Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wo Eltern um ihr Kind trauern können

Kirchengem­einde Mühlhausen hat einen Sternenkin­der-Gedenkbere­ich gestaltet

- Von Birgit van Laak

MÜHLHAUSEN - Wo finden Eltern, die ihr Kind während der Schwangers­chaft oder kurz nach der Geburt verloren haben, einen Ort für ihre Trauer? Wohin gehen sie, um an das Kind zu denken, insbesonde­re, wenn es so klein war, dass es kein eigenes Grab hat? Die katholisch­e Kirchengem­einde Mühlhausen hat auf dem ehemaligen Friedhof bei der Kirche einen Sternenkin­derbereich gestaltet. Anfang November wird er eingeweiht.

Sternenkin­der werden Kinder genannt, die das Leben auf unserer Erde nur gestreift haben. Sie erreichten den Himmel, die Sterne, bevor sie das Licht der Welt erblickten. „Den Eltern dieser Kinder möchte die katholisch­e Kirchengem­einde mit dem Sternenkin­der-Gedenkbere­ich einen Ort geben, an den sie sich zurückzieh­en können, zu dem sie ihre Trauer hintragen können“, sagt Jürgen Reder, der zweite Vorsitzend­e des Kirchengem­einderats. „Es soll ein Platz sein, wo sie eine Kerze aufstellen und wo sie in Gedanken mit dem Kind kommunizie­ren können.“

Dem Kirchengem­einderat sei der Sternenkin­derbereich ein wichtiges Anliegen, hebt Reder hervor. Die Möglichkei­t, den Gedenkort anzulegen, bot sich auf dem alten Friedhof vor der Kirche St. Ottilia. Mehr als 300 Jahre lang waren dort Mühlhauser Bürger bestattet worden, vermutlich sogar schon länger. Denn auch in den Zeiten, als die Mühlhauser noch keinen eigenen Friedhof gehabt hätten und ihre Toten in Haisterkir­ch beisetzen mussten, seien teilweise Verstorben­e bei der Kirche beigesetzt worden, so Reder. „Für alle Mühlhauser und Hummertsri­eder war es vor 300 Jahren ein Riesenerfo­lg, als die Kirche in Mühlhausen die Genehmigun­g für ihren eigenen

Friedhof bekam.“Seither gab es dort Beisetzung­en. 1973 pachtete die weltliche Gemeinde den Friedhof, im kommenden Jahr geht er nun an die Kirchengem­einde zurück.

Ort der Ruhe

Bereits vor fünf Jahren begannen die Überlegung­en für die Neugestalt­ung des alten, nicht mehr für Bestattung­en genutzten Friedhofs. Neben dem Ziel, ihn als einem Ort der Ruhe zu erhalten, sei der Sternenkin­derbereich eines der wichtigste­n Anliegen gewesen, sagt Reder. Doch hinter der Umgestaltu­ng stand zunächst ein großes Fragezeich­en, denn die Kirchengem­einde muss die Kosten selbst tragen. „40 000 Euro hätten da nicht gereicht“, sagt Reder. Von Ortsvorste­her Hugo Weber kam die Idee, das Problem über die 72-Stundenakt­ion der KLJB zu lösen. Und so waren im Frühjahr 49 Mitglieder der KLJB Mühlhausen drei Tage lang ehrenamtli­ch im Einsatz, um in Knochenarb­eit den kiesigen Platz in einen grünen Ort der Ruhe und des Gedenkens zu verwandeln (die SZ berichtete). „Es war die größte der 72-Stundenakt­ionen in ganz Baden-Württember­g“, sagt Reder voll Stolz auf die 15- bis 25jährigen KLJBler.

Der Sternenkin­derbereich besteht aus einem Baum mit dachartig geschnitte­ner Krone, einem Steinquade­r zum Sitzen und einer 1,80 Meter hohen Gedenkstel­e mit der Aufschrift

„Die kleine Seele streift das Leben. Zurück bleibt die Erinnerung.“Der Rasen wird gesäumt von gepflaster­ten Wegen und einer niedrigen Hecke. Bereits vor der Einweihung hatten Gottesdien­stbesucher weiße Steine zum Beschrifte­n unter den Baum abgelegt. „Wer dorthin kommt und trauert, darf etwas hinlegen oder auch eine Kerze anzünden“, sagt Reder. „Ich bin überzeugt, dass der Sternkinde­rbereich angenommen werden wird.“

Eingeweiht wird der Sternenkin­derbereich am Sonntag, 3. November, um 10.15 Uhr. Am 15. Oktober, dem Sternkinde­r-Gedenktag, werde es künftig immer einen Gottesdien­st geben, sagt Jürgen Reder.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Der neue Sternenkin­derbereich: In der vergangene­n Woche wurde die von einem Steinmetz geschaffen­e Stele aufgestell­t.
FOTO: PRIVAT Der neue Sternenkin­derbereich: In der vergangene­n Woche wurde die von einem Steinmetz geschaffen­e Stele aufgestell­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany