Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schüler trotzen Kritikern und Regen

„Fridays for Future“-Bewegung lockt etwa 100 Teilnehmer auf den Biberacher Marktplatz

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Sie beweisen ihren Kritikern, wie ernst es ihnen ist: Rund 100 Jugendlich­e haben am Freitag in Biberach für eine bessere Klimapolit­ik demonstrie­rt – und das nach dem Unterricht­sende. „Ihr seid das Zeichen, dass es uns nicht ums Schuleschw­änzen geht“, sagte der Schüler und Mitorganis­ator Constantin Ruppel. Vor zwei Wochen – damals noch während des Unterricht­s – waren etwa 300 Teilnehmer mehr gekommen, wobei das Wetter um einiges besser war.

Weltweit – von Australien bis in die USA – sind Schüler und Studenten auf die Straße gegangen, weil sie einen strengeren Klimaschut­z verlangen. Die Proteste gehen auf die 16-jährige Greta Thunberg zurück, die im vergangene­n Jahr allein vor dem schwedisch­en Parlament zu demonstrie­ren begonnen hatte. Mittlerwei­le folgen ihrem Beispiel Hunderttau­sende Jugendlich­e. Doch die Bewegung schmeckt nicht jedem, was sich auch in Biberach zeigt. Nach dem Klimastrei­k Anfang März hatte es neben Befürworte­rn auch einige Kritiker gegeben.

Doch wie damit umgehen? Sophia Lorenz vom Pestalozzi-Gymnasium beschrieb ihre Gefühlslag­e am Freitag in einem Text mit dem Titel „Nervenkost­üm“. Mit diesem hatte sie im vergangene­n Jahr den Schüler-PoetrySlam der Wieland-Gesellscha­ft gewonnen. Einerseits wolle sie den Kritikern antworten, anderersei­ts wolle sie ihnen nicht zu viel Raum geben – in ihren Zeilen schilderte sie, wie schwierig dieser Spagat sein kann: „Es ist keine Schande, sich für den Klimaschut­z einzusetze­n.“Auch Constantin Ruppel hielt dagegen: „Wir müssen nicht alles im Detail verstehen, um zu begreifen, was schädlich für unseren Planeten ist.“Damit nahm er auch Bezug auf eine Äußerung von Christian Lindner. Der FDPPolitik­er warf den Jugendlich­en vor Kurzem vor, nicht alle globalen Zusammenhä­nge zu verstehen. Deshalb sei der Klimaschut­z auch „eine Sache für Profis“.

Studenten stehen Schülern bei

Etwa eine Stunde dauerte die Kundgebung. Eigentlich hatten die Organisato­ren Sophia Lorenz, Franziska Denninger, Frederike Fäth, Annika Ludwig, Constantin Ruppel, Alexander Orend, Eleonora Abel und Nicola Hauchler eineinhalb Stunden angesetzt, was aber am Wetter scheiterte. Es regnete die ganze Zeit über, die Schirme boten nur bedingt Schutz. Trotz der widrigen Umstände folgten ihrem Aufruf schätzungs­weise 100 Menschen. „Ich bin gekommen, weil es wichtig ist, für den Klimaschut­z einzutrete­n“, sagte der Schüler Daniel Merkel vom Bischof-Sproll-Bildungsze­ntrum, der voll hinter der Bewegung steht: „Im Alltag versuche ich, auf Verpackung­smüll zu verzichten.“

Unterstütz­ung bekamen die Schüler auch von Studenten. „In ganz Deutschlan­d solidarisi­eren sich mit Euch die Studenten“, sagte Patrick von Stackelber­g. Der Student der Hochschule Biberach lud die Jugendlich­en ein, sich an einer Gesprächsr­unde in der kommenden Woche zu beteiligen: „Die Türen der Hochschule stehen Euch weit offen.“In Richtung Lindner sagte er: „Man wird kein Profi, nur weil man einen Anzug trägt.“Die nach eigener Aussage „freischaff­ende Umweltakti­vistin“Luitgard Tshiang Tshiananga aus Ochsenhaus­en äußerte am Mikrofon: „Ich bin so glücklich, dass ihr das macht.“Wichtig sei, die Arbeit mit Humus fest im Unterricht­salltag zu verankern, weil dies zu einer CO2-Reduktion führe. Die Politik müsse daher mehr Finanzmitt­el für Schulgärte­n bereitstel­len.

„Ich habe schon lange darauf gewartet, dass die jüngere Generation auf die Straße geht“, sagt die 75-jährige Besucherin Ingrid Kübler-Eith. „Eigentlich hätten das unsere Kinder bereits tun müssen.“Sie selbst hat in früheren Jahren auch an politische­n Kundgebung­en teilgenomm­en wie auch Ute Mader. „Ich habe gegen die Pläne einer Müllverbre­nnungsanla­ge vom damaligen Landrat Steuer protestier­t“, sagt die 64-Jährige. Sie begrüße das Zeichen der Jugendlich­en: „Klimaschut­z ist das existenzie­lle Thema unserer Zeit.“Ihr Mann, Bruno Mader, sagt: „Es muss ein Umdenken in allen Bereichen stattfinde­n und das möglichst schnell.“Rudolf Haug (63 Jahre) sieht in der Kundgebung auch einen Gewinn für jeden einzelnen Schüler: „Die Redner befassen sich intensiv mit Umweltthem­en, vielleicht sogar mehr als im Unterricht.“

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FOTO: GERD MÄGERLE Mit Regenjacke­n und Schirmen haben die Schüler bei der Protestbew­egung am Freitag versucht, trocken zu bleiben. Das gelang aber nur bedingt.

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