Schwäbische Zeitung (Biberach)
Spekulationen um Gabriels Rückkehr
Interview von Altkanzler Schröder heizt Personaldebatte in der SPD an
BERLIN - Ein Wochenende lang hat die SPD-Spitze Seit’ an Seit’ gestanden, wie sie es auf Parteitagen gern besingt. „Andrea Nahles wird auch künftig die Parteivorsitzende sein“, sagte Parteivize Manuela Schwesig dem „Tagesspiegel“. Fraktionsvize Karl Lauterbach twitterte: „Gerd Schröder ist unfair zu Nahles.“Und auf die Frage, ob Nahles die SPD aus dem Umfragetief führen könne, antwortete Außenminister Heiko Maas den Funke-Zeitungen: „Natürlich.“
Wohl ohne es zu wollen, hat Altkanzler Gerhard Schröder die Reihen hinter Andrea Nahles fürs Erste geschlossen. Geschafft hat er das mit einem „Spiegel“-Interview, in dem er die SPD-Chefin angriff: Ihre flapsigen Äußerungen nannte Schröder, der selbst fünf Jahre lang SPD-Chef war, „Amateurfehler“. Auf die Frage, ob Nahles die nötige Wirtschaftskompetenz für eine Kanzlerkandidatur mitbringe, sagte er: „Ich glaube, das würde nicht mal sie selbst von sich behaupten.“
Gleichzeitig fand Schröder warme Worte für einen der NahlesVorgänger. „Sigmar Gabriel ist vielleicht der begabteste Politiker, den wir in der SPD haben“, so Schröder. „Die SPD könnte von seinen Fähigkeiten nach wie vor profitieren.“Dabei gilt Gabriels Rückkehr in die erste Reihe als ausgeschlossen, solange Nahles etwas zu sagen hat. Und auch Generalsekretär Lars Klingbeil wäre von einem Gabriel-Comeback wohl wenig begeistert. „Andere hatten lange genug die Chance, die Partei zu verändern. Jetzt ist meine Generation dran“, sagte er im Spätherbst 2018.
Gabriel spielt offiziell keine wichtige Rolle mehr. Verschwunden ist der Niedersachse aber nicht. Stets und ständig ist er unterwegs, und wirbt für seine Positionen – und für sich. Am Samstag sprach er in München über seine Sicht auf die Weltpolitik. „Gelegentlich ärgere ich meine Partei“, sagte er dort. Am meisten ärgert er wohl seine Parteichefin.
Denn Gabriel hat durchaus Anhänger. Florian Post von der BayernSPD wirbt schon für seine Rückkehr in die erste Reihe. „Die Leute sagen es mir reihenweise: So kann es mit uns und Andrea Nahles nicht weitergehen“, sagte Post „Focus Online“. „Und das ist schlichtweg die Wahrheit und auch meine Meinung.“
Noch findet sich in der SPD keine Mehrheit für einen Putsch. Für Nahles ist die Situation trotzdem gefährlich. Denn die Schröder-Kritik zeigt, dass sie es in den ersten zehn Monaten an der Parteispitze nicht geschafft hat, unangefochtene Chefin zu werden. Es ist fraglich, ob ihre Stellvertreter immer noch geschlossen zu ihr stehen, falls die Europa- und die Bremen-Wahl Ende Mai verloren gehen.