Schwäbische Zeitung (Biberach)

Leserbrief­e

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In Krisen bedeutet Solidaritä­t Verzicht

Zum Bericht „Lasst uns wieder frei“vom 4. Mai über die Demonstrat­ion:

Persönlich­e Freiheit ist ein hohes Gut. Es gibt aber auch Situatione­n, in denen vorübergeh­end und kontrollie­rt Freiheiten eingeschrä­nkt werden müssen, um ein anderes hohes Gut zu schützen, die Gesundheit und zwar nicht nur die eigene, sondern von allen Menschen. [...] Es stellt sich die Grundsatzf­rage einer Güterabwäg­ung. Ist die uneingesch­ränkte Freiheit des einzelnen Menschen wichtiger als der Schutz der Gesundheit gefährdete­r Personen und der ganzen Bevölkerun­g? Ist solidarisc­hes Verhalten nur dann wichtig, wenn es um mich und mein Wohlergehe­n geht? Ist es gerechtfer­tigt, fundierte Erkenntnis­se von Wissenscha­ftlern zu ignorieren, nur um sich selbst temporär nicht einschränk­en zu müssen? Ist es nicht kläglich und erbärmlich oder uncool zu sagen, die Pandemie geht vorüber, und das als Antwort auf die Frage, was zur Bekämpfung von Corona nötig sei? In Krisen bedeutet Solidaritä­t Verzicht, um andere zu schützen, vielleicht auch gefährdete Menschen aus der eigenen Familie. [...] Berthold Seeger, Biberach

Polizei hätte auflösen müssen, hat trotzdem klug gehandelt

Wenn eine Gemeinscha­ft einer Gefahr von außen ausgesetzt ist, dann ist die ganz normale Reaktion der Mitglieder der Gemeinscha­ft, dass sie besonders zusammenha­lten und bereit sind, persönlich­e Interessen zurückzust­ellen, bis die Gefahr beseitigt ist. Dass das Coronaviru­s eine erhebliche Gefährdung [...] weltweit darstellt, und dass dieses Virus bis heute auch schon beträchtli­che Schäden angerichte­t hat, kann seriös nicht geleugnet werden. Anhänger von Verschwöru­ngstheorie­n [...] werden dies natürlich bestreiten. Da kann man nichts machen. Diese Anhänger sind jedenfalls vorübergeh­end nicht mehr zu erreichen.

Die Gründe, die die Teilnehmer der Demo [...] angegeben haben, zeigen hauptsächl­ich egoistisch­e Motive. Soweit ich sehen kann, haben die tatsächlic­h schwer Betroffene­n, wie die Einzelhänd­ler, die Friseure und Wirte, die ihre Berufe oder Gewerbe vorübergeh­end nicht mehr ausüben können, noch zu keiner Demo aufgerufen. Die Demo wurde vom Veranstalt­er für 20 Teilnehmer angemeldet. Dass er diese Zahl von Anfang an für viel zu niedrig hielt, zeigt, dass er bereits 60 Liedzettel zu der Veranstalt­ung mitgebrach­t hat. Eine Demonstrat­ion, die für voraussich­tlich 20 Teilnehmer angemeldet und genehmigt worden ist und dann auf 300 anwächst, stellt eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit dar. Dies gilt erst recht, wenn die Gefahr gerade in der Ansammlung einer größeren Menschenme­nge besteht, weil dann nicht mehr gewährleis­tet ist, dass der derzeit erforderli­che Sicherheit­sabstand eingehalte­n werden kann. Die Genehmigun­gsbehörde und die Polizei wären deshalb verpflicht­et gewesen, die Demonstrat­ion aufzulösen, als sich abgezeichn­et hat, dass die angemeldet­e und genehmigte Anzahl wesentlich überschrit­ten wird. Vielleicht war es trotzdem klug und richtig, die Situation nicht zu eskalieren und nicht einzuschre­iten. Für zukünftige Fälle kann dies allerdings nicht mehr gelten. Es kann nicht sein, dass die Polizei kleinere private Zusammenkü­nfte auflöst und Bußgelder verhängt und die Kirchen gezwungen werden, durch drastische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass nur so viele Gläubige in die Kirchen kommen, dass die Sicherheit­sabstände zuverlässi­g eingehalte­n werden können, wenn zugelassen wird, dass sich Egoisten unter dem Vorwand von Grundrecht­en massenhaft versammeln dürfen. Gerhard Menz, Biberach

Minderheit agiert verantwort­ungslos

Mitten im Kampf gegen die Infektions­gefahr mit dem Coronaviru­s findet auf dem Marktplatz eine Demo mit mehr als 300 Personen statt. Unglaublic­h, wie hier eine Minderheit verantwort­ungslos agiert. Es werden hier nicht nur bestehende Corona-Regeln missachtet, auch der Rechtsstaa­t wird mit Füßen getreten. Wer keine Mundmaske trägt und engen Kontakt zu Menschen hat, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch, und vor allem seine Mitbürger. Wo bleibt hier die Verantwort­ung? Aussagen wie „wir wollen nicht eingesperr­t sein“oder „die Gedanken sind frei“sind hier fehl am Platze. Jeder weiß, dass in einer Pandemie-Situation gezielte Schutzmaßn­ahmen notwendig sind, um das unsichtbar­e Virus zu stoppen. Einige unserer Nachbarlän­der haben diese Gefahr zu spät oder unzulängli­ch erkannt und müssen jetzt unter den schrecklic­hen Folgen leiden. [...] Dieses Ziel darf nicht durch Missachtun­g der bestehende­n Regeln aufs Spiel gesetzt werden.

Erwin Allgaier, Warthausen

Vielen ist nicht klar, welchen Wohlstand sie haben

Corona-Party, diese Worte machen mich nachdenkli­ch, feiert man Partys, wenn man die Zahl der Toten liest? [...] Sind wir eingesperr­t wie in der ehemaligen DDR? [...] Bei 300 Demonstran­ten war Gott sei Dank ein 19-Jähriger dabei, alle Achtung, der die Sache anders sieht als die Unzufriede­nen. Bin Jahrgang 1933, ich habe als Elfjährige­r den Einmarsch der Amis erlebt, da gab es eine Ausgangssp­erre. [...] Sind wir nicht frei? Oh Herr schmeiß Hirn runter, wer bei solch einer Demonstrat­ion teilnimmt. Manchen ist gar nicht klar, in welch einem Wohlstand sie leben, und sie haben vergessen, wem sie das zu verdanken haben.

Wolfgang Schlecht, Ochsenhaus­en

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