Schwäbische Zeitung (Biberach)
Zu kurzfristig gedacht
Die Duale Ausbildung ist ein deutscher ExportHit. Überall auf der Welt gibt es Versuche, diese strukturierte Verknüpfung aus Praxis und Theorie zu imitieren. Genau dieser Erfolg gerät mancherorts und in manchen Branchen nun ins Wanken. Etliche Betriebe im Südwesten geben ihren Azubis während der CoronaPandemie zu wenig oder gar keine Zeit, dem Fernunterricht ihrer Berufsschule zu folgen. Wie viele von den rund 200 000 Azubis im Südwesten betroffen sind, kann niemand beziffern. Doch jeder Betroffene ist einer zuviel.
Ob das an Personalnot liegt, oder am Misstrauen, dass die Schüler chillen statt zu lernen, ist unerheblich. Das kurzfristige Denken mancher Arbeitgeber schadet ihnen nachhaltig. Niemand hat etwas davon, wenn die Lehrzeit wegen nicht bestandener Prüfungen verlängert wird. Oder wenn der Azubis grobe Wissensmängel hat.
Falls die Betriebe das nicht einsehen, muss die Politik nachschärfen. Vielleicht wäre auch eine Ombudsperson hilfreich, an die sich die Azubis mit diesen Problemen wenden können.
An Eisenmann, die Kammern und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) appelliert Granacher-Buroh: „Wir müssen aufpassen, dass das zweite Lehrjahr nicht unter die Räder kommt.“Gerade für die, die im nächsten Schuljahr ihren Abschluss machen, brauche es dringend klare Regeln zur Freistellung, falls der Fernunterricht nach dem Sommer weitergehen sollte. „Da wünschen sich die Schulen eine klare Ansage, dass das Berufsschulzeit ist.“Peter Lehles Wunsch an die Betriebe: Sie sollten ihren Azubis ein Endgerät geben, falls die keins haben. Denn „Lernen hängt sehr von der häuslichen Situation ab“.