Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein Hoffnungsschimmer in der Krise
Bund und Steinbeis-Stiftung starten Beratungsangebot, um Unternehmen auf den Restart vorzubereiten
RAVENSBURG - Winfried Küppers blickt mit Sorge auf die Entwicklungen in China. Obwohl dort die Wirtschaft nach dem Lockdown wieder angelaufen ist, funktioniere bei Weitem noch nicht alles wieder nach Plan. „Die Firmen haben massive Probleme, ihre Aufträge zu erfüllen. Es gibt große Lieferengpässe und einen Fachkräftemangel durch die vielen Krankheits- und Todesfälle“, sagt der Vertriebsanalyst der SteinbeisStiftung des Landes Baden-Württemberg. „Jetzt wird erst einmal die heimische Wirtschaft bedient. Firmen aus Europa, die bereits Aufträge getätigt haben, werden diese wohl nie erhalten.“
Um ähnlich Probleme in Deutschland zu verhindern und Unternehmen auf die Zeit nach der CoronaKrise vorzubereiten, hat der Bund zusammen mit der Steinbeis-Stiftung am Freitag einen weiteren Baustein zur Zukunftssicherung der Unternehmen bis 250 Mitarbeiter beschlossen: Ab dem heutigen Dienstag können Firmen Beratungsgutscheine im Wert von 6000 Euro in Anspruch nehmen. Die landeseigene Stiftung erhöht die vom Bund beschlossene Förderung von 4000 Euro freiwillig um 2000 Euro. „Wir wollen helfen, etwas Ruhe in diese aufreibende Phase reinzubringen“, sagt Küppers im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Steinbeis-Stiftung, die den Zweck hat, der gesamten Wirtschaft Baden-Württembergs wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen, wird Unternehmen beratend zur Seite stehen und Unterstützung zu Themen wie KfW-Kreditanträge, neue Geschäftskonzepte in der Krise, Kundenkommunikation oder Planung des Restarts geben. Denn, das betont Küppers mehrfach, eine richtige Vorbereitung auf die Zeit nach dem Lockdown sei extrem wichtig: „Wir gehen davon aus, dass man bis zu drei Monate gewinnt, wenn man proaktiv handelt und nicht erst, wenn die Wirtschaft wieder hochgefahren wird.“
Nach Ansicht von Küppers werde der Restart nicht linear in allen Branchen und Zulieferstufen gleichzeitig erfolgen. „Entscheidend für den gelungenen Restart ist, dass man bereits vorher und noch in der Krise einen sehr guten Kontakt zu den Kunden aufbaut, damit der Restart planbar wird“, sagt der Vertriebsanalyst, denn: „Nur weil irgendwann die Schulen wieder geöffnet werden, heißt das noch nicht, dass sofort wieder Autos gekauft oder Fernreisen gebucht werden.“
Hierbei will die Steinbeis-Stiftung mit vorerst 40 Beratern den Unternehmen unter die Arme greifen, um notwendige Umstrukturierungen wie Kurzarbeit, Homeoffice, geänderte Produktionszeiten und neue Prozesse möglichst problemlos zu etablieren. Ein Anrecht auf die Beratung, die dank der Förderung von Bund und Land für die Unternehmen komplett kostenlos ist, haben alle Firmen von einem bis zu 250 Mitarbeitern, „wenn sie Auswirkungen der Corona-Krise spüren“, erklärt Winfried Küppers. Das ist etwa bei Umsatzeinbrüchen der Fall oder der Einführung von Kurzarbeit, aber auch schon, wenn aufgrund der Pandemie im Homeoffice gearbeitet wird. Da nahezu alle Wirtschaftszweige von den aktuellen Einschränkungen betroffen sind, rechnet die SteinbeisStiftung mit mehreren tausend Anträgen auf Beratung. Küppers sieht dennoch keine Engpässe und verspricht, dass alle Anträge ab Ostern innerhalb von 48 Stunden bearbeitet werden.
Geplant sind Videokonferenzen mit mehreren Firmen, aber auch individuelle Beratungen über mehrere Tage und Wochen hinweg, in denen die Unternehmen ihre Fragen beantwortet bekommen. Dabei ist es der Landesstiftung besonders wichtig, auch auf die Chancen hinzuweisen, die die aktuelle Situation mit sich bringt. „Die Krise ist ein enormer Weckruf für die Wirtschaft“, sagt Küppers. „Das ist ein riesiger Wandel, der da gerade passiert. Den gilt es zu nutzen.“Der Vertriebsanalyst nennt drei wesentliche Punkte, die sich nun verändern werden. Erstens: der Einsatz neuer Medien. „Oft ist gerade der Widerstand der Mitarbeiter gegen neue Entwicklung recht groß. Jetzt müssen alle mitziehen.“Zweitens: zeiteffizientere Arbeit. Durch Videokonferenzen oder die Kommunikation über Messenger-Dienste, fielen derzeit viele lange Besprechungen weg, unnötige Fahrten würden vermieden. Drittens: eine Regulierung der Preise. „Unternehmen, die im Preiskampf Leistungen zu Dumpingpreisen angeboten haben, werden die Krise wahrscheinlich nicht überleben. Dadurch wird der B2B-Markt gesunden.“Auch lohne es sich für Firmen jetzt, nach neuen Zulieferern aus der EU oder im besten Fall aus Deutschland Ausschau zu halten, um für künftige Krisen besser gerüstet zu sein.
Winfried Küppers ist davon überzeugt, dass die Steinbeis-Stiftung bei der Umsetzung vielen Firmen helfen kann.„Ich bin täglich in Gesprächen mit Geschäftsführern. Natürlich haben viele gerade große Angst. Aber die Bereitschaft, sich zu verändern, ist gerade im Mittelstand extrem hoch.“
Das Hilfsprogramm läuft vorerst bis Ende des Jahres. „Daran sieht man, dass es voraussichtlich noch eine ganze Weile dauern wird, bevor die Wirtschaft wieder voll hochgefahren ist“, sagt Küppers. „Umso wichtiger ist es, richtig vorbereitet zu sein.“