Schwäbische Zeitung (Biberach)
Syrer muss wegen Drogenhandels mit Minderjährigen ins Gefängnis
Landgericht Ravensburg verurteilt 31-jährigen Dealer aus Biberach bereits am zweiten Verhandlungstag
BIBERACH/RAVENSBURG - Für drei Jahre und zehn Monate muss ein 31jähriger Syrer ins Gefängnis. Die Erste Große Strafkammer am Landgericht Ravensburg unter Vorsitz von Richter Stefan Maier sah es als erwiesen an, dass der Mann im Sommer 2018 in Biberach über knapp vier Monate hinweg nicht nur Jugendliche mit Marihuana versorgt, sondern in mindestens zwei Fällen auch 15-jährige Schülerinnen zum Drogenverkauf angestiftet hat.
Die Staatsanwältin begründete es in ihrem Plädoyer so: Der Mann habe die Jugendlichen „gezielt angesprochen“, ignoriert, dass es sich bei ihnen um Minderjährige handelte, und einen „schwunghaften Handel“mit Marihuana betrieben. Weil er – was Chatverläufe und Zeugenaussagen belegten – manchmal auch auf die Bezahlung der Droge verzichtete, habe er die Jugendlichen buchstäblich „angefüttert“, so die Staatsanwältin. Besonders verwerflich sei, dass er zwei junge Mädchen angeworben hatte, um Bestellungen von Bekannten und Schulfreunden entgegenzunehmen; „als Verkaufsgehilfen, mit denen Sie sich eine fortlaufende Einnahmequelle sicherten, mit der Sie Ihre Asylbewerberbezüge aufbessern wollten“, so die Staatsanwältin, die eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten forderte.
Die vom Angeklagten vor Gericht mehrfach vorgebrachten Schmerzen, Konzentrationsstörungen und Gedächtnislücken konnten vom psychiatrischen Sachverständigen nicht strafmildernd bewertet werden. Zwar habe der Angeklagte wohl in Syrien eine ernsthafte Schuss- oder Splitterverletzung im vorderen Schädelbereich erlitten, „aber er hat Glück gehabt“, sagte der Gutachter. Er könne beim Angeklagten weder eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung noch eine hirnorganische Symptomatik erkennen. Außerdem sei der Mann weder alkohol- noch drogenabhängig – auch wenn er zeitweise Marihuana und Wodka konsumiere, wie er selbst ausgesagt hatte.
Keine Namen genannt
Die am ersten Verhandlungstag in einer Hauruck-Aktion vom Angeklagten in die Runde geworfene Ansage, er werde behilflich sein, seine Drogenlieferanten dingfest zu machen, hatte sich in Luft aufgelöst. Bei der kurzfristigen kriminalpolizeilichen Vernehmung in der Untersuchungshaft wollte der 31-Jährige Namen und Details der Hintermänner doch nicht mehr nennen. Er habe auf einen Deal gehofft, ließ er über seine Dolmetscherin sagen. Dass man ihn „rausgehen lasse“. Sein sichtlich betretener Verteidiger wollte jedoch nicht unerwähnt lassen, dass sein Mandant sich in der Untersuchungshaft „enormem Druck“ausgesetzt sehe.
Aber ihm blieb in seinem Plädoyer nichts anderes übrig, als sich den Ausführungen der Staatsanwaltschaft anzuschließen. Das Gericht möge berücksichtigen, dass wohl ein paar der Jugendlichen sich aus freien Stücken an seinen Mandanten gewandt hätten, dass es sich um geringe Mengen an Marihuana gehandelt und er nur über einen „überschaubaren Zeitraum“gedealt habe. „Eine Bewährungsstrafe sehe ich aber realistischerweise auch nicht“, schloss der Pflichtverteidiger. „Ich möchte mich dafür entschuldigen, was ich gemacht habe“, sagte der Angeklagte zum Schluss.
Dass die Kammer mit ihrem Urteil unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß blieb, erklärte Richter Maier damit, dass der Mann sich geständig gezeigt hatte, es sich um Kleinmengen an dem als „weiche Droge“geltenden Marihuana gehandelt habe und der Mann nicht einschlägig vorbestraft ist. „Gewichtiger ist das Bestimmen von Minderjährigen zum Handeltreiben“, sagte Maier. Drei Jahre und zehn Monate Haft seien jedoch dem Unrechtsgehalt in allen sechs Fällen angemessen, die dem 31-jährigen Syrer einwandfrei nachgewiesen werden konnten. Gegen dieses Urteil kann binnen einer Woche Revision eingelegt werden.