Schwäbische Zeitung (Biberach)
Endlich ein normales Schneckenrennen
Am 20. Spieltag ist endlich mal ein bisschen Bewegung in den Abstiegskampf gekommen. Der war in den ersten zwei Spieltagen nach der Winterpause ja noch weniger als ein Rennen zwischen unbeweglichen Schnecken gewesen. Nun scheint er zu einem normalen Schneckenrennen unter Abstiegskandidaten werden zu können. Die Unentschieden von Stuttgart, Freiburg, Düsseldorf und Nürnberg brachten den Mannschaften auch diesmal nur je einen Punkt. Aber ein Punkt ist ein Punkt ist ein Punkt. Dreifach punktete am Wochenende nur Augsburg – Dreifachtorschütze
Alfred Finnbogason und bestimmt irgendwie auch Jens Lehmann sei Dank. Lehmanns Anteil am 3:0 gegen Mainz erschloss sich vielleicht nicht unbedingt auf den ersten Blick, auch Finnbogason wusste nicht so recht, was er auf die Frage nach dem „Lehmanneffekt“antworten sollte, aber natürlich war der vorhanden. Erfolge sind immer ein Verdienst des ganzen Teams. Und als Co-Trainer von Manuel Baum hat sich Ex-Nationalkeeper und Neu-Teamplayer Jens Lehmann ja Loyalität als oberste Arbeitsmaxime auf die Fahnen geschrieben.
Bei Hannover 96 steht die Null zwar weiter, Hannover fiel bei Thomas Dolls Bundesliga-Comeback durch das 0:3 gegen Leipzig am Freitag sogar um einen Rang auf Platz 18 – doch das gab Doll, der bei seiner Vorstellung die Losung ausgegeben hatte, seine neue Mannschaft „nicht mit Parolen, sondern mit Arbeit“aus der Krise führen zu wollen, die Gelegenheit, seine Pläne zu präzisieren. „Es muss ein kalter Nordwind in die Trainingseinheiten rein“, sagte er nach der Niederlage. Und: „Ich bin froh, dass ich da bin. Die Mannschaft braucht mich.“Am Samstag war der Nordwind über Hannover so kalt, dass Doll einem am Trainingsgelände herumstehenden TV-Journalisten eine Tasse Tee brachte.
Dass Unentschieden einen zu moralischen Siegern machen können,
bewiesen am Samstag die Nürnberger. Das späte 1:1 durch den eingewechselten Aufstiegshelden Mikael
Ishak gegen Bremen führte bei allen „Cluberern“zu einer mittelgroßen Gefühlsexplosion. „Das war für uns ein ganz, ganz wichtiger Punkt, weil es eines zeigt: Wie charakterstark die Mannschaft ist, über was sie verfügt, und das ist ein Riesenspirit“, sagte Trainer Michael Köllner. „Für die Moral, für den Kopf war das sehr, sehr wichtig“, meinte Offensivspieler Sebastian Kerk. Der „Club“kletterte um einen Platz auf Rang 17, der VfB Stuttgart auf dem Relegationsplatz hat nur drei Zähler mehr. Doch die Nürnberger verlängerten auch ihre Horrorserie. Das 1:1 gegen Bremen war das 14. sieglose Bundesligaspiel hintereinander. „Wir müssen wegkommen, auf die Tabelle zu gucken. Wir müssen schauen, dass wir die Spiele einzeln so annehmen, wie sie sind“, empfahl Verteidiger Enrico Valentini. Umso höher müssen die Nürnberger ihren Punktgewinn gegen Bremen bewerten, weil auf Bremer Seite Nuri Sahin mitwirkte. Und der Ex-Dortmunder kann gegen Nürnberg nicht verlieren. Auch in seinem elften Bundesligaspiel gegen die Franken blieb er ungeschlagen. Das 2:2 war dabei das vierte Remis gegen Nürnberg in seiner Karriere.
Das 1:1 um das von Friedhelm Funkel trainierte Fortuna Düsseldorf in Hoffenheim stürzte vor allem TSGCoach Julian Nagelsmann in eine semi-existentielle Krise („Die Champions League können wir erst einmal aus den Köpfen streichen“; „wir haben es sehr, sehr schlecht gemacht“, sagte er). Um den nach dem 0:2 gegen Mönchengladbach auch in der Selbstwahrnehmung endgültig zum Bundesligazwerg mutierten FC Schalke – Manager Christian Heidel klagte hinterher, dass seinem bald 300 Millionen Euro umsetzenden Club das nötige „Kleingeld“gefehlt habe, um auf dem Transfermarkt einen neuen Stürmer zu verpflichten – hinter sich zu lassen, war das Remis im Kraichgau jedoch zu wenig. Düsseldorf rangiert punktgleich, aber hinter Schalke und Freiburg mit 22 Zählern auf Rang 14. 22 Punkte bedeuten aber auch schon sieben mehr, als Stuttgart auf Platz 16 hat. Düsseldorf kann den Abstiegskampf langsam ad acta legen.