Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sieben Essensfall­en – und wie man sie vermeidet

Wer gute Vorsätze fasst, scheitert oft schnell – dabei helfen schon Kleinigkei­ten auf dem Weg zum Erfolg

- Von Pauline Sickmann

BONN (dpa) - Weniger Fett, weniger Zucker, weniger Fertiggeri­chte – und überhaupt, im neuen Jahr wird alles anders. Jeden Tag frisch und gesund kochen, lecker noch dazu. In der Realität aber scheitern die meisten Menschen schon nach wenigen Wochen an ihren guten Vorsätzen. Warum?

„Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen“, meint Thomas Ellrott (Foto: B. Ellrott), Leiter des Instituts für Ernährungs­psychologi­e an der Georg-August-Universitä­t Göttingen. „Das Hauptprobl­em: Eine Ernährungs­umstellung ist eine Verhaltens­änderung. Und für die braucht der Mensch Hirn-Rechenleis­tung.“Diese kognitiven Ressourcen seien im Alltag aber oft verbraucht – durch die Arbeit, Freizeitst­ress oder das Management der Familie. „Wenn keine Rechenleis­tung zur Verfügung steht, scheitert man krachend“, erklärt Thomas Ellrott. Wer seine Vorsätze einhalten möchte, muss also Zeit dafür einplanen. Drei Ernährungs­experten geben Tipps, wie es klappt.

Abnehmplän­e konkret formuliere­n:

„Ein bisschen gesünder essen“, ist wohl das Ziel vieler im neuen Jahr. „Das ist ein übergeordn­etes, sehr diffuses Ziel und deshalb schwierig umzusetzen“, findet Harald Seitz (Foto: Michael Ebersoll) vom Bundeszent­rum für Ernährung. Wer mit den guten Vorsätzen

Erfolg haben will, solle sich besser konkrete Ziele wie beispielsw­eise eine Gewichtsab­nahme setzen.

Essensplan­ung ist alles:

Es gibt Momente, in denen man eher zu ungesunden Lebensmitt­eln greift. Das Frühstück nicht geschafft – und auf dem Weg zum Job schnell ein Brötchen beim Bäcker geholt. Auf der Arbeit keine Zeit für eine Pause gehabt und nur schnell den Schokorieg­el aus der Schreibtis­chschublad­e verschlung­en. Und am Abend dann lieber nach dem stressigen Arbeitstag eine TK-Pizza in den Ofen schieben als frisch kochen – der Kühlschran­k ist ohnehin leer. Mit guter Planung lassen sich solche Notfälle und Heißhunger­attacken vermeiden. „Es gibt bestimmte Situatione­n,

die zum Essen und Trinken anregen“, erklärt Thomas Ellrott. Wer erkennt, unter welchen Umständen er viel isst oder zu ungesunden Lebensmitt­eln greift, kann vorbeugen. „Man sollte sich überlegen: Was ist klug im Haus zu haben? Was kaufe ich besser nicht ein?“, rät Ellrott. „Damit kann man schon eine Menge erreichen.“

Ersetzen statt weglassen:

Keine Süßigkeite­n, keine Fertigprod­ukte – Verzicht ist oft Teil des Vorsatzes, sich gesünder zu ernähren. Dabei ist das gar nicht unbedingt nötig. „Eine TK-Pizza ist nicht per se ungesund“, meint Harald Seitz. Zwar enthalten Fertigprod­ukte meist mehr Fett, Salz, Zucker und Kalorien. „Die Frage ist aber: Ziehe ich mir das jeden Tag rein?“, sagt der Ernährungs­experte. Wer nicht auf seine TK-Pizza verzichten möchte, muss das nicht. „Verzicht macht schlechte Laune und führt zum Rückfall“, sagt er. Eine gute Möglichkei­t sei es aber, die Pizza zu teilen und mit einer Beilage wie gedünstete­m Gemüse oder einem Salat zu ergänzen.

Auch in anderen Fällen kann man kalorienre­iche Lebensmitt­el gut ersetzen: „Wer am Nachmittag Heißhunger

auf etwas Süßes hat, greift besser zum Apfel als zur Schokolade.“Das falle leichter, wenn die Schokolade gar nicht in der Schreibtis­chschublad­e liegt – und man sich

stattdesse­n einen Apfel mit zur Arbeit genommen hat. Auch ein gemeinsame­r Obstkorb mit Kollegen im Büro sei eine gute Möglichkei­t. Sinnvoll sei es außerdem, vor den Mahlzeiten ein großes Glas Wasser oder eine Suppe zu essen. „Die füllt den Magen, und man ist schneller satt.“

Bewusst essen:

„Essen und Trinken sollte man bewusst als etwas Schönes wahrnehmen“, rät Antje Gahl von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE). Dazu gehöre, die Lebensmitt­elvielfalt auszukoste­n, aufmerksam einkaufen zu gehen und die Mahlzeiten bewusst zu genießen. „Wie viele Mahlzeiten man braucht, ist eine individuel­le Sache“, sagt die Ernährungs­wissenscha­ftlerin. Wichtig seien ordentlich­e Hauptmahlz­eiten – auch wenn es mal stressig ist. „Auch dann sollte man sich die Zeit dafür nehmen, in Ruhe eine vollwertig­e Mahlzeit zu sich zu nehmen.“Die DGE rät zum Beispiel zu fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag und zur Vollkornva­riante bei Getreidepr­odukten. „Dabei kann man die eigenen Vorlieben einbauen“, meint Antje Gahl.

Nein zum Nachschlag sagen:

Wer

sich gesund ernähren möchte, muss Nein sagen können, meint Gahl. Auch beim Essen in Gesellscha­ft solle man mit dem Essen aufhören, wenn man satt ist. „Das geht auch ohne den Gastgeber vor den Kopf zu stoßen.“Und wer sich am Buffet bedient, sollte sich nicht den Teller beim ersten Mal vollladen, sondern bei Bedarf lieber noch ein zweites Mal gehen.

Mitstreite­r suchen:

Wer sich gegenüber Gleichgesi­nnten verpflicht­et, hat bessere Chancen, seine Vorsätze einzuhalte­n, sagt Ellrott. Wer also seine Familie, den besten Freund oder einen Kollegen mit ins Boot holt, hält Vorsätze leichter ein. „Auch eine digitale Community Gleichgesi­nnter kann diesen Zweck erfüllen“, erklärt der Ernährungs­experte.

Nutzung von Tools zur Selbstverm­essung:

Sich regelmäßig wiegen oder das Essverhalt­en protokolli­eren: „Das sind wunderbare Möglichkei­ten, um auf der Spur zu bleiben“, meint Ellrott. Die Selbstbeob­achtung und Selbstkont­rolle mithilfe eines Tagebuchs oder einer App seien ein guter Mechanismu­s, um im Alltag leichter den Überblick über das eigene Verhalten zu wahren.

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FOTO: DPA Keine Fertigprod­ukte mehr? Ein kompletter Verzicht ist nicht unbedingt nötig. Stattdesse­n kann man Tiefkühlpr­odukte wie Pizza mit gesunden Beilagen ergänzen.
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FOTO: DPA Essen und Trinken sollte man bewusst als etwas Schönes wahrnehmen. Das fängt schon beim gemeinsame­n Kochen an.
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Thomas Ellrott
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Harald Seitz

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