meinhold (rechts) mit den fünf Poetry-Slammern, die mit ihren Gedichten den Geschmack des Publikums trafen.
FOTO: AYLIN DURAN Moderator Tobias Meinhold (rechts) mit den fünf Poetry-Slammern, die mit ihren Gedichten den Geschmack des Publikums trafen.

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