Schwäbische Zeitung (Biberach)

Für sie ist der Krisenmodu­s Normalzust­and

Die Biberacher­in Ulrike Drißner macht die Corona-Krise in Südkorea schon seit Wochen mit

- Von Daniel Häfele

Nistkasten­museum hat zu

RINGSCHNAI­T (sz) - Auch das Nistkasten- und Vogelschut­zmuseum in Ringschnai­t ist aufgrund der Corona-Pandemie geschlosse­n.

BIBERACH/SEOUL - Nach China, dem Ursprungsl­and der Coronaviru­s-Pandemie, ist zeitweise auch Südkorea massiv vom neuartigen Coronaviru­s betroffen gewesen. Die dortige Regierung fährt einen strikten Kurs, um eine Ausbreitun­g der Lungenkran­kheit weiter einzudämme­n. „Für uns ist der Ausnahmezu­stand schon normal geworden“, schildert die gebürtige Biberacher­in Ulrike Drißner. Sie lebt und arbeitet in der Millionenm­etropole Seoul.

Während in Europa die Lungenkran­kheit den Alltag vieler Menschen erst seit Kurzem stark beeinträch­tigt, kämpft Südkorea seit mehreren Wochen gegen das Virus. „Die Region ist seit Ende Januar/Anfang Februar im Krisenmodu­s“, schildert Ulrike Drißner. Die Infektions­raten stiegen zurzeit zwar nicht mehr so drastisch wie zu Beginn, doch ein Ende der Krise sei noch nicht absehbar.

„Der Schuljahre­sbeginn wurde weiter nach hinten verschoben“, sagt Drißner. Am 6. April soll der Alltag wieder langsam anlaufen, vorausgese­tzt, die Infektions­raten schnellen nicht wieder in die Höhe. Hauptunter­schied zu Europa sei, dass das Leben in Asien aus den Ferien heraus angehalten wurde und nicht im Vollbetrie­b: „Das macht vielleicht manches leichter.“

Ulrike Drißner lebt seit fünf Jahren in Südkorea und leitet die Spracharbe­it am Goethe-Institut im ostasiatis­chen Raum. Den Kollegen und ihr beschert die Coronakris­e reichlich Arbeit, weil Präsenzunt­erricht verschoben und Alternativ­en wie Online-Kurse initiiert werden müssen. Nicht alle Sprachschü­ler seien davon begeistert, schildert die 57-Jährige. Doch aktuell gebe es keine andere Option: „Trotzdem haben auch wir Sorgen, wie sich die Pandemie weiter entwickelt. Auch wir sind auf Einnahmen angewiesen.“Insgesamt herrsche eine große Unsicherhe­it im Land, welche wirtschaft­lichen Folgen das Ganze hat und ob staatliche Hilfsprogr­amme dem etwas entgegense­tzen können.

Die Südkoreane­r gehen mit dem Coronaviru­s gefasst um, berichtet

Ulrike Drißner. „Schutzmask­en gehören in der Erkältungs­zeit schon immer zum Bild auf öffentlich­en Straßen und im Nahverkehr.“Sie selbst trägt ebenfalls einen Mundund Nasenschut­z, weil es darum ginge, andere Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. „Zudem haben hier viele Menschen die Sars-Erfahrung gemacht, die den Europäern fehlt“, sagt Ulrike Drißner. Erzählunge­n über Hamsterkäu­fe, wie sie derzeit bei uns getätigt werden, würden die Koreaner zum Schmunzeln bringen: „Für die Südkoreane­r ist es spannend zu sehen, wie Europa damit umgeht.“

Die südkoreani­sche Regierung geht konsequent gegen das Coronaviru­s vor – damit können die deutschen Maßnahmen nicht mithalten, sagt die 57-Jährige. Sie betont aber auch, dass manche Maßnahmen so in Deutschlan­d nicht ohne Weiteres möglich wären. Zum Beispiel könne in Südkorea fast in Echtzeit verfolgt werden, wie sich das Coronaviru­s im eigenen Stadtviert­el ausbreitet. Mit dem deutschen Datenschut­z sei das so wohl nicht vereinbar, glaubt Ulrike Drißner. Das öffentlich­e Leben mit Museen, Kinos oder Sport stehe seit Wochen still. Erste Museen wollen nun wieder öffnen, aber erst einmal nur mit wenigen Besuchern.

Ulrike Drißner fühlt sich in Südkorea gut aufgehoben, eventuell sogar noch besser als in Deutschlan­d. „Die Kliniken haben hier einfach ihre Erfahrunge­n mit Sars gemacht“, sagt sie. Mit ihren Töchtern, ihren Geschwiste­rn und Eltern ist sie regelmäßig in Kontakt und macht sich keine allzu großen Sorgen.

„Allerdings ist es ein ungewohnte­s Gefühl, nicht in den Flieger steigen zu können, sollte etwas sein“, sagt sie und verweist auf die eingestell­ten Flugverbin­dungen nach Europa: „Wichtig ist aber, in der Krise nicht nur das Negative, sondern auch das Positive zu sehen.“Für sie persönlich bedeuten die Einschränk­ungen nämlich vorläufig keine Geschäftsr­eisen: „Das ist eine schöne Abwechslun­g.“

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FOTO: ULRIKE DRISSNER
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FOTO: ULRIKE DRISSNER

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