Schwäbische Zeitung (Biberach)
Vier spektakuläre Prozesse am Landgericht
Messerangriff auf Marienplatz, Mord mit Bajonett, versuchter Mord und ein Raubüberfall
RAVENSBURG - Gleich vier aufsehenerregende Prozesse werden in den kommenden Monaten am Ravensburger Landgericht verhandelt: Das Verfahren gegen den mutmaßlich an einer schizophrenen Psychose leidenden Afghanen, der mit einem Messer auf dem Marienplatz drei Männer schwer verletzt hatte, wird am 21. März eröffnet. Bereits am 19. Februar steht ein Syrer vor Gericht, der versucht haben soll, seine Frau in der Flüchtlingsunterkunft in Berg zu töten. Und ab 26. Februar muss sich ein Mann verantworten, der zu der Räuberbande gehören soll, die im April 2015 einen Ravensburger Juwelier brutal und am helllichten Tag überfallen hatte. Zwischen Mai und Juli dürfte dann der Fall eines 33-Jährigen verhandelt werden, der am 31. Januar den 46-jährigen Partner seiner Ex-Freundin mit einem Bajonett erstochen haben soll.
Der Messerangriff
Die Staatsanwaltschaft Ravensburg wirft dem 21 Jahre alten Mann, der am 28. September auf dem Marienplatz wahllos mit einem Messer zugestochen hatte, zweifachen versuchten Mord sowie in einem Fall versuchten Totschlag vor. In der Antragsschrift an die Schwurgerichtskammer des Landgerichts hat die Staatsanwaltschaft ausgeführt, dass sie davon ausgeht, dass der Beschuldigte psychisch krank ist und bei der Tat schuldunfähig gewesen sein könnte. Sie hält den Afghanen für eine Gefahr für die Allgemeinheit und hat deshalb seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt.
Wie berichtet, hatte der Asylbewerber am nördlichen Marienplatz zunächst unvermittelt auf zwei junge Syrer eingestochen und einen von beiden dabei lebensgefährlich verletzt. Danach hatte sich vor der Gaststätte Engel dem Mann ein 52 Jahre alter Tourist aus Hessen in den Weg gestellt. Auch er wurde dabei schwer verletzt. Die Festnahme des 21-Jährigen gelang schließlich auch mithilfe des Ravensburger Oberbürgermeisters Daniel Rapp, der ihn überreden konnte, das Messer wegzulegen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten in zwei Fällen versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie in einem Fall versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor. Weil der Messerangriff für die beiden jungen Syrer völlig überraschend ohne jegliche Vorwarnung kam, geht die Staatsanwaltschaft hier von dem Mordmerkmal der Heimtücke aus. Der Prozess beginnt voraussichtlich am 21. März mit Fortsetzungsterminen am 22. und 28. März sowie am 3. April.
Der „Ehrenmordversuch“
Auf versuchten Mord lautet auch die Anklage gegen einen 46 Jahre alten Asylbewerber aus Syrien. Der Mann soll versucht haben, am Abend des 19. September 2018 in der Flüchtlingsunterkunft in Berg seine nach islamischem Recht von ihm geschiedene Frau zu töten – heimtückisch und aus niederen Beweggründen. Motiv war nach Auffassung des Staatsanwaltes die „verletzte Ehre“des Angeklagten, da seine Ehefrau nach mehr als 20 Ehejahren erneut geheiratet hatte. Die Frau hatte den massiven Angriff mit einem Hammer und einem Messer nur dank einer Notoperation überlebt.
Die Familie lebte zum Zeitpunkt der Tat seit zwei Jahren in Berg. Der Ehemann hatte offenbar zuvor schon mehrfach gedroht, seine Frau umzubringen, weil sie einen neuen Freund hatte. An diesem Abend war er über den Balkon in die Wohnung geklettert und hatte sofort zugeschlagen und zugestochen. Verhandelt wird am 19. Februar mit Fortsetzungen am 26. und 28. Februar sowie am 6. und 8. März.
Raubüberfall auf Juwelier
Am 26. Februar mit Fortsetzungen am 12., 14., 19., 20., 29. März und 4. April findet am Landgericht ein Strafverfahren wegen besonders schweren Raubs gegen einen 38-jährigen Mann statt. Der Angeklagte soll gemeinsam mit Komplizen am 15. April 2015 ein Juweliergeschäft in der Ravensburger Unterstadt überfallen und Uhren im Wert von mehr als 110 000 Euro erbeutet haben. Bei der Tat soll er eine Softair-Pistole und Pfefferspray eingesetzt haben. Zwei weitere Täter sind in diesem Zusammenhang bereits durch das Landgericht Ravensburg wegen Beihilfe zum schweren Raub verurteilt worden: Ein inzwischen 24 Jahre alter Mann zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und ein inzwischen 38 Jahre alter Mann zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und fünf Monaten. Laut Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl handelt es sich bei dem 38 Jahre alten Angeklagten, der jetzt vor Gericht steht, um einen der vier Haupttäter. Er sei als Erster in das Geschäft mit einer Soft-Air-Pistole eingedrungen, habe die Angestellten mit vorgehaltener Waffe bedroht und mit Pfefferspray verletzt. Die beiden Angestellten hatten mit posttraumatischen Belastungsstörungen zu kämpfen und waren eine Zeit lang nicht arbeitsfähig.
Waffen im Spiel
Der Mann konnte im Sommer mit einem europäischen Haftbefehl in Litauen festgenommen werden und wurde nach einem längeren Verfahren Ende Oktober nach Deutschland ausgeliefert, sagte Diehl der „Schwäbischen Zeitung“. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Der Angeklagte ist in Litauen bereits mehrfach zu Haftstrafen verurteilt worden. Auch dabei waren Waffen im Spiel. Der Mann streitet bisher alles ab. Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf eine Zeugenaussage und DNA-Spuren an der sichergestellten Pistole.
Bajonett als Mordwaffe
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, den 46-jährigen Partner seiner ExFreundin im Lauf eines Streits auf der Straße vor der Wohnung der Frau im Salamanderweg mit einem Bajonett erstochen zu haben. Der 33-Jährige wurde kurz nach der Tat auf der Flucht gefasst. Nach der Festnahme hat ein Haftrichter die Untersuchungshaft wegen Mordverdachts angeordnet. Bei seiner Festnahme war der 33-Jährige offenbar stark betrunken, wie der Sprecher Diehl mitteilte. Eine Blutprobe, die etwa zwei Stunden nach der Tat entnommen worden sei, habe eine Blutalkoholkonzentration von etwas über 1,5 Promille ergeben. Voraussichtlich werde der Mann auch deswegen von einem psychiatrischen Gutachter befragt werden, so Diehl. Dabei gehe es um die Frage, inwiefern er zum Zeitpunkt der Tat schuldfähig war, beziehungsweise ob eine verminderte Schuldfähigkeit vorlag. Besonders tragisch: Der 33-Jährige hat mit der Frau, deren neuen Freund er erstochen haben soll, ein gemeinsames Kind im Kindergartenalter, das bei der Tat dabei war. „Insofern ist davon auszugehen, dass es den Vorfall zumindest in Teilen mitbekommen hat“, so Diehl. Das Kind sei unmittelbar danach betreut worden. Der Tatverdächtige, der die Staatsangehörigkeit eines von Diehl nicht näher benannten EU-Mitgliedsstaats hat, schweigt weiterhin.