Schwäbische Zeitung (Biberach)
Schon seit Jahren verliert das A380-Geschäft an Bedeutung
Für den Zulieferer Diehl Aviation in Laupheim kommt das Aus für das Großraumflugzeug nicht überraschend
LAUPHEIM - Keineswegs überraschend kommt das am Donnerstag vom Hersteller Airbus verkündete baldige Aus für den Riesenflieger A380 aus Sicht des Flugzeugausrüsters Diehl Aviation. „Die Produktionsraten sind ja schon seit Jahren rückläufig“, sagt der Unternehmenssprecher David Voskuhl.
Das Laupheimer Diehl-Werk, das bis Oktober 2008 zum Airbus-Konzern gehörte, fertigt für den Großraumjet viele Komponenten der Kabinenausstattung: Seitenwände, Gepäckfächer, Deckenteile, Klimarohre, Tür- und Türrahmenverkleidungen, Schlafräume für die Crew – alles selbst entwickelt. Jede Auslieferung für eine A380 umfasst 10 000 Einzelteile, verpackt in 260 Container.
Den allerersten Start des vierstrahligen Passagierflugzeugs am 27. April 2005 verfolgten Hunderte Mitarbeiter in Laupheim auf einer Großleinwand. Beifall brandete auf, als die Maschine vom internationalen Flughafen Toulouse abhob. Dem Super-Airbus wurde damals enorme wirtschaftliche Bedeutung für den Standort Laupheim beigemessen. Speziell für die A380Teilefertigung war 2003 eine 15 000 Quadratmeter große Halle gebaut und damit die Produktionsfläche nahezu verdoppelt worden. Der Landkreis Biberach verlegte dafür eigens eine Kreisstraße.
Seit 2007 liefert Airbus die A380 an Kunden aus. In den ersten Jahren stieg die Fertigungsrate kontinuierlich. 2014 wurden aus Laupheim 28 Kabinensätze für das Flaggschiff der Lüfte verschickt; das A380-Programm machte seinerzeit annähernd 50 Prozent der Wertschöpfung am Standort aus und sicherte nach Firmenangaben gut ein Drittel der Arbeitsplätze.
Nach 2014 jedoch sackten die Zahlen ab. Airbus erhielt so gut wie keine Neubestellungen mehr für den A380. Im vergangenen Jahr rüstete Diehl Aviation nur noch elf Maschinen dieses Typs aus, für 2019 sind neun geplant. „Der Anteil des Programms am gesamten Geschäftsvolumen ist zusehends kleiner geworden“, sagt David Voskuhl.
Diehl Aviation konnte dies überkompensieren durch den Produktionshochlauf des A350. Der Markterfolg des zweistrahligen Langstreckenjets, den Diehl ebenfalls mit vielen selbst entwickelten Komponenten ausrüstet, hat maßgeblich zu einem Umsatzsprung des Laupheimer Werks beigetragen: von rund 400 Millionen Euro in 2014 auf etwa die doppelte Summe im vergangenen Jahr. Mit derzeit rund 60 Prozent Umsatzanteil ist das A350-Programm ein Wachstumstreiber. Airbus will die Jahresproduktion seiner jüngsten Modellreihe bis 2021 auf 140 Maschinen steigern. Auch die Flugzeuge der kleineren A320-Familie sind weiter ein Verkaufsschlager.
Negative Auswirkungen der Airbus-Entscheidung, die A380-Produktion in Bälde zu stoppen, auf die Beschäftigung am Standort Laupheim sieht David Voskuhl deshalb nicht. Zumal ja noch die verbliebenen Orders der Fluggesellschaft Emirates abzuarbeiten seien und auch nach 2021 für die im Linienverkehr fliegenden Maschinen der Kundendienst sichergestellt werden müsse. Auch die Modernisierung von A380-Kabinen werde noch Umsätze generieren. „Retrofit“nennt Diehl Aviation dieses Geschäftsfeld. Der Lebenszyklus von Passagierkabinen liegt bei fünf bis acht Jahren, dann werden sie in der Regel überholt, neu ausgestattet oder neu gestaltet.
Wie sich das A380-Aus längerfristig auswirken könnte, sei zur Stunde nicht abzuschätzen, sagt Voskuhl. Nicht auszuschließen sei, dass die Ausstattung des Laupheimer DiehlWerks irgendwann an die veränderten Fertigungsanteile der verschiedenen Flugzeugmuster angepasst werden müsse. Airbus ist nach wie vor der Hauptkunde von Diehl Aviation. In kleinerem Umfang werden auch andere Flugzeugbauer beliefert: Boeing, Bombardier, Embraer, Gulfstream. Zusätzliche Aufträge erhofft man sich nicht zuletzt von dem Projekt „New Midsize Aircraft“von Boeing. Der USamerikanische Hersteller will zeitnah entscheiden, ob er dieses mittelgroße Verkehrsflugzeug auf den Markt bringt.
Im Laupheimer Werk von Diehl Aviation sind rund 2000 Menschen beschäftigt; darunter derzeit gut 300 Leiharbeitskräfte.