Schwäbische Zeitung (Biberach)
Tausende Festnahmen und Trump im Bunker
In vielen US-Städten kommt es zu Chaos und Gewalt – US-Präsident muss sich in Sicherheit bringen
WASHINGTON (dpa) - Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis kommen die USA nicht zur Ruhe. Die sechste Nacht in Folge gab es Demonstrationen. In mehreren Großstädten schlugen sie in Ausschreitungen um. In New York, wo Tausende auf den Straßen waren, kam es in der Nacht zu Montag zu Plünderungen und zahlreichen Festnahmen. In Boston brannten Autos. Auch in Los Angeles und Philadelphia wurden Geschäfte ausgeraubt. In der Hauptstadt Washington gab es ebenfalls Randale.
Die Proteste richten sich gegen Polizeigewalt, Brutalität und Ungerechtigkeit gegenüber Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Auslöser war der Tod des 46 Jahre alten Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am Montag vergangener Woche.
Der Fernsehsender CNN berichtete, seither seien landesweit etwa 4000 Menschen bei Protesten festgenommen worden. Mindestens 40 Städte haben nächtliche Ausgangssperren verhängt. Davon betroffen sind etwa zehn Millionen Menschen. Mehrere Bundesstaaten haben angesichts der Proteste die Nationalgarde mobilisiert. Diese gehört zur Reserve der Streitkräfte und kann in Ausnahmesituationen zu Hilfe gerufen werden.
In New York nahmen vor allem in den Stadtvierteln Brooklyn und Manhattan bis zu 6000 Menschen an Protesten teil, wie örtliche Medien unter Berufung auf Behörden berichteten. Einige Demonstranten hätten Glasflaschen und Müll auf Polizisten geworfen, Autos angezündet und Feuer in Mülleimern gelegt. Die Manhattan Bridge zwischen Brooklyn und Manhattan musste vorübergehend gesperrt werden.
In Washington zogen Demonstranten am Sonntagabend (Ortszeit) erneut vors Weiße Haus. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Demonstranten skandierten „Kein Frieden ohne Gerechtigkeit“. Am Freitag musste Präsident Donald Trump deshalb zeitweise Schutz in einem Bunker suchen, wie US-Medien übereinstimmend aus Trumps Umfeld berichteten.
In Minneapolis fuhr am Sonntag ein Tankwagen auf einer Autobahn mit Tausenden Demonstranten in eine Menschenmenge. Der Fahrer sei festgenommen worden, teilten die Behörden mit. Die Hintergründe waren zunächst unklar. Verletzt wurde offenbar niemand.
Trump forderte demokratische Bürgermeister und Gouverneure zum Durchgreifen auf. Auf Twitter schrieb er: „Legen Sie eine härtere Gangart ein.“Der republikanische
Präsident macht linksradikale Gruppen für die Ausschreitungen verantwortlich, ohne jedoch Belege dafür zu liefern. Er kündigte an, die Antifa als Terrororganisation einstufen zu lassen. Details ließ er offen. Die Antifa hat keine zentrale Führungsoder Organisationsstruktur. Zum Antifaschismus bekennen sich in den USA zahlreiche unterschiedliche linke und auch linksradikale Gruppen.
Ein Sohn des Getöteten rief dazu auf, Gewalt zu vermeiden. In einem TV-Interview mit dem Sender KBTX appellierte Quincy Mason Floyd an die Demonstranten, friedlich zu bleiben.
Der weiße Polizist, der für den Tod seines Vaters verantwortlich gemacht wird, soll am 8. Juni vor Gericht für eine Anhörung vorgeführt werden, wie CNN berichtete. Ihm wird Mord zur Last gelegt.