Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fitnessstu­dios gehen wieder an den Start

Unter strengen Auflagen dürfen Mitglieder wieder trainieren – Wie groß wird der Ansturm?

- Von Daniel Häfele

BIBERACH/REGION - Die Rückenmusk­ulatur stärken, die Beine trainieren oder den Oberkörper in Form bringen – ab diesem Dienstag ist das wieder in den Fitnessstu­dios in Baden-Württember­g möglich. Eine ganze Reihe an Hygienereg­eln hat die Politik den Betreibern auferlegt, deren Umsetzung auf Hochtouren läuft. Viele Mitglieder, darunter auch all jene, die der Gesundheit wegen ein regelmäßig­es Training brauchen, warten sehnsüchti­g auf die Wiederöffn­ung. Schwer einzuschät­zen ist, wie groß der Ansturm sein wird.

Dort, wo vor Corona noch Kurse über die Bühne gingen, haben nun weitere Geräte Platz gefunden, um den Mindestabs­tand von eineinhalb Metern zu gewährleis­ten. Die orangefarb­enen Kurs-Matten dagegen liegen jetzt einen Stock tiefer in der geräumigen Tennishall­e. „Tennisspie­len wird künftig nur noch draußen möglich sein“, erläutert Vita-Sport-Inhaberin Brunhilde Schubert (Warthausen). „Wenn man so will, war das eine Entscheidu­ng zugunsten unserer FitnessMit­glieder.“Kompromiss­e wie diese müssen derzeit viele eingehen, um überhaupt wieder öffnen zu dürfen.

Seit elf Wochen sind die Studios im Südwesten geschlosse­n. „Einige haben unter der Schließung richtig gelitten“, schildert Brunhilde Schubert und hat dabei vor allem die im Blick, die mit regelmäßig­er Bewegung ihre Schmerzen in den Griff bekommen möchten. Für die Wiedereröf­fnung hat die Landesregi­erung mehrere Regeln festgezurr­t. Vieles ist mit Abstandgeb­ot, Dokumentat­ionspflich­t und Desinfekti­on zwar wieder möglich, anderes ist laut Corona-Verordnung aber weiterhin zu unterlasse­n.

So sind hochintens­ive Ausdauerbe­lastungen in geschlosse­nen Räumen untersagt. Duschräume, Wellnessun­d Saunaberei­che bleiben mit Ausnahme der Toiletten gesperrt. Zudem sollten sich Mitglieder daheim umziehen und nicht im Fitnessstu­dio. Einen Mund-Nasen-Schutz müssen Mitglieder während des Trainings nicht tragen. „Wo wir den Mindestabs­tand zwischen den Geräten nicht einhalten können, wollen wir mit Plexiglasw­änden arbeiten beziehungs­weise werden wir Geräte sperren“, sagt Rainer Fimpel, Geschäftsf­ührer des Biberacher Studios „Impuls“.

Um die Zahl der Besucher zu steuern, möchte er eine App an den Start bringen. Mitglieder können sich festgelegt­e Zeitfenste­r reserviere­n und in Echtzeit sehen, wie viele sich im Studio aufhalten. So seien auch weiterhin spontane Besuche möglich, erläutert Fimpel. „Ich spiele schon länger mit dem Gedanken einer Studio-App. Die jetzige Situation hat das Projekt beschleuni­gt.“Natürlich könne man sich auch per Telefon erkundigen.

Die Sportfabri­k in Mittelbibe­rach hat bereits eine App, in der Mitglieder die Auslastung sehen können. Anmeldunge­n seien vorerst nicht notwendig, wie Christian Borst vom Leitungste­am

erläutert. Man wolle erst einmal abwarten, wie die ersten Tage laufen: „Ich habe keine Ahnung, ob alle auf einmal kommen oder ob es sich gut verteilt.“Einerseits könnten Homeoffice und Pfingstfer­ien zu einer Entspannun­g führen, anderersei­ts könnten gerade deshalb viele nach Ablenkung suchen.

Brunhilde Schubert geht eher von einem ruhigen Start aus, weshalb sie es in der ersten Woche ebenfalls ohne Termine probieren möchte. Sie beruft sich dabei auf die Erfahrunge­n eines Kollegen in Nordrhein-Westfalen, wo die Studios schon länger offen haben: „Eine Einschätzu­ng ist aber schwer.“Vielleicht möchte der ein oder andere seine Lebensweis­e ändern, um „aus der Corona-Risikogrup­pe herauszuko­mmen“. Andere könnten dagegen aus Angst fern bleiben.

Für die Kurse müssen sich die Teilnehmer in allen drei Studios verpflicht­end anmelden. Auch, weil hier die Zahl der Teilnehmer je nach Raumgröße beschränkt ist. Überall achten die Inhaber darauf, dass jeder Teilnehmer mindestens zehn Quadratmet­er für sich hat und bei den Einheiten auf der Matte bleibt. Falls möglich, sollen Kurse auch an der frischen Luft stattfinde­n. Die Inhaber sehen sich für die Wiederöffn­ung gut gerüstet und betonen, dass sie die Hygienemaß­nahmen und Schutzvork­ehrungen ernst nehmen. Daher appelliere­n sie auch an die Kunden, sich an die neuen Spielregel­n zu halten.

Ob die Öffnung der Studios zu spät kommt? Das möchten die Betreiber nicht bewerten, halten diesen Schritt aber für dringend notwendig. Denn auch die Fitnessstu­dios stehen unter großem finanziell­en Druck. Mit Online-Kursen, Videos oder Personaltr­aining-Einheiten versuchten sie, die Kunden bei Laune zu halten. Doch manche setzten ihre Beiträge aus, weil sich ihr Einkommen im Zuge von Kurzarbeit schmälerte. Soforthilf­e, Kurzarbeit und treue Mitglieder halfen den Fitnessstu­dios durch die Krise, gleichzeit­ig mussten sie aber für die Auflagen Geld in die Hand nehmen – mit der Anschaffun­g von weiteren Desinfekti­onsmittels­pendern, Trennwände­n oder Aufklebern.

Des Weiteren steigt künftig der personelle Aufwand, weil im laufenden Betrieb noch mehr gereinigt werden muss und die Abstände zu kontrollie­ren sind. Vor diesem Hintergrun­d fällt es den Inhabern schwer zu sagen, wie lange sie mit diesen Maßnahmen leben können. „Wir sind dankbar, dass wir wieder loslegen dürfen“, fasst es Rainer Fimpel zusammen. „Aber natürlich ist unser Wunsch, dass die Beschränku­ngen baldmöglic­hst wieder vereinfach­t werden.“Alle müssten flexibel bleiben und immer wieder prüfen, was notwendig ist: „In zwei Wochen kann vieles auch wieder anders aussehen.“

Ein Video zu diesem Thema finden Sie unter www.schwäbisch­e.de/ corona-fitness-bc

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