Schwäbische Zeitung (Biberach)
Friedrichshafens Trainer glaubt nicht an Berlin-Umzug
Beim deutschen Meister sprechen sie von einem Wechsel in die polnische Volleyballliga
FRIEDRICHSHAFEN - Die Liga ist schon länger beendet, einen Meister hat es in dieser Saison in der abgebrochenen Volleyball-Bundesliga nicht gegeben. Doch auch ohne Sport sind die Berlin Recycling Volleys seit einigen Tagen Gesprächsthema. Der deutsche Meister will laut Geschäftsführer Kaweh Niroomand in die polnische Liga wechseln. Beim Rivalen VfB Friedrichshafen sind die Gerüchte bekannt, Trainer Michael Warm spricht aber von „Sommerloch“und „gutem Marketing“.
Dass die Berliner, zuletzt sieben Jahre in Folge Meister, die Bundesliga tatsächlich in naher Zukunft verlassen sollten, glaubt Warm nicht. „Der europäische Verband hat solchen Plänen in der Vergangenheit immer schnell einen Riegel vorgeschoben“, meint Friedrichshafens Trainer. Dem „Tagesspiegel“hatte Berlins Manager Kaweh Niroomand gesagt: „Jetzt sind die Pläne so konkret wie nie.“Gespräche mit der polnischen Liga habe es gegeben, „wir erhielten eine positive Reaktion“, sagte Niroomand. Ein Wechsel nach Polen, wo der Volleyball einen größeren Stellenwert als in Deutschland besitzt, sei aber nicht unbedingt realistisch, musste der Berliner Manager gestehen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es mit einem Wechsel klappt, ist nicht so groß.“
Daher glaubt Warm, dass die Berliner mit ihren öffentlichen Vorstößen vor allem im Gespräch bleiben wollen. „Dass Berlin mit der Bundesliga Streit hat, weil sie nach dem Abbruch der Saison nicht Meister geworden sind, ist bekannt“, sagt Warm. „Für mich ist es gutes Marketing.
Berlin bleibt im Gespräch und füllt das Sommerloch.“
Niroomand befürchtet, die Liga werde „nach Corona schwächer sein“und seine Mannschaft könne „dort nicht mehr vorankommen“. So gebe es für Berlin zwei Möglichkeiten: „Entweder wir gehen einen neuen Weg oder wir schrauben zurück.“Um Topspieler wie den russischen Zuspieler Sergej Grankin für einen Wechsel nach Berlin begeistern zu können, brauchen die Hauptstädter nach eigener Aussage mehr internationale Aufmerksamkeit. Eine Bundesliga, in der sich die Berliner mit wenigen Ausnahmen kaum gefordert fühlen, passt da nicht ins Bild. Und da kommt Polen ins Spiel – wo Volleyball medial eine viel größere Reichweite hat als in Deutschland.
Warm hat die Befürchtungen einer schwächeren Bundesliga nicht. Auch nicht nach dem Verlust von gleich drei Mannschaften. Das Aus des TV Rottenburg bewertet der VfB-Trainer zwar als „sehr schade“, der Rückzug der Volleys Eltmann habe sich aber abgezeichnet. „Sie waren ja sportlich eh Letzter“, sagt Warm. Und die Hypo Tirol Alpen Volleys aus Unterhaching und Innsbruck seien ein Projekt über drei Jahre gewesen. „Das war ein gutes Team, aber da hat man auch gesehen, dass es schwierig ist, bei zwei Standorten eine Identifikation mit den Fans zu schaffen“, meint Warm. „An der Spitze der Liga hat sich durch die Rückzüge kaum etwas verändert.“
Für die neue Saison hat Warm unter anderem Frankfurt und Düren verstärkt auf der Rechnung. „Lüneburg baut eine neue Halle, Herrsching ist ebenfalls ambitioniert“, meint der VfB-Trainer. Nicht zu vergessen sei seine Mannschaft: „Ich sehe bei uns gute Ansätze.“Klar ist für Warm bei alldem aber: „Berlin ist in den vergangenen Jahren enteilt, wir müssen versuchen, dranzubleiben.“Mehr Spannung würde den Berlinern sicher gefallen – sonst werden sie andere Themen finden.