Schwäbische Zeitung (Biberach)
VfB Friedrichshafen in Not
Volleyballer müssen nach Steuerwalds Ausfall improvisieren – Saisonziele in Gefahr
FRIEDRICHSHAFEN - Markus Steuerwald fehlt dem VfB Friedrichshafen auf unbestimmte Zeit. Die Schulterverletzung, die sich der Libero und Kapitän beim 2:3 in der Bundesliga gegen Lüneburg zugezogen hat, ist zumindest so schwerwiegend, dass der VfB und der Spieler kein Risiko eingehen möchten.
Da die Angreifer David Sossenheimer, Daniel Malescha, Adrian Aciobanieti und Mittelblocker Andreas Takvam ebenfalls nicht zu 100 Prozent fit sind, stehen die Volleyballer vom Bodensee in der Champions League und in der Bundesliga vor schweren Wochen. In dieser Saison trifft es die Mannschaft von Cheftrainer Vital Heynen knüppeldick. So viele Verletzte hatte der VfB schon lange nicht mehr.
Und nun stehen im Januar nach dem Champions-League-Knallerspiel gegen Sankt Petersburg am Mittwoch (20 Uhr/Eurosport) noch unter anderem das Bundesligaspiel bei Meister Berlin und das Königsklassenduell gegen Chaumont auf dem Programm. Und das alles mit angeschlagenen Außen-/Annahmespielern und ohne Libero? Wie soll das gehen?
„Ganz einfach. Der Januar ist für uns nicht so wichtig“, sagt Trainer Vital Heynen lapidar. „Wir müssen beim Pokalfinale am 24. Februar fit sein und das Spiel gegen Lüneburg gewinnen.“Hat der VfB Friedrichshafen das Ausscheiden in der Champions League bereits einkalkuliert? Nach der klaren Niederlage in Chaumont müssten die Häfler eigentlich die beiden Heimspiele gewinnen, um die Play-offs zu erreichen. Doch wie soll das ohne Markus Steuerwald gehen? In Thilo Späth-Westerholt steht zwar ein zweiter ausgebildeter Libero im Kader, der VfB-Dauerbrenner wurde aber von Heynen bisher immer nur als Alternative für den Angriff eingesetzt – so wohl auch gegen St. Petersburg.
Schlechte Bilanz gegen Top-Teams
Wer kann die wichtige Rolle von Markus Steuerwald sonst übernehmen? Athanasios Protopsaltis wäre eigentlich der erste Kandidat. Der Grieche ist wohl der kompletteste Spieler des VfB. Er ist der beste Annahmespieler – aber auch einer der besten Punktesammler. Würde Heynen ihn als Libero einsetzen, würde ihm der kreativste Angreifer fehlen.
Gegen Lüneburg sprang nach Steuerwalds Verletzung David Sossenheimer als Libero ein. Doch nach seiner Bänderverletzung wirkt er noch etwas unbeweglich. Sossenheimer hat Schmerzen im rechten Knöchel, ob er gegen Sankt Petersburg spielt, entscheidet Heynen kurzfristig. Adrian Aciobanitei kann ebenfalls sehr gut annehmen, doch wenn er Libero spielt, hat der VfB ebenfalls einen guten Angreifer weniger. Heynen könnte auch überlegen, ob er Daniel Malescha, der zwar Diagonalangreifer ist, aber ordentlich annimmt und gut verteidigt, auf der AußenAnnahme-Position spielen lässt. Einen Libero hätte er dann aber immer noch nicht.
Angesichts der anhaltenden Verletztenmisere des VfB geraten auch die Saisonziele in Gefahr. In der Bundesliga hat der VfB, der in dieser Saison unbedingt Meister werden will, drei Spiele gegen Topteams verloren, gegen Berlin, Lüneburg und Unterhaching setzte es jeweils ein 2:3. Siege gab es gegen Frankfurt und Düren. Und die Konkurrenz rüstet auf: Frankfurt verpflichtete zuletzt etwa den griechischen Nationalspieler und Außenangreifer Andreas Fragkos. Der 29-Jährige kam von Hyundai Capital aus Südkorea. „Es gibt mittlerweile einige Clubs in der Bundesliga, die offensichtlich in der Lage sind, Top-Gehälter zu bezahlen“, sagt Heynen. Auch das ist ein Grund,
dass die jahrelange Dominanz des VfB und der Berliner in der Bundesliga wackelt; zumal Friedrichshafen – wie Geschäftsführer Guido Heerstraß schon nach der vergangenen Saison sagte, „ein bisschen sparen“muss. Den neuen Zuspieler Rafael Redwitz konnte sich der Club vom Bodensee etwa wohl nur leisten, weil Redwitz von seinem Ex-Club Reszow eine Abfindung kassierte und den Häflern somit finanziell entgegenkam.
Auf dem Weg zu den nationalen Titeln könnte sich der VfB das Ausscheiden aus der Champions League erlauben. Aber jede weitere Niederlage in der Bundesliga hätte unangenehme Folgen.