Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gewerkschaften drohen mit Warnstreiks im öffentlichen Dienst
Schulen, Kliniken, Kitas, Ämter: Die Bürger müssen sich auf neue Ausstände einstellen
BERLIN (dpa) - Nach dem ergebnislosen Auftakt der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder drohen neue Warnstreiks. Die Gewerkschaften riefen die Beschäftigten am Montag in Berlin zu Aktionen auf, wie Verdi und der Beamtenbund dbb mitteilten. Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 200 Euro pro Monat. Übertragen werden solle der Abschluss auf rund 2,3 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger. Die Länder lehnten die Forderungen ab. Beide Seiten wollen am 6. und 7. Februar sowie 28. Februar und 1. März erneut zusammenkommen.
Forderungen:
Die Gewerkschaften wollen auch eine Aufstockung um 300 Euro in der Gehaltstabelle für die Krankenpflege. 100 Euro mehr pro Monat soll es für Azubis und Praktikanten geben. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Wo der Abstand des öffentlichen Dienstes zur Privatwirtschaft besonders groß sei, sollten die Betroffenen die Verbesserung deutlich spüren, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. „Da geht es um Techniker, Meister, Ingenieure, qualifizierte Fachhochschulabsolventen“, so Bsirske.
Argumente der Gewerkschaften:
„Wir reden im Moment über 17,1 Milliarden, die erstmal noch im Säckel da sind zum Verteilen“, sagte Beamtenbunds-Chef Ulrich Silberbach. So hoch seien die Steuerüberschüsse der Länder. Die Gewerkschaftsforderungen kosteten 6,4 Milliarden Euro. Bsirske sagte: „Wir sind in einer Situation anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwungs, und zwar gestützt auf den Binnenmarktmotor, der sich wiederum einer guten Lohnentwicklung verdankt.“Der Fachkräftemangel sei zudem in vielen Bereichen eklatant.
Position der Arbeitgeber:
Zunächst rechnen die Länder schon einmal anders. „Wenn man das Paket zusammenrechnet, liegt es bei zehn Prozentpunkten in einem Jahr“, sagte ihr Verhandlungsführer, Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und amtierender Chef der Länder-Tarifgemeinschaft TdL, über die Forderungen. „Das ist zuviel.“Jeder Prozentpunkt mache 1,3 Milliarden Euro aus. Und sie argumentieren mit ihrem Schuldenberg und dem endgültigen Greifen der Schuldenbremse ab 2020. „Das bedeutet, dass es Vorgaben an die Länder gibt, von ihren rund 570 Milliarden Euro Schulden etwas zurückzubezahlen“, so Kollatz.
Streikwahrscheinlichkeit:
Diese ist hoch – schon allein, weil solche Verhandlungen kaum ohne Warnstreiks ablaufen und die Positionen dieses Mal besonders weit voneinander entfernt scheinen. „Wir sind sehr mobilisierungsfähig an den Uniklinika“, sagte Bsirske. „Wir haben im Sozialund Erziehungsdienst hier in Berlin beispielsweise eine große Beschäftigtengruppe, die deutlich hinter der Entwicklung im kommunalen Bereich im Bundesgebiet hinterherhinkt.“Und auch die Lehrkräfte könnten sich gut für ihre Interessen einsetzen. Angestrebt werde aber ein Ergebnis am Verhandlungstisch.