Schwäbische Zeitung (Biberach)
Alle reden vom Wetter, wir nicht ...
Die Deutsche Bahn ist auf einem ausgezeichneten Weg, das Ende aller Probleme ist in greifbarer Nähe. Das wehleidige Gejammere verwöhnter Passagiere wegen ein paar unbedeutender Verspätungen mag man eh nicht mehr hören. Dennoch hat die Bahn jetzt noch einmal nachgelegt und angekündigt, das Übel an der Wurzel zu packen.
Eine fundierte Analyse hat ergeben, dass es viel zu viel Schienenkilometer gibt und dass auch die Zahl der angefahrenen Bahnhöfe deutlich zu hoch ist. Das ständige Bremsen und Wiederanfahren kostet Zeit und Nerven und bringt den Fahrplan durcheinander. Bisher war nur bekannt, dass Wolfsburg hin und wieder ausgelassen wird. Das ist natürlich nicht genug. Kürzlich ist deshalb ein ICE auf dem Weg von Hamburg nach Leipzig in Wittenberg durchgebrettert. Um die Fahrgäste nicht zu verunsichern, hat die Deutsche Bahn später offiziell von einem „betrunkenen Lokführer“gesprochen. Aber Wittenberg kann nur ein Anfang sein: Es ist schließlich kaum zu vermitteln, dass der ICE jedes Mal in Wuppertal, Duisburg oder Salzgitter halten muss.
Dass die Bahn Ernst macht, zeigt auch die Anfang des Jahres bekannt gewordene Nachricht, dass seit der Bahnreform Anfang 1994 bundesweit mehr als 5400 Kilometer des Streckennetzes stillgelegt wurden. Das Problem: Nach wie vor sind 33 000 Kilometer in Betrieb. Ein unhaltbarer Zustand. Vorstandsvorsitzender Richard Lutz will Verkehrsminister Andreas Scheuer jetzt anbieten, die Stilllegequote von 16 auf 60 Prozent zu erhöhen. Danach werden sich alle Probleme in Luft auflösen. (hü)
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