Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mehr Geld im Alter für Geringverd­iener

Arbeitsmin­ister: Jahrelange Beitragsza­hler sollen immer über Hartz-IV-Niveau liegen

- Von Dieter Keller

BERLIN - Wer jahrzehnte­lang in die Rentenvers­icherung eingezahlt hat, soll im Alter mehr bekommen als die Grundsiche­rung, die dem Hartz-IVNiveau entspricht. Dieses „Kernverspr­echen des Sozialstaa­ts“will Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) mit der Grundrente einlösen, für die er jetzt sein Konzept vorgelegt hat; es liegt der „Schwäbisch­en Zeitung“vor.

Voraussetz­ung sollen 35 Beitragsja­hre auf dem Rentenkont­o sein. Diese können nicht nur durch Beiträge erworben werden, also durch Berufstäti­gkeit, sondern auch durch Kindererzi­ehung und die Pflege von Angehörige­n. Es wird nicht unterschie­den, ob in Voll- oder Teilzeit gearbeitet wurde.

Obergrenze von 896 Euro

Minijobs sind allerdings ausgeschlo­ssen. Weitere Voraussetz­ung ist nämlich, dass der Lohn mindestens 20 Prozent des Durchschni­ttsverdien­sts erreicht. Das entspricht derzeit etwa 630 Euro Lohn im Monat. Ist dies erfüllt, werden die erworbenen Rentenansp­rüche verdoppelt, allerdings nur bis zu einer Obergrenze: Die Rente wird nach den derzeitige­n Werten im Westen maximal auf 896 Euro aufgestock­t, im Osten auf 859 Euro.

Den zusätzlich­en Betrag soll die Rentenvers­icherung automatisc­h auszahlen. Heil will ausdrückli­ch auf eine Bedürftigk­eitsprüfun­g verzichten. „Ich fände es respektlos, wenn wir diese Menschen nach einem Arbeitsleb­en zwingen würden, beim Amt ihre Vermögensv­erhältniss­e darzulegen“, begründete er dies in der „Bild am Sonntag“. Im Koalitions­vertrag ist allerdings ausdrückli­ch eine Bedürfnisp­rüfung vereinbart. Heil macht eine Beispielre­chnung auf: Eine Friseurin, die 40 Jahre lang voll gearbeitet und den Mindestloh­n erhalten hat, kommt derzeit nur auf 512,48 Euro Rente im Monat. Mit der Grundrente wären es 960,90 Euro. Dies ist mehr als der genannte Maximalbet­rag, weil die Grundrente nur für 35 Jahre gezahlt wird. Fünf Jahre würden in diesem Fall nicht höhergewer­tet, aber die geringere Rente würde natürlich gezahlt.

Da die Wohnungsmi­eten in Ballungsze­ntren besonders hoch sind, wäre in manchen Städten die Grundrente niedriger als die Grundsiche­rung im Alter einschließ­lich des Zuschusses zur Miete. Daher will Heil Beziehern von Grundrente etwa 125 Euro mehr Wohngeld in Form eines Freibetrag­s geben. Zudem will er ihnen 25 Prozent Freibetrag bei der Grundsiche­rung einräumen. Das entspricht derzeit maximal 106 Euro.

Nach Heils Plan sollen nicht nur neue Rentner Anspruch auf die Grundrente haben, sondern auch alle, die bereits Rente beziehen. Sie soll drei bis vier Millionen Menschen erreichen, zu drei Vierteln Frauen, und das spätestens ab Anfang 2021. Er rechnet mit einem „mittleren einstellig­en Milliarden­betrag“pro Jahr an Kosten, die der Steuerzahl­er tragen soll.

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FOTO: IMAGO Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) hat ein Konzept für die Grundrente vorgelegt, das über die Vereinbaru­ngen im schwarz-roten Koalitions­vertrag hinausgeht.

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