Schwäbische Zeitung (Biberach)
Schussenrieder Stofftruhe schließt in zwei Wochen
Erneut schließt ein inhabergeführtes Geschäft in der Schussenrieder Innenstadt
BAD SCHUSSENRIED - Ein weiteres Traditionsgeschäft in der Stadtmitte von Bad Schussenried schließt für immer seine Türen. Die Stofftruhe hat am 15. Februar das letzte Mal geöffnet. Mehr als 40 Jahre lang konnten die Schussenrieder in der Biberacher Straße ihre Reißverschlüsse, Flicken oder Wolle kaufen. In Zukunft werden sie dafür weiter fahren müssen – oder die Artikel im Internet bestellen.
Barbara Lang leitete das Geschäft die vergangenen 15 Jahre. In den 17 Jahren davor war sie bei der vorherigen Besitzerin angestellt. Die gelernte Bekleidungsschneiderin hatte sich mit dem Kauf der Stofftruhe damals einen Traum erfüllt. Nun ist damit jedoch Schluss. „Es sind einfach zu wenig Kunden und zu wenig Umsatz“, sagt sie nüchtern. Seitdem das „Wirschließen“-Schild im Schaufenster hänge, sei der Laden zwar wieder voller. „Es kommen jetzt einige Kunden zu uns, die es sehr bedauern, dass wir schließen“, erklärt sie, „doch einige geben auch zu, dass sie schon lange nicht mehr da waren.“
Die Stofftruhe ist nur eins von mehreren Geschäften, das damit aus der Schussenrieder Innenstadt verschwindet. In den vergangenen ein, zwei Jahren haben der Bioladen Naturecke, der Wolleladen Uhlmann, der Blumenladen Köhle, eine Videothek und eine Eisdiele geschlossen. Nicht lange halten konnten sich zudem eine Shisha-Bar und ein türkisches Café.
Elisabeth Straub, Besitzerin des Blumengeschäfts Straub und Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins (HGV) in Bad Schussenried, hält es für besorgniserregend, dass ein weiteres Traditionsgeschäft in der Innenstadt schließt. Das Thema Leerstandmanagement stehe beim HGV Bad Schussenried im Fokus und auf der To-do-Liste. „Es muss und es wird auch etwas geschehen“, sagt Straub. Wie diese Pläne jedoch konkret aussehen, will sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in der Zeitung lesen. Dafür sei das Thema zu sehr ein „heißes Eisen“.
Auch aus der Verwaltung ist seit vergangenem Sommer nicht viel Neues zu diesem Thema zu hören. Zuletzt sagte Bürgermeister Achim Deinet im SZ-Jahresinterview, dass es aufgrund des hohen Krankenstands in der Verwaltung nicht gelungen sei, das Thema Leerstandsmanagement voranzutreiben. Laut IHK-Einzelhandelskompendium kaufen die Menschen eigentlich gerne in Bad Schussenried ein. Die Industrieund Handelskammer Ulm und Schwaben stellte den Bericht im Oktober 2018 vor – und dieser kam zu dem Ergebnis, dass es in Bad Schussenried einen soliden Branchenmix gebe. Im Bereich der Haushaltswaren sei die Stadt sogar überversorgt. Nur an Bekleidungsgeschäften mangele es.
IHK: Leerständen vorbeugen
Damals betrug der Leerstand noch zwölf Prozent. Die Herausforderungen, die der IHK-Bericht damals benannte: In mehreren Geschäften stünde ein Generationenwechsel an. Vor allem für kleinere Ladenflächen einen Nachfolger zu finden, sei schwer. Und der Internethandel ziehe immer mehr Kunden ab. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch das Einzelhandelskonzept, das die Imakomm Akademie 2017 erstellt hat. Das Konzept analysierte den damaligen Ist-Zustand, erstellte eine Prognose und nannte Strategieempfehlungen. Ein zentrales Ergebnis: Es brauche Einkaufsmagneten an verschiedenen Punkten. Mit dem neuen Areal Metzgergässle wird in naher Zukunft ein solcher Einkaufsmagnet geschaffen. Zudem sei es wichtig, die vorhandene Vielfalt sichtbarer zu machen, indem zum Beispiel die Schaufenster ansprechend dekoriert würden. Und ebenso wichtig sei es, weiterem Leerstand vorzubeugen, da leerstehende Geschäfte das Erscheinungsbild der Innenstadt dramatisch verschlechtern würden. Stehe ein Geschäft einmal leer, sei es deutlich schwerer, den Standort neu zu beleben.
Das ist in diesem Fall jedoch nicht gelungen. „Auch wenn es in unserem Laden zu manchen Zeiten wirklich voll war, so haben die Leute doch oft nur Dinge für zwei, drei Euro gekauft und wir hatten am Ende des Tages einen Umsatz von 20 Euro. Davon kann ich meine Mitarbeiter nicht bezahlen“, erklärt Barbara Lang. Darum sei es nun Zeit aufzuhören. Was sie selbst nun machen wird, weiß sie noch nicht. Sie habe ihre Arbeit immer mit viel Leidenschaft gemacht und ihre Mitarbeiterinnen auch. „Zwei sind bereits 74 Jahre alt und arbeiten immer noch mit, weil es ihnen so viel Freude bereitet. Einige unserer Kunden kennen sie schon ihr Leben lang.“