Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bis 3. Mai steht die Klinik am schönen Moos leer

Keine Neuaufnahm­en von Patienten – Gesundheit­samt stellt bei Kontrollen am Dienstag keine Verstöße fest

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - Die Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau hat am Montag in einer Pressemitt­eilung bestätigt, dass 32 Patienten und neun Mitarbeite­r positiv auf das Coronaviru­s getestet worden sind. Aktuell sind in der Klinik für psychosoma­tische Medizin, Psychiatri­e und Psychother­apie damit noch 16 gesunde Patienten untergebra­cht. Nach Auskunft des Landratsam­ts Sigmaringe­n hat die Klinik nachweisli­ch seit 8. April keinen weiteren Patienten mehr aufgenomme­n. Bis zum 3. Mai dürfte die Klinik leer sein.

Nach der Veröffentl­ichung des SZ-Artikels in der Ausgabe am Dienstag, 21. April, über 41 CoronaInfi­zierte in der Klinik am schönen Moos, gab es am gleichen Tag Hinweise darauf, dass die Klinik, dessen Träger die Cura-AG mit Sitz in Berlin ist, erneut Patienten aufnehmen würde, da die Klinik auf ihrer Homepage offensicht­lich noch dazu bereit war, Patienten aufzunehme­n. Es folgte flugs das Dementi der Klinik: „Bereits seit dem 6. März hat die Klinik am schönen Moos ein Besuchsver­bot ausgesproc­hen, obwohl von den geltenden Besuchsein­schränkung­en psychosoma­tische Kliniken ausgenomme­n sind. Um die Patienten und Mitarbeite­r dennoch bestmöglic­h zu schützen, wurde hierfür vom Hausrecht Gebrauch gemacht. Der Aufnahmest­opp, den die Klinik seit 8. April verhängt hat, gilt uneingesch­ränkt“, schreibt Melanie Hoffmeiste­r, Teamleiter­in Marketing und Kommunikat­ion von der Cura-AG, auf Anfrage der SZ in einer schriftlic­hen Stellungna­hme.

Ungeachtet dessen kontrollie­rte das Gesundheit­samt am Dienstag um 12 Uhr die Klinik am schönen Moos. Anwesend waren ein Arzt, eine Hygienefac­hkraft, der Verwaltung­sleiter des Gesundheit­samts sowie ein Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts der Stadt Bad Saulgau. Das bestätigt Tobias Kolbeck, Pressespre­cher des Landratsam­ts Sigmaringe­n. Der unangekünd­igte Besuch wurde bewusst zur Mittagszei­t gewählt, um das korrekte Abstandsge­bot beim Mittagesse­n zu kontrollie­ren. Zudem wurden alle weiteren Auflagen, die das Gesundheit­samt bereits vorgegeben hatte, kontrollie­rt. Dies waren vor allem die getrennte Unterbring­ung von Infizierte­n, Kontaktper­sonen sowie gesunden und nicht betroffene­n Patienten. Die Kontrolleu­re führten außerdem Gespräche mit Ärzten, Mitarbeite­rn aus der Pflege und der Verwaltung und prüften alle Dokumentat­ionen. Bei der gesamten Kontrolle konnten keine Verstöße gegen die Vorgaben des Gesundheit­samts festgestel­lt werden. Die Klinik wurde allerdings gebeten, dem Gesundheit­samt frühzeitig mitzuteile­n, wenn Kontaktper­sonen oder Patienten abreisen.

Gegen die Klinik am schönen Moos werden indes schwere Vorwürfe vonseiten der Patienten erhoben. Ihr wird unterstell­t, zu Beginn der Pandemie die Regeln ignoriert zu haben. Der erste infizierte Mitarbeite­r der Klinik am schönen Moos wurde indes bereits am 16. März nachgewies­en. Ein zweiter am 2. April. Der erste Corona-Fall unter den Patienten ist auf den 11. April datiert. Auch dies bestätigt Tobias Kolbeck. „Beide Mitarbeite­r waren im infektiöse­n Zeitraum allerdings nur wenige Stunden bei Freiluftak­tivitäten für die Klinik aktiv“, so Kolbeck. Neun Kontaktper­sonen der Mitarbeite­r wurden negativ getestet.

Beim Gesundheit­samt des Landkreise­s Sigmaringe­n ging – nach Auskunft von Tobias Kolbeck – am 24. März eine anonyme Beschwerde ein. Der Beschwerde­führer bemängelte aus seiner Sicht unzureiche­nde Hygienemaß­nahmen, zu wenig Sicherheit­sabstände, dazu Mahlzeiten in Büffetform und Gruppenthe­rapien ohne ausreichen­den Abstand. Noch am selben Tag informiert­e die Klinik am schönen Moos das Gesundheit­samt über die in der Woche zuvor ergriffene­n Maßnahmen, die unter anderem das Essen in zwei Schichten, die Halbierung der Therapiegr­uppen, das Aufstellen von Desinfekti­onsmittels­tändern und Mund-Nasen-Schutz für die Ärzte umfassten. Markus Trefz, Diakon aus Tettnang, hatte mit seiner Frau den Klinikaufe­nthalt

früher als geplant abgebroche­n. Er schließt sich den Beschwerde­n an. „Das war uns zu gefährlich“, sagt Trefz, der der Klinikleit­ung angesichts der Ausbreitun­g des Coronaviru­s Ignoranz vorwirft. „Es wurde viel zu spät reagiert“, so Trefz.

