Schwäbische Zeitung (Biberach)

Hubschraub­er jagen auf Mallorca Strandbesu­cher

Umstritten­er Kampf gegen Corona – Balearenre­gierung will nächtliche Partys unterbinde­n

- Von Ralph Schulze

MADRID - „Ab 20 Uhr kommen die Hubschraub­er und mischen alles auf “, berichtet eine deutsche Mallorca-Bewohnerin auf Facebook. „Sie machen einen Höllenlärm.“Die Folge dieses allabendli­chen PolizeiLuf­teinsatzes: „Total verängstig­te und schreiende kleine Kinder.“Auf Videos sieht man, wie Polizeihub­schrauber in der Abenddämme­rung im Tiefflug über die Küsten und Inselsträn­de fliegen.

Seit die Regionalre­gierung der Balearisch­en Inseln, zu denen Mallorca und Ibiza gehören, die Strände nachts gesperrt hat, kontrollie­rt die Polizei das Verbot aus der Luft. „Räumen Sie den Strand“, tönt es aus dem Lautsprech­er eines fliegenden Einsatzkom­mandos, das in der Bucht der Inselhaupt­stadt Palma unterwegs ist. Und: „Ab 21 Uhr sind die Strände geschlosse­n.“

Die Sperrung der Strände ist die neuste Maßnahme der Balearenre­gierung, um die Ausbreitun­g der Corona-Epidemie auf Mallorca unter Kontrolle zu bekommen. Vor einigen Tagen hatten die Inselpolit­iker beschlosse­n, dass von 21 Uhr bis sieben Uhr morgens niemand die Playas betreten darf. Mit der Strand-Sperrstund­e sollen nächtliche Partys unterbunde­n werden.

Nach Erkenntnis­sen der Experten gehören nächtliche Strandfies­tas, bei denen meist viel Alkohol fließt und alle Hygienereg­eln ignoriert werden, zu den großen Corona-Risikoerei­gnissen. Aus ähnlichem Grund hatten die Behörden bereits Teile des Ballermann-Vergnügung­sviertels an der Playa de Palma trockengel­egt. Auch Diskos und Nachtbars wurden deswegen inselweit dichtgemac­ht.

In den letzten Monaten musste die Polizei immer wieder gegen Massenfest­e zu nachtschla­fenden Zeiten vorgehen und Geldstrafe­n verhängen. Weil dies aber offenbar die Partylaune nicht trübte und die Infektions­raten weiterhin besorgnise­rregend hoch sind, wurden nun auch die Strände in den Nachtstund­en geschlosse­n. Damit folgt Mallorca dem Beispiel anderer spanischer Urlaubshoc­hburgen an der Festlandkü­ste. So wurden zum Beispiel an der Costa del Sol oder an der Costa Blanca die Playas ebenfalls zum nächtliche­n Sperrgebie­t erklärt.

Die „Mallorca Zeitung“, Sprachrohr der deutschspr­achigen Inselresid­enten, titelte mit kritischem Unterton: „Die Polizei verscheuch­t die Strandbesu­cher auf Mallorca per Hubschraub­er.“Offenbar wolle die Polizei mit diesen Lufteinsät­zen Stärke demonstrie­ren, um die Menschen

dazu zu bewegen, „die Gefahr einer weiteren Ausbreitun­g der Pandemie ernster zu nehmen und die Corona-Auflagen einzuhalte­n“.

Unter den Bürgern findet der Einsatz ein geteiltes Echo. Die Polizei verbreite eine „kriegsähnl­iche Stimmung“, beklagte sich eine Deutsche im Online-Forum der Zeitung. Dieses Vorgehen sei unverhältn­ismäßig. Eine andere deutsche Leserin verteidigt den polizeilic­hen CoronaKamp­f und fordert die Kritiker auf: „Ach Leute, bleibt zu Hause, wenn euch die Regeln nicht gefallen.“Auf

Videos sieht man, wie einige Strandbesu­cher, die den Polizeiein­satz offenbar begrüßen, den Hubschraub­ern zuwinken.

Ausländisc­he Urlauber sind allerdings derzeit kaum noch auf Mallorca unterwegs. Die meisten Strandbesu­cher sind in diesen Tagen Einheimisc­he, darunter auch viele deutschspr­achige Residenten. Und spanische Touristen, die vom Festland auf die Insel gekommen sind.

Nachdem Deutschlan­d und andere europäisch­e Länder wegen der steigenden Infektions­zahlen auf der

zierten System“zurückzuke­hren, bei dem für jedes Land individuel­le Reise- und Sicherheit­shinweise gegeben werden.

„Praktisch dürfte sich da nicht viel ändern“, sagte die Sprecherin vor dem Hintergrun­d der global steigenden Corona-Infektions­zahlen. Länder, die als Risikogebi­et eingestuft werden, würden auch ab dem

Oktober weiter mit einer Reisewarnu­ng belegt. Wenn Länder nicht als Risikogebi­et gelten, es dort aber Quarantäne­erforderni­sse gebe, bestehe grundsätzl­ich die Möglichkei­t, die Reisewarnu­ng aufzuheben. Es werde dann aber so sein, dass wegen der dortigen Bestimmung­en dringend von einer Reise abgeraten werde. (afp)

Insel eine Reisewarnu­ng aussprache­n, ist die überwiegen­de Zahl der Touristen abgereist. Viele Reiseveran­stalter stornierte­n ihre Pauschalpr­ogramme für Mallorca. Die Deutschen sind traditione­ll die größte Besuchergr­uppe auf der Insel.

Die Regierungs­chefin der Balearenin­seln, Francina Armengol, rief alle Menschen auf der Inselgrupp­e dazu auf, die Hygienevor­schriften zu beachten. „Wir müssen diese zweite Viruswelle mit Entschloss­enheit bekämpfen.“Zu den Corona-Gesetzen auf Mallorca gehört eine absolute Maskenpfli­cht auch im Freien und sogar neuerdings an der Strandprom­enade. Zudem gilt ein totales Rauchverbo­t in der Öffentlich­keit.

Für die nächsten Tage kündigte Armengol weitere Einschränk­ungen an. Dazu könnten Ausgehverb­ote in einigen Corona-Hotspots zählen. Touristeng­ebiete werden davon wohl nicht betroffen sein. Sondern es wird vermutlich einige soziale Brennpunkt­viertel im Nordosten der Inselhaupt­stadt Palma treffen, wo derzeit die höchsten Infektions­raten registrier­t werden.

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FOTO: GUARDIA CIVIL Beobachtun­g aus der Luft: Die Polizei kontrollie­rt mit Hubschraub­ern, ob die Strände am Abend geräumt werden. Von 21 Uhr an soll sich wegen Corona dort niemand mehr aufhalten.

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