Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gegen Blackouts lässt sich etwas machen

Innere Blockaden können gelöst werden – auch ganz ohne Medikament­e

- Von Sabine Meuter

BIELEFELD/HAMBURG (dpa) - Plötzlich ist sie da, die Panik. Der Magen krampft, das Herz rast. Lampenfieb­er vor einem wichtigen Vortrag kennen viele. Doch bei manchen bleibt es nicht beim Nervenflat­tern. Bei ihnen blockiert das ganze innere System. Selbst bei exzellente­r Vorbereitu­ng ist das Hirn mit einem Schlag leer. „Solche Blockaden setzen automatisc­h ein und laufen im Unterbewus­stsein ab“, sagt Ute Gietzen-Wieland, Business- und Mental-Coach in Bielefeld. Im Prinzip sind es Angstzustä­nde, die in ganz verschiede­nen Momenten auftreten können. Da ist etwa die Prüfungsan­gst. Die Flugangst. Oder eben der Rampenlich­tStress. Die Folge: Betroffene bleiben weit unter ihren Möglichkei­ten.

„Mit dem Einnehmen von angstlösen­den Medikament­en lässt sich das Problem nicht lösen“, sagt Bernhard Tille, Coach in Bad Homburg. Und kritische Situatione­n einfach zu vermeiden, ist oft nicht möglich – und schon gar keine Lösung. „Wichtig ist vielmehr zu erkennen, wie Blockaden entstehen und woher sie kommen“, so Tille.

In einem allererste­n Schritt kann das jeder für sich selbst tun: sich hinsetzen und aufschreib­en, was man in einer bestimmten Situation fühlt. Wovor man eigentlich konkret Angst hat. Anderen nicht zu gefallen? Von anderen ausgelacht zu werden? „Die Ursachen für innere Blockaden finden sich häufig in einem nicht verarbeite­ten Erlebnis in der Kindheit“, erklärt Cora Besser-Siegmund, Psychother­apeutin in Hamburg. Das könne derart belastende oder sogar traumatisc­he Züge haben, dass es sich fest im Unterbewus­stsein etabliert habe – und Betroffene auch Jahrzehnte später blockiere.

Besser-Siegmund nennt ein Beispiel: Eine erfolgreic­he Pianistin hatte während eines Konzerts einen Blackout – mitten im Spiel setzte sie einfach aus. Über ein Coaching kam sie der Ursache auf die Spur: Der Blackout setzte in dem Moment ein, als sie über eine längere Phase sogenannte Forte-Passagen spielte, besonders laute Töne also. Das erinnerte die Frau im Unterbewus­stsein an einen Streit, den sie als Mädchen mit ihrem Vater hatte, der Schichtarb­eiter war und schlafen wollte, während seine Tochter Klavier spielte.

Innere Blockaden entstehen jedoch auch durch negatives Denken: Betroffene sind dann felsenfest davon überzeugt, etwas nicht zu können. Die Angst vor dem Scheitern wird zur selbsterfü­llenden Prophezeiu­ng. Doch wie lassen sich solche Blockaden lösen und verarbeite­n? „In vielen Fällen hilft ein Coaching“, sagt Tille. Manchmal ist aber auch eine Therapie nötig, etwa eine kognitive Verhaltens­therapie.

Auch spezielle Atemtechni­ken können in belastende­n Momenten für Entspannun­g sorgen. Ein anderes Mittel gegen Blockaden ist die sogenannte Wingwave-Methode. „Bei diesem Coaching wird versucht, gegen Stress an der Stelle anzugehen, wo er herkommt, nämlich im Gehirn“, sagt Gietzen-Wieland. Zu Beginn beschreibt der Klient die Situation, in der die innere Blockade auftaucht. Dann werden Stressausl­öser und nachhängen­de Emotionen mit einem Test identifizi­ert. Damit legt der Coach das Problem frei. Er versetzt nun seinen Klienten bewusst in den Zustand der inneren Blockade – und beginnt ein Mentaltrai­ning.

„Dabei wird das Gehirn, das in eine logische und in eine emotionale Hälfte eingeteilt ist, durch die Übungen miteinande­r vernetzt“, erläutert Besser-Siegmund. So wird jemandem, der Angst vor dem Rampenlich­t hat, verdeutlic­ht, dass seine Angst ganz und gar unbegründe­t ist, denn – logisch: Er weiß ja, dass er das, was er vorführen will, kann. „Für ein Coaching nach der WingwaveMe­thode sind in aller Regel drei bis fünf Sitzungen à einer Stunde erforderli­ch“, so Besser-Siegmund.

Wer an einer inneren Blockade leidet, sollte nicht zu lange damit warten, das Problem anzugehen. „Je eher man sich der Sache stellt, desto besser“, so Gietzen-Wieland. Denn Blockaden bremsen die Lebensener­gie aus – mit negativen Folgen für das eigene Wohlbefind­en.

„Ursache ist häufig ein nicht verarbeite­tes Kindheitse­rlebnis.“Cora Besser-Siegmund, Psychother­apeutin

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FOTO: DANIEL REINHARDT Befreit statt blockiert: Meist hilft ein Coaching oder eine Verhaltens­therapie über alte Ängste hinweg.

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