Schwäbische Zeitung (Biberach)
UEFA droht Belgien, DFL glaubt an Saisonende im Juni
Der Saisonabbruch der belgischen Liga erzürnt UEFA-Chef Ceferin, die DFL erwägt Modelle, wie sie spielen kann
BRÜSSEL (dpa/SID) - UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hat den Saisonabbruch im belgischen Profifußball scharf kritisiert und mit einem Ausschluss aus dem Europacup gedroht. „Ich denke, das ist nicht der richtige Weg. Solidarität ist doch keine Einbahnstraße. Man kann nicht nach Hilfe fragen und dann einfach selbst entscheiden, wie es gerade passt“, sagte der Slowene in einem ZDF-Interview. „Ich muss sagen: Die Belgier und andere, die jetzt vielleicht darüber nachdenken, riskieren ihre Teilnahme am Europapokal in der nächsten Saison.“
In einem Brief, aus dem die Nachrichtenagentur AP zitierte, hatte die Europäische Fußball-Union ihren Mitgliedsverbänden in der CoronaKrise von einem Abbruch der nationalen Ligen zum jetzigen Zeitpunkt abgeraten. Man sei „zuversichtlich, dass Fußball in den kommenden Monaten zu den Bedingungen der Behörden wieder starten kann und jede Entscheidung,
die inländischen Wettkämpfe aufzugeben, zu diesem Zeitpunkt verfrüht und nicht gerechtfertigt ist“, hieß es in dem Schreiben.
Die belgische Pro League hatte am Donnerstag als erste große Liga weltweit entschieden, die Saison nach 29 von 30 Hauptrunden-Spieltagen abzubrechen und auf die Play-offs zu verzichten. Der FC Brügge soll zum Meister proklamiert werden.
Die UEFA arbeitet derzeit wie die FIFA (siehe Bericht oben) daran, mit den europäischen Ligen eine Lösung für das Saisonende zu finden. Europa League und Champions League stecken in der K.o.-Phase fest. Möglicherweise sollen die Wettbewerbe im Juli oder August beendet werden.
„Fußball ist absolut nicht das Gleiche ohne Fans als mit Fans. Aber es ist auf jeden Fall besser, Fußball ohne Zuschauer zu spielen und ihn zurück im Fernsehen zu haben, als überhaupt nicht. Das wollen doch die Leute, das bringt positive Energie zu ihnen nach
Hause. Und es wird wohl Juli, August. Im September oder Oktober können wir das nicht mehr ausspielen“, sagte Ceferin im ZDF.
Der frühere VfB-Trainer Hannes Wolf vom belgischen Ligasiebten KRC Genk sagte, er hätte nicht mit einem sofortigen Abbruch der belgischen Pro League gerechnet. „Dass bereits jetzt so klar entschieden wurde, kam schon überraschend. Ich kann jeden verstehen, der noch ein bisschen wartet mit der Entscheidung. Ich kann die Entscheidung aber absolut nachvollziehen“, sagte Wolf und sah das große Ganze. „Vor einigen Wochen war mit so einem Szenario noch nicht zu rechnen. Man muss die Situation im Gesamtkontext betrachten. Und in diesem geht es um die Gesundheit der Menschen. Wichtig ist, dass das Leben weitergeht und der Fußball überlebt“, sagte Wolf.
Angesichts weltweit neuer Infektionen könnten die Lösungen für (fast) alle Probleme aber eigentlich nur Corona-Schnelltests sein. Dann, und nur dann, wären nämlich die Szenarien denkbar, über die seitens der MDR-Sendung „Sport im Osten“spekuliert wird: Tests alle drei Tage, ein Verzicht auf eine etwaige Quarantäne des gesamten Kaders und die Vorschrift zu spielen, auch wenn dafür nur 13 Feldspieler und zwei Torhüter zur Verfügung stehen. Die DFL dementierte derartige Gedankenspiele. „Die Taskforce hat ihre Arbeit aufgenommen, es liegen aber noch keine Ergebnisse vor“, sagte ein Sprecher.
Dortmunds Geschäftsführer HansJoachim Watzke beschwichtigte: „Der Fußball wird immer alle behördlichen Vorgaben einhalten. Wir können natürlich nicht unsere eigenen Regeln machen, das ist klar. Wir richten uns nach den Beschlüssen der Politik.“DFL-Boss Christian Seifert sagte vieldeutig: „Wir glauben, dass wir es hinbekommen, die Saison auf einigermaßen regulärem Weg bis zum 30. Juni zu Ende zu spielen.“Womöglich könnte die Saison dank der Anstrengungen der FIFA auch verlängert werden (siehe Bericht oben) – das würde Spielraum schaffen.