Schwäbische Zeitung (Biberach)
Molkereikonzern Lactalis bleibt hart
Molkereikonzern sucht Einigung mit der OOMV, hält aber an Klageansprüchen fest
RAVENSBURG (ank) - Der französische Molkereikonzern Lactalis hält an den eingeklagten Ansprüchen in Höhe von 23,5 Millionen Euro gegenüber der Omira Oberland-Milchverwertung (OOMV) fest. Das erklärte die Lactalis Deutschland GmbH in einer Mitteilung vom Donnerstag, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. Man strebe jedoch eine außergerichtliche, gütliche Einigung mit den Milchproduzenten an. Die OOMV bezeichnet den Großteil der Ansprüche als haltlos.
RAVENSBURG - Nach Wochen der Funkstille hat sich der Molkereikonzern Lactalis erstmals zu der Auseinandersetzung mit der Omira Oberland-Milchverwertung (OOMV) geäußert. Man wünsche eine Einigung mit den Omira-Landwirten, heißt es in einer Mitteilung der Lactalis Deutschland GmbH vom Donnerstag, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt.
Gleichzeitig machte das Unternehmen aus dem französischen Laval darin aber klar, an den eingeklagten Ansprüchen festzuhalten. Man habe kein Interesse an einem langjährigen, für beide Parteien mit hohen Risiken behafteten Rechtsstreit, und strebe eine außergerichtliche, gütliche Einigung mit den Milchproduzenten an. „Eine rasche Wiederaufnahme der Gespräche seitens der OOMV wäre wünschenswert“, schreibt Lactalis im Namen von Deutschland-Chef Morton Felthaus.
Hintergrund der Auseinandersetzung: Das Unternehmen Lactalis, das im Jahr 2017 die damalige Genossenschaft Omira für 27 Millionen Euro gekauft hat, wirft dem Rechtsnachfolger der oberschwäbischen Molkerei, der OOMV arglistige Täuschung vor. Nach der Übergabe des Geschäftsbetriebs im September 2017 hatte Lactalis mögliche Gewährleistungsansprüche geprüft. Für diesen bei Übernahmen üblichen Vorgang war im Kaufvertrag ein Zeitraum bis zum 1. Dezember 2018 vereinbart worden.
Herausgekommen ist eine Summe von 23,5 Millionen Euro, die Lactalis nun vor dem Landgericht München von der OOMV einklagt. Rund vier Millionen Euro macht Lactalis für Kosten wegen mangelndem Brandschutz am Standort in Ravensburg, für Produktschäden aus dem Jahr 2017 sowie für Anwaltsund Recyclingkosten geltend. Der Löwenanteil resultiert den Franzosen zufolge „aus der Änderung des Milchumrechnungsfaktors“, wie es in der Mitteilung weiter heißt. Dadurch ergebe sich „bei der Umsetzung des neuen Milchliefervertrags eine finanzielle Mehrbelastung von circa 19 Millionen Euro“. Zur Sicherung dieser Ansprüche blockiert der Konzern die Auszahlung von zehn Millionen Euro, die auf einem Sperrkonto liegen und die eigentlich den rund 2000 Omira-Bauern gehören.
In Deutschland gilt seit Langem der Faktor 1,02. Mit ihm wird das in Litern gezählte Volumen der Milch in das in Kilogramm erfasste Gewicht umgerechnet. In den meisten europäischen Ländern – darunter dem Lactalis-Heimatmarkt Frankreich – gilt der Faktor 1,03. Lactalis behauptet, die Omira hätte bei den Verhandlungen über den beim Verkauf bis 2027 geschlossenen Milchliefervertrag verschwiegen, dass sich
der Faktor auch in Deutschland auf 1,03 ändern könnte – was die OOMV aber entschieden zurückweist.
Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, habe Lactalis vor Ablauf des vereinbarten Zeitraums zum 1. Dezember 2018 um einen gütlichen Austausch und eine Verlängerung der Verhandlungsfrist gebeten. Die OOMV sei dieser Bitte jedoch nicht nachgekommen. Lactalis habe sich daher gezwungen gesehen, die Ansprüche
vor Gericht geltend zu machen, da sie ansonsten wegen Fristablauf verjährt wären.
OOMV gesprächsbereit
„Stimmt so nicht“, konterte OOMVChef Erich Härle auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“die Lactalis-Version. Zwar habe man am 22. November 2018, acht Tage vor Ablauf der Prüfungsfrist, ein 15-seitiges Schreiben bekommen, allerdings auf Englisch und mit der Forderung eines Gesprächstermins noch vor dem 1. Dezember. Da das Schreiben übersetzt und vorab noch mit dem OOMV-Aufsichtsrat habe besprochen werden müssen, so Härle, habe man einen Termin am 25. Dezember vorgeschlagen. Dazu sei es dann aber nicht gekommen.
Angesprochen auf die LactalisMitteilung vom Donnerstag sagte Härle: „Ich finde gut, dass sie mit uns sprechen wollen.“Inhaltlich zog der OOMV-Chef jedoch klare Grenzen. Über die im Raum stehenden vier Millionen Euro könne man reden. Einen
Terminvorschlag für mögliche Gespräche Anfang nächste Woche habe die OOMV Lactalis am Donnerstag auch zugestellt. „Wir wollen das außergerichtlich hinbekommen“, sagte Härle. Doch die geforderten 19,5 Millionen Euro stünden nicht zur Debatte. In diesem Punkt will die OOMV denn auch hart bleiben und hat sich auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am Mittwoch in Horgenzell (Kreis Ravensburg) Rückendeckung durch die anwesenden Omira-Bauern eingeholt.
Die Forderung von 19,5 Millionen Euro löst aufseiten der OOMV auch deshalb so großes Befremden aus, weil Lactalis nach Ansicht von Experten durch die Änderung des Umrechnungsfaktors keine Nachteile zu erwarten hat. „Es ist nicht davon auszugehen, dass die Milchbauern in Deutschland oder in Bayern mehr Geld erhalten als vorher", sagte der Vizepräsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg, Gerhard Glaser.