Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Liebe hilft auch dem Torspieler
Pro-Keeper-Akademie Oberschwaben veranstaltet erstes digitales Seminar
BAD SAULGAU/RIEDLINGEN - Die Corona-Krise macht kreativ. Nachdem die Pro-Keeper-Akademie Oberschwaben (Proka) den Torspielertag im Frühjahr und das Torspielertrainerseminar coronabedingt abgesagt hat, hat die Stiftung der Brüder Thomas Deutsch und Hubert Deutsch Wissen zum Thema mentales Training erstmals in digitaler Form vermittelt.
Die Mentaltrainer Tobias Meyer und Heiner Boos aus München führten die angemeldeten Torspielertalente aus ganz Oberschwaben im Rahmen einer digitalen Schaltkonferenz in die Methoden des mentalen Trainings ein. Sie erhielten dabei prominente Unterstützung wie zum Beispiel von Pascal Zuberbühler, Ex-Nationaltorhüter der Schweiz und inzwischen Verantwortlicher des Weltverbandes Fifa für die Torhüterausbildung, Fabian Giefer, Bundesligatorspieler beim FC Augsburg, Promi-Schiedsrichter Urs Meier aus der Schweiz und Mentaltrainer Thomas Baschab. Ebenfalls mit von der Partie: Felix Kielkopf (1. FC Heidenheim, 1. FC Nürnberg, FV Illertissen), der neuer Dozent der Torwarttrainerausbildung der Proka wird.
Das virtuelle Seminar war aufgebaut wie ein Fußballspiel. 90 Minuten inklusive Halbzeitpause, Nachspielzeit und Verlängerung. Giefer und Zuberbühler schilderten zunächst den Umgang mit mentalem Training aus der eigenen Karriere. Beide betonten die Wichtigkeit dieser Komponente, auch wenn Zuberbühler sagte: „Als ich 1992 meinen ersten Profivertrag unterschrieben habe, musste ich einfach nur die Bälle halten.“„Zubi“, einst Profi bei Clubs in der Schweiz, Deutschland (2000/01 Leverkusen) und England sowie 51-facher Schweizer Nationalspieler (WM 2006, EM 2008), betonte das gesteigerte Anforderungsprofil und die psychische Belastung der Torspieler aufgrund des „modernen Torhüterspiels“.
Das eigentliche Seminar wurde vom ehemaligen Schweizer FifaSchiedsrichter Urs Meier, der selbst in Marbella vor seinem PC saß, angepfiffen („Ich habe selbst als Torhüter begonnen, war aber zu schlecht und bin auf Rechtsaußen gewechselt und schließlich Schiedsrichter geworden.“).
Tobias Meyer, Mentaltrainer aus München, der in der Marketingbranche arbeitet, und Heiner Boos, ebenfalls Mentaltrainer und als Unternehmensberater tätig, führten durch das Seminar. Sie hatten mehrere Punkte herausgearbeitet, gaben so einen Einblick ins mentale Training und forderten die Seminarteilnehmer immer wieder auf, interaktiv mitzuarbeiten. Sie benannten die Rolle des Torspielers und seine besondere Stellung, zogen hierbei auch einen ihrer eigenen Lehrmeister heran: Thomas Baschab, seit vielen Jahren als Mentaltrainer im deutschen Spitzensport tätig, unter anderem im Fußball (VfB Stuttgart), Biathlon, Tennis und Ski (alpin und nordisch). Baschab erzählte vom Patzer seines Schützlings Sven Ulreich, der als Vertreter von Manuel Neuer 2017/2018 eine herausragende Saison gespielt, aber das Halbfinalaus in der Champions League gegen Real Madrid verschuldet habe. „Wenn du nicht in der Lage bist, das zu verarbeiten, darfst du dich nicht in die Kiste stellen.“Manuela Deutsch, selbst Mentalcoach, gab in der „Halbzeit“Ernährungstipps.
Boos und Meyer forderten die teilnehmenden Talente auf, zu benennen, was das Torhüterspiel so besonders mache. So mussten die Talente in ein Koordinatensystem einzeichnen, wie eine normale Karriere verlaufe, und arbeiteten heraus, dass oftmals die Tiefpunkte für echte Karrieresprünge verantwortlich zeichneten. „Ein Problem ist für uns etwas Positives, sonst wäre es ein Anti-blem“, sagte und schrieb Boos. „Es gilt, das beste daraus zu machen“, ergänzte Meyer. Anhand des Golden Circle von Simon Sinek von Apple, der das „Warum“ins Zentrum stellt, forderte das Coachingduo die Teilnehmer auf: „Think different – denkt anders. Wir fordern den Status Quo heraus. Wir tun etwas, weil wir es lieben.“Und Thomas Baschab ergänzte: „Wenn ich es aus Liebe mache, fällt es mir leicht. Dann verzeihst du dir auch Fehler. Wenn es nicht einfach geht, geht es einfach nicht.“
Abschließend gingen Heiner Boos und Tobias Meyer mit den Teilnehmern noch das Thema tierische Mobilisationstechniken an („Ich schlüpfe in einen Adler und einen Leoparden und fühle mich so, habe seine Eigenschaften“) und vermittelten die Arbeit mit einem „gefühlten“Thermometer, um sich zu beruhigen oder eben auf Betriebstemperatur zu bringen.
Mitinitiator Thomas Deutsch zog ein positives Fazit: „In diesem Seminar ging es uns primär darum, Impulse zu setzen und auch einen Überblick zu geben. Die Resonanz für unser erstes digitales Torspieler-Event war riesig und nach dem Event sind bei uns ausschließlich positive Rückmeldungen eingegangen. In den folgenden Seminaren in den kommenden Wochen wollen wir dann ins Detail gehen“, kündigte Deutsch eine Fortsetzung des neuen Moduls an. Los geht es bereits am kommenden Samstag.