Schwäbische Zeitung (Biberach)
Zwischen Vorfreude und Verdruss
Die Frauenfußball-Bundesliga startet an diesem Freitag wieder – Melanie Leupolz lobt „Alleinstellungsmerkmal“
KÖLN (SID/dpa) - 89 Tage nach dem bislang letzten Punktspiel startet auch die Frauen-Bundesliga wieder. Den Auftakt nach der Corona-Pause macht der alte und wohl auch neue deutsche Meister VfL Wolfsburg. Doch auch bei den Frauen wird die Vorfreude von Misstönen getrübt.
Dabei hat es schon was: Schneller als Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo können Melanie Leupolz, Alexandra Popp und Co. wieder loslegen. Den Restart der FrauenfußballBundesliga feiern die einen als „historischen Moment“mit enormer Signalwirkung, andererseits wächst vor dem Anpfiff am Freitag das Lager der besorgten Kritiker. Als europaweit erste Frauenliga nimmt die deutsche Eliteklasse in der Corona-Krise den Spielbetrieb wieder auf. Los geht es an diesem Freitag (14 Uhr/DFB-TV) mit dem Duell des bislang ungeschlagenen Titelverteidigers und Tabellenführers VfL Wolfsburg gegen den Vorletzten 1. FC Köln.
Nationalspielerin Melanie Leupolz aus Ratzenried im Allgäu sieht den Restart der Frauen-Bundesliga als „super Werbemaßnahme“für die deutsche Eliteklasse. „Wir haben wirklich ein Alleinstellungsmerkmal in Europa, vielleicht sogar weltweit“, sagte die Kapitänin von Bayern München. Dass die Fußballerinnen ihre Saison fortsetzen dürfen, empfindet die 26-Jährige, die zur kommenden Spielzeit zum FC Chelsea wechselt, als „großes Privileg“. Ihre anfängliche Skepsis, ob ein Restart basierend auf dem detaillierten Hygienekonzept des Männerfußballs in der Frauen-Bundesliga möglich sei, habe sie größtenteils abgelegt. „Ich mache mir um mich und unsere Mannschaft überhaupt gar keine Sorgen“, sagte die Olympiasiegerin über sich und ihre Teamkolleginnen wie die Ailingerin Giulia Gwinn: „Ich mache mir eher Sorgen um andere Mannschaften, die das Konzept vielleicht gar nicht so weit umsetzen können, oder Mannschaften, die noch gar kein Teamtraining machen konnten.“
Da ist nämlich etwa der Fall Jena. Dem USV ist in Thüringen bis zum 5. Juni kein Mannschaftstraining erlaubt. Das sieglose Schlusslicht bestreitet seine einwöchige Quarantäne ab Samstag im hessischen Grünberg und steigt verspätet in den Ligabetrieb ein. Die Spielerinnen wehrten sich gegen das Mammutprogramm in den sozialen Netzwerken. Bei Weitem nicht alle Spielerinnen in der „Profiliga“, wie sie Wolfsburgs Trainer Stephan Lerch nennt, sind tatsächlich Profis. Häufig wird nebenbei gearbeitet, studiert oder die Schulbank gedrückt. „Es sind viele Spielerinnen, die sich jetzt Urlaub nehmen müssen“, sagte Sharon Beck vom SC Freiburg dem SWR zur einwöchigen Hotel-Quarantäne.
Der Zuschuss von 300 000 Euro für die sechs Bundesligisten ohne Anbindung an einen Erst- oder Zweitligisten aus dem Männerfußball (Jena, Sand, Duisburg, Essen, Potsdam, Frankfurt) hatte dem Restart angesichts von Mehrkosten für Quarantäne und engmaschigen Tests den Weg geebnet. Elf der zwölf Erstligisten hatten für die Fortsetzung gestimmt. DFB-Präsident Fritz Keller, geschunden von den Grabenkämpfen der 3. Liga bei den Männern, rühmte die Geschlossenheit, die der Liga eine „Vorreiterrolle im internationalen Frauenfußball“bescherten – endlich mal wieder. Denn die starken Ligen in England, Spanien oder Frankreich haben die Saison abgebrochen. Und so wird das Comeback von Leupolz, Gwinn und Co. beispielsweise live im schottischen Free-TV ausgestrahlt. „Jetzt bekommen wir eine große Plattform“, sagte Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter des VfL Wolfsburg, dem NDR.