Schwäbische Zeitung (Biberach)

Im Freien grillen – und vollständi­g löschen

Michael Mutschler über die Gefahren von Kohlenmono­xid und wie sich Grillfans schützen können

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LAUPHEIM - Schleichen­d, geruchslos und tödlich: Kohlenmono­xid ist ein Gas, das für Menschen hochgefähr­lich sein kann. Am vorvergang­enen Wochenende wurden fünf Menschen in Laupheim im Schlaf vergiftet, weil sie Kohlenmono­xid aus einem nicht erloschene­n Grill einatmeten, der auf einem Balkon gestanden hatte. Das Gas gelangte offenbar durch ein offenes Fenster in die Wohnung. Die Betroffene­n konnten gerettet werden. Laut Statistisc­hem Bundesamt aber starben im Jahr 2015 deutschlan­dweit 648 Menschen an einer Kohlenmono­xidvergift­ung – und Experten vermuten, dass die Dunkelziff­er um ein Vielfaches höher ist. Denn die Symptome einer sogenannte­n CO-Intoxikati­on sind nicht immer eindeutig zuzuordnen. Michael Mutschler, Geschäftsf­ührer des Rettungsdi­enstes beim Deutschen Roten Kreuz im Landkreis Biberach, erklärt im Gespräch mit Kai Schlichter­mann, worin die Gefahren liegen und wie Menschen sich vor einer Vergiftung schützen können.

SZ: Herr Mutschler, bald beginnt wieder die Grillsaiso­n und damit offenbar auch die Gefahr, sich an Kohlenmono­xid zu vergiften. Was können Menschen tun, um Kohlenmono­xid von ihren Atemwegen fernzuhalt­en?

Mutschler: Wer mit Holzkohle grillt, sollte das ausschließ­lich im Freien tun, und nicht in der Nähe der Wohnräume. Selbst auf Balkonen oder unter einem Dachvorspr­ung kann das kritisch sein, wenn Gase zum Beispiel durch geöffnete Fenster, so wie in Laupheim, in die Wohnräume dringen. Ganz wichtig ist, nach dem Grillen die glühenden Kohlen vollständi­g zu löschen und sich zu vergewisse­rn, dass das Feuer auch aus ist.

Was macht Kohlenmono­xid so gefährlich?

Kohlenmono­xid ist unsichtbar und geruchlos. Eine Reizung der Atemwege bleibt aus und so bemerken viele Menschen das Gas nicht.

Wie entsteht Kohlenmono­xid und warum ist es riskant, wenn Menschen diesem Gas ausgesetzt sind?

Bei jeder Verbrennun­g – egal ob mit Holz, Kohle, Gas, Diesel oder Benzin - entsteht eine Vielzahl giftiger Gase, unter anderem Kohlenmono­xid. Letzteres entweicht verstärkt bei unvollstän­diger Verbrennun­g unter hohen Temperatur­en und bei geringer Sauerstoff­zufuhr. CO, das chemische Kürzel für Kohlenmono­xid, gelangt beim Atmen in die Lungen. Das Hämoglobin in unserem Blut bindet CO deutlich schneller und besser als Sauerstoff und verdrängt diesen. Dadurch verringert sich die Sauerstoff­Versorgung im Körper. Folglich kann der Erstickung­stod drohen. Die typischen Symptome können Kopfschmer­zen, Schwindel, Übelkeit, Benommenhe­it und Atemnot sein. Bleibt zum Beispiel während des Schlafes die Inhalation von Kohlenmono­xid unbemerkt, kann das zu einem Atem- und Kreislaufv­ersagen führen. Wer Anzeichen einer Vergiftung vermutet, sollte die Rufnummer 112 wählen und den Rettungsdi­enst rufen. Außerdem sollten Betroffene schnell ins Freie gehen.

Wie können Grillfans vorbeugen, um die Risiken einer Vergiftung zu minimieren?

Zunächst ist es sinnvoll, CO-Melder in der Wohnung oder im Haus zu installier­en. Diese werden im Fachhandel verkauft. Zugleich sollte man immer sicherstel­len, dass am Ende eines Grillabend­s das Feuer komplett gelöscht ist. Regel Nummer eins ist: den Grill immer nur im Freien befeuern.

Wie häufig kommen Kohlenmono­xidvergift­ungen in der Region Biberach vor?

Wir registrier­en nur wenige Vorfälle pro Jahr. Doch wir vermuten, dass die Dunkelziff­er höher ist. Viele Menschen stellen normalerwe­ise keinen direkten Zusammenha­ng zwischen den beschriebe­nen Symptomen einer CO-Vergiftung und einem Grillabend her.

Wie schützt sich der Rettungsdi­enst und welche medizinisc­hen Maßnahmen werden ergriffen?

Unsere Rettungste­ams sind kreisweit mit speziellen CO-Warnern ausgestatt­et, die in einer Gefah-renlage entspreche­nd anschlagen und Alarm geben. So war das auch bei dem Einsatz in Laupheim. Für uns heißt das, die Wohnung beziehungs­weise den Gefahrenbe­reich umgehend zu verlassen. Wenn die Feuerwehr nicht schon alarmiert worden ist, dann ziehen wir sie hinzu. Der Eigenschut­z für unser Per-sonal hat höchste Priorität. Pat-ienten werden im Rahmen der Akuttherap­ie durch Notarzt und Rettungsdi­enst mit reinem Sauerstoff erstversor­gt und schnellstm­ög lich in eine geeignete Klinik gebracht.

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FOTO: DIERKING Michael Mutschler

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