Schwäbische Zeitung (Biberach)
Fitnessstudios gehen wieder an den Start
Unter strengen Auflagen dürfen Mitglieder wieder trainieren – Wie groß wird der Ansturm?
BIBERACH/REGION - Die Rückenmuskulatur stärken, die Beine trainieren oder den Oberkörper in Form bringen – ab diesem Dienstag ist das wieder in den Fitnessstudios in Baden-Württemberg möglich. Eine ganze Reihe an Hygieneregeln hat die Politik den Betreibern auferlegt, deren Umsetzung auf Hochtouren läuft. Viele Mitglieder, darunter auch all jene, die der Gesundheit wegen ein regelmäßiges Training brauchen, warten sehnsüchtig auf die Wiederöffnung. Schwer einzuschätzen ist, wie groß der Ansturm sein wird.
Dort, wo vor Corona noch Kurse über die Bühne gingen, haben nun weitere Geräte Platz gefunden, um den Mindestabstand von eineinhalb Metern zu gewährleisten. Die orangefarbenen Kurs-Matten dagegen liegen jetzt einen Stock tiefer in der geräumigen Tennishalle. „Tennisspielen wird künftig nur noch draußen möglich sein“, erläutert Vita-Sport-Inhaberin Brunhilde Schubert (Warthausen). „Wenn man so will, war das eine Entscheidung zugunsten unserer FitnessMitglieder.“Kompromisse wie diese müssen derzeit viele eingehen, um überhaupt wieder öffnen zu dürfen.
Seit elf Wochen sind die Studios im Südwesten geschlossen. „Einige haben unter der Schließung richtig gelitten“, schildert Brunhilde Schubert und hat dabei vor allem die im Blick, die mit regelmäßiger Bewegung ihre Schmerzen in den Griff bekommen möchten. Für die Wiedereröffnung hat die Landesregierung mehrere Regeln festgezurrt. Vieles ist mit Abstandgebot, Dokumentationspflicht und Desinfektion zwar wieder möglich, anderes ist laut Corona-Verordnung aber weiterhin zu unterlassen.
So sind hochintensive Ausdauerbelastungen in geschlossenen Räumen untersagt. Duschräume, Wellnessund Saunabereiche bleiben mit Ausnahme der Toiletten gesperrt. Zudem sollten sich Mitglieder daheim umziehen und nicht im Fitnessstudio. Einen Mund-Nasen-Schutz müssen Mitglieder während des Trainings nicht tragen. „Wo wir den Mindestabstand zwischen den Geräten nicht einhalten können, wollen wir mit Plexiglaswänden arbeiten beziehungsweise werden wir Geräte sperren“, sagt Rainer Fimpel, Geschäftsführer des Biberacher Studios „Impuls“.
Um die Zahl der Besucher zu steuern, möchte er eine App an den Start bringen. Mitglieder können sich festgelegte Zeitfenster reservieren und in Echtzeit sehen, wie viele sich im Studio aufhalten. So seien auch weiterhin spontane Besuche möglich, erläutert Fimpel. „Ich spiele schon länger mit dem Gedanken einer Studio-App. Die jetzige Situation hat das Projekt beschleunigt.“Natürlich könne man sich auch per Telefon erkundigen.
Die Sportfabrik in Mittelbiberach hat bereits eine App, in der Mitglieder die Auslastung sehen können. Anmeldungen seien vorerst nicht notwendig, wie Christian Borst vom Leitungsteam
erläutert. Man wolle erst einmal abwarten, wie die ersten Tage laufen: „Ich habe keine Ahnung, ob alle auf einmal kommen oder ob es sich gut verteilt.“Einerseits könnten Homeoffice und Pfingstferien zu einer Entspannung führen, andererseits könnten gerade deshalb viele nach Ablenkung suchen.
Brunhilde Schubert geht eher von einem ruhigen Start aus, weshalb sie es in der ersten Woche ebenfalls ohne Termine probieren möchte. Sie beruft sich dabei auf die Erfahrungen eines Kollegen in Nordrhein-Westfalen, wo die Studios schon länger offen haben: „Eine Einschätzung ist aber schwer.“Vielleicht möchte der ein oder andere seine Lebensweise ändern, um „aus der Corona-Risikogruppe herauszukommen“. Andere könnten dagegen aus Angst fern bleiben.
Für die Kurse müssen sich die Teilnehmer in allen drei Studios verpflichtend anmelden. Auch, weil hier die Zahl der Teilnehmer je nach Raumgröße beschränkt ist. Überall achten die Inhaber darauf, dass jeder Teilnehmer mindestens zehn Quadratmeter für sich hat und bei den Einheiten auf der Matte bleibt. Falls möglich, sollen Kurse auch an der frischen Luft stattfinden. Die Inhaber sehen sich für die Wiederöffnung gut gerüstet und betonen, dass sie die Hygienemaßnahmen und Schutzvorkehrungen ernst nehmen. Daher appellieren sie auch an die Kunden, sich an die neuen Spielregeln zu halten.
Ob die Öffnung der Studios zu spät kommt? Das möchten die Betreiber nicht bewerten, halten diesen Schritt aber für dringend notwendig. Denn auch die Fitnessstudios stehen unter großem finanziellen Druck. Mit Online-Kursen, Videos oder Personaltraining-Einheiten versuchten sie, die Kunden bei Laune zu halten. Doch manche setzten ihre Beiträge aus, weil sich ihr Einkommen im Zuge von Kurzarbeit schmälerte. Soforthilfe, Kurzarbeit und treue Mitglieder halfen den Fitnessstudios durch die Krise, gleichzeitig mussten sie aber für die Auflagen Geld in die Hand nehmen – mit der Anschaffung von weiteren Desinfektionsmittelspendern, Trennwänden oder Aufklebern.
Des Weiteren steigt künftig der personelle Aufwand, weil im laufenden Betrieb noch mehr gereinigt werden muss und die Abstände zu kontrollieren sind. Vor diesem Hintergrund fällt es den Inhabern schwer zu sagen, wie lange sie mit diesen Maßnahmen leben können. „Wir sind dankbar, dass wir wieder loslegen dürfen“, fasst es Rainer Fimpel zusammen. „Aber natürlich ist unser Wunsch, dass die Beschränkungen baldmöglichst wieder vereinfacht werden.“Alle müssten flexibel bleiben und immer wieder prüfen, was notwendig ist: „In zwei Wochen kann vieles auch wieder anders aussehen.“
Ein Video zu diesem Thema finden Sie unter www.schwäbische.de/ corona-fitness-bc