Schwäbische Zeitung (Biberach)
Warnung vor sexuellem Missbrauch im Sport
Verbände fordern mehr Prävention
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BERLIN (dpa) - Vertreter aus Sportverbänden und Politik haben mehr Prävention und Hilfe im Kampf gegen sexuellen Missbrauch an Kindern im Breiten- und Leistungssport gefordert. Ziel sei es, dass das Schweigen im eigenen Verband über sexuellen Kindesmissbrauch überwunden werde, sagte die Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, Sabine Andresen, am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Es müsse im Sport daran gearbeitet werden, dass es zu einer Enttabuisierung des Themas komme.
Die Kommission will Betroffenen die Möglichkeit geben, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Rund 100 Menschen seien einem entsprechenden Aufruf seit dem vergangenen Jahr gefolgt. Die Berichte der Betroffenen seien zwar nicht repräsentativ, sagte Andresen. Sie bildeten aber die ganze Bandbreite vom Breitensport bis zum Spitzensport ab. „Wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.“
Bei der Veranstaltung am Dienstag schilderten Betroffene ihre Missbrauchserfahrungen. Eine von ihnen: die Kampfsportlerin Maria Dinkel. Mit elf Jahren war sie in eine JudoLeistungsgruppe gekommen. Der Trainer habe sie und andere Mädchen missbraucht, während er mit ihnen trainierte. „Wenn der Mann uns beim Training am Boden festhielt, konnten wir nichts mehr machen“, schilderte eine Erzählerin Dinkels Geschichte während diese per Video aus der Schweiz zugeschaltet war. Erst habe er sie außen an der Hose angefasst, dann in der Hose.
Jeden Samstag sei das passiert, über drei Monate lang. Irgendwann erzählte es Dinkel ihren Eltern. Der Trainer wurde aus dem Verein geworfen, kam aber ohne Strafe davon. Mit 18 Jahren holte sie ihre Vergangenheit wieder ein, als sie erfuhr, dass der Mann immer noch als JudoTrainer arbeitete. Eine posttraumatische Belastungsstörung mit depressiven Episoden und dissoziativen Zuständen war die Folge.
Dinkel – heute selbst Trainerin – engagiert sich, um andere vor dem zu bewahren, was ihr widerfahren sei. Die 24-Jährige fordert etwa Anlaufstellen für Jungen und Mädchen in den Vereinen zum Thema sexueller Missbrauch.
Die Podiumsdiskussion sei eine Gelegenheit, von Betroffenen zu lernen, indem wir ihnen zuhören, erklärte die Vizepräsidentin für Frauen und Gleichstellung beim Deutschen Olympischen Sportbund, Petra Tzschoppe. „Ich möchte nicht nur persönlich, sondern im Namen des organisierten Sports alle Betroffenen, auch diejenigen, von denen wir bisher noch nicht wissen, für das Leid, was ihnen widerfahren ist, um Entschuldigung bitten“, sagte Tzschoppe weiter.
Die Bundesregierung hatte die Expertenkommission 2016 eingesetzt, um Missbrauch in verschiedenen Bereichen aufzuarbeiten.0