Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der Papst betont das Einende des Glaubens
Anlässlich seines Besuchs in Abu Dhabi wirbt Franziskus für Frieden und Toleranz
LIMASSOL - Papst Franziskus ist am Sonntagabend zu einem dreitägigen Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten eingetroffen. Dort empfingen Kronprinz Muhammad bin Zayed al-Nahyan und Scheich Ahmad alTayyeb, Großimam der Kairoer Azhar-Universität, das Kirchenoberhaupt. Die formelle Begrüßung durch den Kronprinzen erfolgt am Montagmittag im Präsidentenpalast. Die Visite ist eine Premiere: Noch nie hat ein katholisches Kirchenoberhaupt die Arabische Halbinsel besucht.
In einer von fast allen arabischen Fernsehstationen ausgestrahlten Botschaft hatte Papst Franziskus bereits am Donnerstag verkündet, mit seinem historischen Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) „eine neue Seite in der Geschichte der Beziehungen zwischen den Religionen aufzuschlagen“. Der gemeinsame Glaube an Gott vereint und trenne nicht, er bringe die Gläubigen einander näher und entferne sie von Feindseligkeiten und Abneigungen, betonte der Pontifex, der seine kurze Botschaft mit dem arabischen Friedensgruß „As Salamu-aleikum“eingeleitet hatte. Sein Gastland würdigte der Heilige Vater als „einen Treffpunkt zwischen den verschiedenen Zivilisationen und Kulturen“– was vielleicht etwas zu hoch gegriffen ist, aber durchaus dem Selbstverständnis der ambitionierten Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate entspricht.
Sie hatten auf einem Mitte November vergangenen Jahres abgehaltenen „Weltgipfel der Toleranz“, an dem neben Muslimen, Christen, Hindus und Buddhisten erstmals auch Mitglieder der jüdischen Glaubensgemeinschaft in den VAE teilnahmen, das „Jahr der Toleranz“proklamiert. Die Vielfalt der Kulturen und Religionen, erklärte Premierminister Scheich Raschid al-Maktoum, sei die „beste Präventivwaffe gegen den Radikalismus. Man wolle versuchen, die Kulturen näher zusammenzubringen und so einen Dialog zwischen Religionen und Zivilisationen schaffen.
Das ist ganz im Sinn von Papst Franziskus, der in Abu Dhabi zunächst an einer von einer islamischen Gelehrtenvereinigung, dem „Muslim Council of Elders“, organisierten Konferenz der „menschlichen Brüderlichkeit“teilnimmt. An der Veranstaltung wird der Papst erneut mit Scheich Ahmad al-Tayyeb von der Azhar-Universität zusammentreffen. Die Lehranstalt gilt als die höchste religiöse Autorität im sunnitischen Islam.
Messe mit 120 000 Gläubigen
Vor seinem Rückflug am Mittwoch wird Franziskus im größten Fußballstadion von Abu Dhabi eine Messe feiern, zu der mehr als 120 000 Gläubige erwartet werden. Die meisten von ihnen dürften Inder und Philippinos sein, die in den Emiraten als schlecht bezahlte Dienstboten, Taxifahrer und Bauarbeiter tätig sind.
Vor seinem Abflug schnitt Franziskus bereits ein heikles Thema an – den Krieg im Jemen. „Ich verfolge mit großer Sorge die humanitäre Krise im Jemen. Die Bevölkerung ist erschöpft von dem langen Konflikt und viele Kinder leiden an Hunger“, sagte der Papst am Sonntag. „Beten wir kräftig. Das sind Kinder – die Hunger haben, die Durst haben, die keine Medizin haben, die in Gefahr sind zu sterben.“Die Emirate sind Teil der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz in dem verheerenden Bürgerkrieg.
Ein wichtiges Thema – ohne öffentliche Verlautbarung – wird auch der Bau von zusätzlichen Kirchen in den Vereinigten Arabischen Emiraten sein. Der 1971 gegründete Staatenbund akzeptiert inzwischen die freie Religionsausübung aller Glaubensgemeinschaften. Für die vielen Christen am Persischen Golf sei aber nicht genügend Platz zum Gebet vorhanden, sagte ein Beamter des Vatikans der Nachrichtenagentur Reuters. Zudem müsse mehr Priestern die Ausübung ihres Berufes gestattet werden. Das Ansinnen könnte auf Widerstand stoßen. Nicht wenige Muslime befürchten eine christliche Missionierung, welche unter Androhung strengster Strafen verboten ist. Viele Muslime sähen es lieber, wenn die Christen ihre Religion weiterhin im Verborgenen ausüben würden.
Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten besucht Franziskus das zweite arabische Land seit seinem Amtsantritt im März 2013. 2017 war er in Ägypten. Im März dieses Jahres wird der Bischof von Rom in Marokko erwartet.