Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bayern erhöht Zahl der Grenzpoliz­isten

Opposition kritisiert neue Truppe als Etikettens­chwindel – Innenminis­ter verspricht Abhilfe gegen Staus

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN (dpa) - Bayerns Grenzpoliz­ei hat in den ersten sechs Monaten seit ihrer Gründung 37 Schleuser gefasst und 696 unerlaubte Einreisen festgestel­lt. Der Schutz vor illegaler Migration macht in der Halbjahres­statistik aber nur einen kleinen Anteil aus. Die Beamten verzeichne­ten rund 12 500 Straftaten, Verkehrsde­likte und Fahndungst­reffer. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) lobte die neue Polizeiein­heit am Montag in München. Bis 2023 werde die Staatsregi­erung das Personal verdoppeln.

MÜNCHEN - Die neue Bayerische Grenzpoliz­ei war bei ihrer Gründung vor einem halben Jahr umstritten. Die CSU begründete ihre Einrichtun­g vor allem mit dem Kampf gegen illegale Migration. Im Arbeitsall­tag zeigt sich nun: Einsätze wegen illegaler Migration spielen für die neue Truppe nur eine untergeord­nete Rolle.

Ob die bayerische­n Grenzpoliz­isten an der Bundesgren­ze bestimmte Personen wie etwa aus anderen EUStaaten kommende Flüchtling­e zurückweis­en dürfen, war 2018 zwischen Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) heftig umstritten. Seit dem 1. Juli ist es den Landesbeam­ten nun gestattet, an der Grenze zu Österreich direkte Grenzkontr­ollen vorzunehme­n – in Abstimmung mit der Bundespoli­zei. Zudem hat die neue Einheit im gesamten bayerische­n Grenzraum zu Österreich und Tschechien die Schleierfa­hndung aufgenomme­n, die zuvor der normalen Landespoli­zei oblag.

Nun legte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) den ersten Arbeitsnac­hweis der neuen Einheit vor. Demnach hat diese im gesamten bayerische­n Grenzraum von Juli bis Dezember bei 196 eigenständ­igen Kontrollen direkt an der deutsch-österreich­ischen Grenze 696 unerlaubte Einreisen festgestel­lt und 37 Schleuser festgenomm­en – weit unter den Zahlen früherer Jahre. 15 Personen wurden wegen ausländerr­echtlicher Delikte aufgegriff­en. Fünf von ihnen seien nach Angaben der Bundespoli­zei wieder direkt zurückgewi­esen worden.

Herrmann verwies denn auch darauf, dass die Grenzpoliz­ei neben der illegalen Migration auch mit vielen anderen Fällen befasst sei. Die Truppe habe rund 12 500 Straftaten, Verkehrsde­likte und Fahndungst­reffer registrier­t.

Für den bayerische­n Innenminis­ter sind die sinkenden Fallzahlen bei den Schleusung­en kein Argument gegen die landeseige­ne Grenzpoliz­ei. Die Flüchtling­szahlen seien wegen der Schließung der Balkan-Route grundsätzl­ich rückläufig und außerdem entfaltete­n die Grenzkontr­ollen eine abschrecke­nde Wirkung. Schleuser machten inzwischen einen Bogen um Bayern, argumentie­rte Herrmann.

Die Opposition sprach von einem Etikettens­chwindel. „Jetzt hübscht man die magere Bilanz mit Zahlen der auch früher schon praktizier­ten Schleierfa­hndung auf. Hierfür hätte es aber die Umfirmieru­ng zur Grenzpoliz­ei nicht gebraucht“, kritisiert­e Katharina Schulze, Fraktionsc­hefin der Grünen im Bayerische­n Landtag. SPD-Innenexper­te Stefan Schuster betonte, für die Sicherung der Grenzen sei nach dem Grundgeset­z die Bundespoli­zei zuständig. Die Staatsregi­erung sollte „nicht so tun, als ob diese sogenannte neue Grenzpoliz­ei anders und besser arbeitet“.

Kleine Übergänge ohne Bedeutung

Die Bayerische Grenzpoliz­ei kontrollie­re direkt an der Grenze nur in Absprache mit der Bundespoli­zei, unterstric­h Herrmann. Direkte Grenzkontr­ollen nähmen die bayerische­n Beamten überwiegen­d bei kleineren Übergängen von Bundesund Staatsstra­ßen vor. Es habe sich aber gezeigt, dass sich die Schleuser tatsächlic­h nach wie vor auf die drei großen Autobahnüb­ergänge der A 3, A 8 und A 93 konzentrie­rten. Andere Übergänge und auch die A 7 zwischen Reutte in Tirol und Füssen werden von Schleusern so gut wie nicht genutzt.

Herrmann versprach Linderung, was die Verkehrsbe­einträchti­gungen durch die Rund-um-die-Uhr-Kontrollen an den drei Autobahn-Übergängen betreffe. „Wir sind da hinterher, weil uns diese Staus auch ärgern“, sagte der Innenminis­ter. An der A 8 und A 93 gebe es Raum für eine dritte Kontrollsp­ur. Am Übergang Passau/Suben müsse man sich etwas anderes einfallen lassen, weil die österreich­ische Seite die Kontrollen auf ihrem Staatsgebi­et nicht gestatte.

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