Schwäbische Zeitung (Biberach)
Streit um die Kaufprämie für Verbrenner
SPD dagegen, Scheuer und Kretschmann dafür – Koalition verhandelt über Konjunkturpaket
BERLIN - An diesem Dienstag treffen sich die Spitzen von Union und SPD im Kanzleramt, um das große Konjunkturprogramm zur Bewältigung der Corona-Folgen zu beschließen. Besonders umstritten ist eine Kaufprämie nicht nur für Elektroautos, sondern auch für Verbrenner. Dafür plädierte am Montag Verkehrsminister Andreas Scheuer. Lange vor dem Coronavirus habe man eine Kaufprämie für die alternativen Antriebe vereinbart, sagte der CSU-Politiker der Funke Mediengruppe. Jetzt könne es nur darum gehen, weitere Fahrzeuge mit einer Prämie zu versehen, „auch die modernen Verbrenner“. Ähnlich argumentierte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er sagte zu seiner Forderung nach einer Prämie auch für Autos mit Benzin- und Dieselmotor: „Man kann eine Branche nicht hochziehen, wenn man nur einen kleinen Teil ihrer Produkte fördert.“Unterstützung kam von Industrie-Präsident Dieter Kempf, der auf die Zulieferer verwies, die von der Autoindustrie abhängig seien.
Dagegen forderte Wolfgang Schäuble (CDU) eine Ausrichtung auf Klima, Digitalisierung und Innovation. „Einfach nur Kaufprämien für die Automobilindustrie wären als Antwort ein bisschen arg fantasielos“, sagte der Bundestagspräsident der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Auch der Deutsche Industrieund Handelskammertag (DIHK) äußerte sich skeptisch: Deutschland brauche „branchenübergreifende Hilfen zur Überbrückung“, heißt es in einem Fünf-Punkte-Programm. Maschinenbau-Präsident Carl Martin Welcker lehnte die
Unterstützung einzelner Branchen nachdrücklich ab: Autokaufprämien „wirken selektiv, diskriminieren andere Produkte und erzeugen Mitnahmeeffekte“. Auch die SPD-Spitzenpolitiker Sören Bartol und Matthias Miersch lehnen die Kaufprämie ab. Wer der Automobilbranche nachhaltig helfen wolle, müsse „Investitionen in die Zukunft freisetzen“.
Die SPD möchte beim heutigen Treffen der Koalition vor allem auf Hilfen für Familien dringen und auf den von ihr ins Spiel gebrachten Familienbonus von 300 Euro pro Kind pochen.