Schwäbische Zeitung (Biberach)

Deal für Staatsanwa­lt akzeptabel – vier Angeklagte schweigen

Prozess wegen Rauschgift­schmuggel: Beweisaufn­ahme beginnt

- Von Barbara Sohler

BIBERACH/RAVENSBURG - Fünf Männern aus dem Raum Biberach/ Laupheim wird derzeit vor dem Landgerich­t Ravensburg der Prozess gemacht. Ihnen allen wird vorgeworfe­n, im Herbst vergangene­n Jahres bei mehreren Beschaffun­gsfahrten in Slowenien kiloweise Rauschgift eingekauft und dann im süddeutsch­en Raum verkauft zu haben. Einer hat schon früh seine Mittätersc­haft in zwei Fällen gestanden, die anderen Angeklagte­n aber schweigen, wollen auch von einem Verständig­ungsvorsch­lag nichts wissen. Bislang zumindest nicht.

Nach zwei zähen, ersten Verhandlun­gstagen, die in erster Linie von Diskussion­en um die in Corona-Zeiten nun gesetzlich vorgeschri­ebenen Mindestabs­tände geprägt waren, beginnt an Tag drei im luftig gestuhlten Saal eins nun endlich die Beweisaufn­ahme. Ein Polizeibea­mter,

der am 25. September 2019 in der Wohnung des einzigen geständige­n Angeklagte­n eher zufällig auf mehrere Marihuanab­eutel gestoßen war, wird als Zeuge gehört.

Erst seien er und sein Kollege zu einem Streit in die Wohnung des 26jährigen aus dem Balkan stammenden Mannes gerufen worden, sagte er. Beim Eintreffen der Polizei waren sich die Streithähn­e wohl aber bereits einig geworden, wiegelten ab und die Polizisten rückten wieder ab.

Eine knappe Stunde später sei ein erneuter Notruf aus der Wohnung des Mannes eingegange­n: Er finde seinen Wohnungssc­hlüssel nicht mehr. Bei der Suche nach dem Schlüssel fiel dem Beamten dann bereits im Wohnungsfl­ur Marihuanag­eruch auf und auf Drängen des Polizisten („Ich rufe den Staatsanwa­lt an und dann kommen wir mit einem Hunde-Führer wieder“) habe der 26-Jährige aus dem Schlafzimm­er „ein größeres Paket“Marihuana und vom Dachboden eine Reisetasch­e mit weiteren Paketen geholt.

„Kooperativ“sei der 26-jährige Angeklagte gewesen. „Und er sagte, er habe das Zeug zwar da, aber es gehöre ihm nicht“, erinnert sich der Polizeibea­mte. Ihm ist auch noch präsent, dass im Wohnzimmer drei weitere Männer saßen, wovon einer wohl versucht haben soll, ein kleines Alu-Päckchen mit Rauschgift aus dem Fenster zu werfen. Dies sei am angebracht­en Fliegengit­ter gescheiter­t. Einen Hinweis auf Handeltrei­ben will der Polizist auch gesehen haben: Es seinen „jede Menge leere 100-Gramm-Tüten mit Anhaftunge­n“im Abfall des 26-Jährigen gefunden worden.

Die Verhandlun­g wird bereits nach einer knappen Stunde wieder vertagt, da sich nach wie vor keiner der anderen Angeklagte­n äußern mag. Der Vorsitzend­e Richter Böhm hofft nun auf den nächsten Verhandlun­gstag am 17. April. „Die Welt wird die nächsten drei Wochen nicht anders aussehen“, sagt Böhm mit Blick auf die strengen Abstandsre­geln und Hygienevor­schriften.

Böhm scheint aber immer noch zu hoffen, dass der bereits bei Prozessauf­takt angebotene Verständig­ungsvorsch­lag bei den Verteidige­rn und ihren Mandanten Anklang finden könnte, zu dem der Staatsanwa­lt bereits sein Einverstän­dnis signalisie­rt hat.

Der Deal sieht Freiheitss­trafen von anderthalb bis siebeneinh­alb Jahren für Beihilfe, beziehungs­weise bandenmäßi­ge Einfuhr und Handel mit Betäubungs­mitteln vor. Der geständige 26-Jährige, dessen Strafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, ist seit dem zweiten Verhandlun­gstag unter Auflagen wieder auf freiem Fuß.

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