Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Keinen Hinweis auf Übertragung durch Mücken oder Zecken“
RAVENSBURG - Ob sich Menschen durch Mückenstiche, im Freibad oder durch Lebensmittel mit SarsCoV-2 anstecken können, erklärt Virologe Professor Thomas Mertens im Gespräch mit Daniel Hadrys.
In den Frühlings- und Sommermonaten steigt die Zahl der Mücken. Nicht nur eingewanderte Arten können Krankheitserreger übertragen, auch die heimische Stechmücke beispielsweise trägt das West-Nil-Virus weiter. Gilt das auch für Sars-CoV-2?
Es gibt weltweit keinen Hinweis darauf, dass Sars-CoV-2 durch Mücken oder allgemeiner auch durch Parasiten übertragen werden kann. Das Besondere bei den Viren, die normalerweise über Mücken oder Zecken übertragen werden, wie bei Gelbfieber oder FSME, ist, dass sich diese Viren sowohl im Menschen als auch in den jeweiligen Insekten/ Parasiten vermehren können. Es gibt aber keinerlei Hinweise darauf, dass sich Sars-CoV-2 in Insekten/Parasiten vermehren kann. Hinzu kommt, dass die Mücken bei ihrer Blutmahlzeit Viren aufnehmen. Bei Sars-CoV-2-Infektionen gibt es keinen längeren Zeitraum einer sogenannten Virämie, also dem Vorhandensein des infektiösen Virus im Blut nach der Infektion.
Und wie groß ist das Infektionsrisiko im Wasser von Freibädern – sobald Freibadbesuche wieder möglich sind?
Es wurde zwar gelegentlich SarsCoV-2 in Abwässern von chinesischen Krankenhäusern während der Epidemie nachgewiesen, aber es gibt keinen Hinweis auf eine VirusÜbertragung durch Wasser, weder durch die Trinkwasserversorgung, noch durch Wasser aus Schwimmbädern, Seen, und so weiter. In Oberflächengewässern wurden bislang nie Sars-CoV-2 nachgewiesen. Experimentell wird das Virus im Wasser recht rasch inaktiviert, deutlich schneller bei 230 als bei 40 Grad Grad Celsius. Chlor ist gut wirksam zur Inaktivierung. Man muss auch den ungeheuren Verdünnungseffekt im Wasser bedenken, der bereits eine Übertragung extrem unwahrscheinlich macht.
In verschiedenen Schlachtbetrieben wurden Hunderte Mitarbeiter positiv auf das neue Coronavirus getestet. Müssen sich Konsumenten Sorgen machen vor einer möglichen Übertragung durch das Fleisch?
Wie in Folge 14 vom 7. April berichtet, wurden bereits in China Experimente zur Infektion von Tieren vorgenommen. Dabei konnte gezeigt werden, dass Katzen und Frettchen infizierbar sind, Hühner und Schweine aber keine Wirte für Sars-CoV-2 sind. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Riems hat jetzt ähnliche Versuche durchgeführt und bestätigt, dass Hühner und Schweine nicht infiziert werden konnten. Vom Schweinefleisch geht kein Infektionsrisiko für den Menschen aus. Die Infektionen in den Schlachtbetrieben sind Infektionen zwischen den dort arbeitenden Menschen. Im FLI wurde übrigens auch gefunden, dass Fledermäuse und Frettchen gut infiziert werden können und dass Frettchen sich auch gegenseitig infizieren können, ohne zu erkranken. Das macht Frettchen geeignet für Impfstoffversuche.