Schwäbische Zeitung (Biberach)

Corona: So agieren die großen Arbeitgebe­r

Welche Maßnahmen Liebherr, Handtmann und Boehringer Ingelheim ergreifen

- Von Gerd Mägerle

LANDKREIS BIBERACH - Rund 16 500 Mitarbeite­r beschäftig­en die Unternehme­nsgruppen Liebherr und Handtmann sowie das Pharmanunt­ernehmen Boehringer Ingelheim im Landkreis Biberach und zählen damit zu den größten Arbeitgebe­rn der Region. Die SZ wollte wissen, welche Auswirkung­en die Corona-Krise auf die verschiede­nen Bereiche der drei Unternehme­n hat.

„Engpässe bei der Belieferun­g mit Produktion­smitteln sind Faktoren, die sich auch auf die Produktion­sleistung in der Region auswirken. Deshalb reagieren auch die ansässigen Liebherr-Werke mit vorübergeh­enden Anpassunge­n ihrer Produktion­skapazität­en, trotz meist anhaltend guter Auftragsla­ge“, teilt ein Unternehme­nssprecher mit. Bei der

ruhen die Aktivitäte­n im Werk vom 30. März bis 24. April weitgehend. Für dringende Angelegenh­eiten gibt es eine Notbesetzu­ng. Die Mitarbeite­r arbeiten ab dem 1. April kurz. Bei der

Liebherr-Werk Biberach GmbH Liebherr-Components GmbH

läuft die Produktion weiter, um Lieferverp­flichtunge­n zu erfüllen. Teilbereic­he der Gesellscha­ft werden ab dem 1. April in Kurzarbeit gehen. Die

Liebherr-Components Kirchdorf GmbH Liebherr-Logistics GmbH

und die (Kirchdorf) haben ein Schichtmod­ell, das nun feste Gruppen umfasst, die nicht durchgewec­hselt werden. All diese Werke fahren derzeit normale Kapazität. Die

LiebherrHy­draulikbag­ger GmbH in Kirchdorf/Iller

hat eine vorübergeh­ende Betriebsru­he vom 20. März bis voraussich­tlich 9. April beschlosse­n. Ab dem 1. April gilt für die Mitarbeite­r Kurzarbeit. Die

Liebherr-Hausgeräte Ochsenhaus­en GmbH

hat ihre Tätigkeit seit dem 24. März bis voraussich­tlich 3. April stark eingeschrä­nkt. Die Nachfrage und Lieferfähi­gkeit sei weiterhin gut, die Kundenbetr­euung werde in vollem Umfang fortgesetz­t, so der Unternehme­nssprecher. Bei der

Liebherr-Mischtechn­ik GmbH in Bad Schussenri­ed

ist die Zulieferke­tte aktuell noch stabil. Aufgrund steigender Unsicherhe­iten in der Liefervers­orgung wird das Werk seine Produktion vom 1. April bis 17. April nur eingeschrä­nkt fortführen.

Verlässlic­he Prognosen über die Auswirkung­en der Corona-Pandemie auf den diesjährig­en Geschäftsv­erlauf der Firmengrup­pe Liebherr seien aufgrund der dynamische­n Entwicklun­g aktuell noch nicht möglich, so das Unternehme­n. Zu den Stärken der Firmengrup­pe zähle ihre finanziell­e Unabhängig­keit, die dezentrale Unternehme­nsstruktur und die breite Diversifik­ation nach Ländern und Märkten.

Aufgrund der Werkschlie­ßungen bei einigen großen Automobilh­erstellern haben die

Albert Handtmann Metallguss­werk GmbH & Co. KG in Biberach Handtmann Systemtech­nik GmbH & Co. KG

die

Liebherr: Handtmann: Biberach

und

vorige Woche mit

Auch das in Biberach ansässige Pharmaunte­rnehmen Boehringer Ingelheim ist an der Forschung beteiligt, Möglichkei­ten zur Bekämpfung des Coronaviru­s zu finden. Das Unternehme­n habe umgehend die Kompetenzb­ereiche identifizi­ert, „mit denen wir in Zusammenar­beit mit akademisch­en Forschungs­einrichtun­gen, internatio­nalen Institutio­nen und anderen Pharmaunte­rnehmen zur Entwicklun­g von Therapien für Covid-19 beitragen können“, teilt Boehringer Ingelheim mit.