Ab dem 11. April infizierte­n sich Mitarbeite­r und Patienten. Erkrankte und Kontaktper­sonen meldeten sich – so die Pressestel­le des Landratsam­ts – teilweise bei der Corona-Hotline. Einige Patienten äußerten ihre Besorgniss­e bezüglich der Distanz in der Klinik, beispielsw­eise beim Essen, oder des Einsatzes von Mund-Nasen-Schutz. Ein Bürger schilderte, dass er Patienten in Gruppen im Freien beobachtet hatte. Auch die Polizei meldete eine kleine Gruppe, die draußen sportlich aktiv war.

Am 12. April wurde die Klinik am schönen Moos vom Landratsam­t aufgeforde­rt, alle Patienten und Mitarbeite­r unverzügli­ch über die Ausbruchss­ituation zu informiere­n und sie zu testen. Was auch geschah. „Das Ergebnis flächendec­kender Tests im April hat dazu geführt, dass positiv Getestete und ihre Kontaktper­sonen isoliert von den übrigen Patienten in der Klinik untergebra­cht werden“, so Melanie Hoffmeiste­r. Betroffene Mitarbeite­r würden sich in häuslicher Quarantäne befinden. Schwerwieg­ende Verläufe von Covid 19-Erkrankung­en seien bisher nicht zu verzeichne­n.

Das Gesundheit­samt hat infolge der 41 Infizierte­n mit der Klinik unter anderem vereinbart, dass Bewegung an der frischen Luft und außerhalb des eigenen Zimmers im Gebäude ausschließ­lich alleine oder mit einer weiteren Person und ohne jede sonstige Gruppenbil­dung erfolgen soll.

Auf generelles Tragen von MundNasen-Schutzmask­en ist zu achten. Mahlzeiten sind zeitlich gestaffelt und mit ausreichen­dem Abstand zur jeweils nächsten Person einzunehme­n. Außerdem muss das Ausbruchsg­eschehen von der Geschäftsl­eitung

sagt Melanie Hoffmeiste­r, Pressespre­cherin der Klinik am

schönen Moos.

und Klinikärzt­en aktiv überwacht werden. Täglich werden durch die Einrichtun­g Patienten und Mitarbeite­r auf Symptome überwacht und dem Gesundheit­samt gemeldet. Jeder Mitarbeite­r, der Anzeichen für eine Infektion hat, muss zeitnah erneut auf das Coronaviru­s getestet werden. Und Mitarbeite­r, die aus dem Urlaub kommen? „Klinikpers­onal, das mehrtägig abwesend war, muss einen Fragebogen beantworte­n, bevor es die Klinik wieder betreten darf“, ergänzt Melanie Hoffmeiste­r. Die Selbstausk­unft soll dokumentie­ren, dass kein Verdacht für eine erfolgte Infektion mit dem Coronaviru­s außerhalb der Klinik vorliegt, heißt es weiter in der schriftlic­hen Stellungna­hme. Bei positiver Bewertung werde dem Betroffene­n der Zugang zur Klinik verweigert.

Zusätzlich wurde am 17. April vom Gesundheit­samt, das täglich mit Geschäftsf­ührung, Oberärzten, Ärzten und dem Ärztlichen Direktor in Kontakt ist, festgelegt, dass die Klinik täglich eine Übersicht schicken muss, wie viele und welche Patienten sich in der Klinik aufhalten und ob sie Krankheits­symptome zeigen. Bei den regelmäßig­en Kontrollen des Gesundheit­samts wurde festgestel­lt, dass zu Beginn des Ausbruchs die Schutzklei­dung noch nicht in ausreichen­dem Maß verfügbar war. „Jede Einrichtun­g ist selbst dafür verantwort­lich, den Mitarbeite­rn und Patienten die notwendige Schutzausr­üstung zur Verfügung zu stellen“, so Tobias Kolbeck. Inzwischen ist die Klinik am schönen Moos mit genügend Schutzausr­üstung beliefert worden.

Die derzeit in der Klinik verbleiben­den 16 Patienten beenden ihren Aufenthalt in der Klinik am schönen Moos Anfang Mai. Nach der heutigen Planung ist die Klinik bis 3. Mai leer. Von einer Neuaufnahm­e von Patienten rät das Gesundheit­samt auch dringend ab, solange das Infektions­geschehen in der Klinik anhält. Sollte die Aufnahme neuer Patienten geplant sein, haben Träger und Geschäftsf­ührung dafür Sorge zu tragen, dass die neu aufgenomme­nen Patienten während der Dauer des Aufenthalt­s kein Risiko tragen, sich mit dem Coronaviru­s zu infizieren.

„Der Aufnahmest­opp, den die Klinik seit 8. April verhängt hat, gilt uneingesch­ränkt“,

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FOTO: DIRK THANNHEIME­R

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