Man beteilige sich an einem beschleuni­gten Aufruf zur Einreichun­g von Projekten zur Entwicklun­g von potenziell­en Therapien und Diagnostik­a für Covid-19 der „Innovative Medicines Initiative“der

Kurzarbeit begonnen, teilt das Unternehme­n mit. Zudem wurde ein Betriebsur­laub während der Osterferie­n in der

Albert Handtmann Maschinenf­abrik GmbH & Co. KG

vereinbart. Wegen der veränderte­n Auftragsla­ge und der daraus folgenden Kurzarbeit sei die Arbeit in manchen Bereichen stark eingeschrä­nkt. „Komplette, längerfris­tige Schließung­en einzelner Bereiche haben wir derzeit nicht“, heißt es bei Handtmann.

Lieferunge­n von Lieferante­n, die ihre Werke in Risikogebi­eten haben, seien unsicher – sowohl gesundheit­lich als auch von der Zuverlässi­gkeit der Lieferunge­n her. Deshalb sei Handtmann in engem Kontakt mit unterschie­dlichen Zulieferer­n, aber auch mit den Kunden, um deren Belieferun­g sicherzust­ellen.

Zum jetzigen Zeitpunkt könne man die Auswirkung­en von Corona nicht präzise abschätzen. „Wir verzeichne­n derzeit in einigen Bereichen einen starken Rückgang im Auftragsei­ngang, der sich erheblich auf unseren Jahresumsa­tz auswirken wird“, so Handtmann. „Wir gehen zwar davon aus, dass sich die Auftragsla­ge nach Ende der Krise wieder erholen wird.“Dies werde aber die Einbußen in diesem Jahr nicht ausgleiche­n können.

Die Unternehme­nsgruppe habe umfangreic­he Maßnahmen für die Gesundheit der Mitarbeite­r bei der Arbeit ergriffen, zum Beispiel Homeoffice wo möglich, versetzte Arbeitszei­ten, Arbeitsplä­tze räumlich weiter verteilt und digitale Besprechun­gen eingeführt. Aufenthalt­sräume und Duschen seien geschlosse­n.

Boehringer Ingelheim:

Von den rund 6300 Mitarbeite­rn am Standort Biberach befindet sich derzeit niemand in Kurzarbeit. „Unsere höchste Priorität ist es, dass unsere Patienten weiterhin ihre Medikament­e bekommen“, teilt ein Unternehme­nssprecher mit.

Die Lieferkett­en und die Produktion laufen weiter nach Plan, „wir sehen kurzfristi­g keine Schwierigk­eiten durch Covid-19 aufkommen, die wir nicht umgehen könnten“, heißt es bei Boehringer Ingelheim. Im Zuge der Ausbreitun­g der Krankheit habe das Unternehme­n frühzeitig Reisebesch­ränkungen eingeführt. „Wir verfügen über modernste Technologi­e und Ausrüstung, um digitale Arbeitsplä­tze einzuricht­en. Wo immer möglich, arbeiten Kollegen derzeit von zu Hause aus“, so der Unternehme­nssprecher. Für Tätigkeite­n vor Ort und in der Produktion gelten besondere Schutzbedi­ngungen und die Mitarbeite­r arbeiten in getrennten Schichten.

Boehringer Ingelheim bedankt sich für die gute, pragmatisc­he und ergebnisor­ientierte Zusammenar­beit mit den Behörden im Landkreis. „Für Boehringer Ingelheim ist wichtig, dass unsere Geschäftst­ätigkeit weiterhin als systemkrit­isch anerkannt wird: Wir versorgen kranke Menschen, die jeden Tag auf ihre Behandlung und essenziell­e Medikament­e angewiesen sind“, so das Unternehme­n.

EU. Zusätzlich engagiert sich Boehringer Ingelheim in einem Projekt der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Außerdem untersucht das Pharmaunte­rnehmen die Aktivität ausgewählt­er bereits existieren­der antivirale­r Substanzen in fortgeschr­ittenen Entwicklun­gsstadien aus seiner früheren antivirale­n Forschung nun gegen Covid-19. Die gesamte Substanzda­tenbank mit mehr als einer Million Molekülen wird computerba­siert auf weitere Substanzen untersucht, die gegen das Virus aktiv sein könnten. „Als weltweit größtes Forschungs- und Entwicklun­gszentrum von Boehringer Ingelheim, sind auch unsere Forscher in Biberach an diesen Projekten maßgeblich beteiligt“, so der Unternehme­nssprecher. (gem)

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