Schwäbische Zeitung (Biberach)
Verein stemmt sich gegen Strukturwandel
Wie der FC Mittelbiberach auch zukünftig Ehrenamtliche gewinnen möchte
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MITTELBIBERACH - Vorstand verzweifelt gesucht: Für viele Vereine wird es immer schwieriger, Ehrenamtliche zu finden. Manche Klubs bedroht dies in ihrer Existenz. Beim FC Mittelbiberach hört nach vielen Jahren der Vorsitzende auf und der Verein muss sich neu erfinden. Wie kann das gelingen?
Es ist ein schlichtes Organigramm, das Kerstin Kirberg mit ihren Vorstandskollegen vom FC Mittelbiberach ausgearbeitet hat. Doch es könnte dem Verein am Ende das Überleben sichern.
Im Mai gab der Vorsitzende Max Martin seinen Rücktritt bekannt. 17 Jahre lang war er im Verein tätig. Die Vorstandsarbeit sei ein „Vollzeitjob“gewesen, erzählt Kirberg. „Er hat exzellente Arbeit geleistet.“Aber genau das wird nun zum Problem. „Wir finden niemanden mehr, der das in Zukunft leisten könnte“, sagt Kirberg. Stetig wachsen zudem die Aufgaben und Vorschriften für die Vereine: vom Datenschutz bis zu Hygienekonzepten. Bisherige Vorstandsmitglieder hätten alle wichtigen Entscheidungen des Vereins treffen müssen, „standen im Zweifel aber am Ende auch in der Wurstbude“.
Der Mangel an Ehrenamtlichen zeige sich aber allein schon beim Mähen des Sportplatzes. Früher hätten Tätigkeiten wie diese noch ehrenamtlich engagierte Senioren übernommen. Heute müsse der Verein alleine dafür rund 4000 Euro jährlich aufbringen. „Die Ehrenamtlichen fehlen uns einfach“, sagt Kirberg.
Jedes Problem könne der Verein kaum lösen, aber doch wolle man sich nun besser für die Zukunft aufstellen. Wie das funktionieren soll, zeigt das Organigramm. „Wir bauen den Verein komplett um“, betont Kirberg. Die Last, die bislang ein Vorsitzender nahezu alleine tragen musste, soll nun auf fünf Schultern verteilt werden. Statt einem Vorstand und mehreren Abteilungen soll es künftig nur noch Ressorts geben, die sehr eigenständig geführt werden. Die Ressorts sind Ballsport mit Tischtennis, Fußball und Badminton; Bewegungssport mit Lauftreff und Gymnastik; Orga mit der gesamten Vereinsverwaltung; Event mit den Veranstaltungen wie dem Nikolausball oder dem Christbaumverkauf; sowie das FinanzRessort.
Alle Ressortleiter bilden gemeinsam gleichberechtigt den Vorstand. „Wir können damit kleinere Arbeitspakete vergeben und erzeugen so hoffentlich eine größere Bereitschaft, sich zu engagieren“, erklärt Kirberg. Mit Fußball und Sport im Allgemeinen kennt sie sich aus. Bevor sie nach Mittelbiberach kam, war sie als Assistenz der Geschäftsführung beim Zweiligisten SV Waldhof Mannheim tätig. Heute engagiert sie sich als Schriftführerin in Mittelbiberach. Künftig würde sie das Ressort „Event“übernehmen. Und dabei voraussichtlich auch die Geburtstagsfeier des Vereins auf die Beine stellen. In vier Jahren feiert der FC sein 100-jähriges Jubiläum. Kirberg ist überzeugt davon, dass der Verein auch noch lange Zeit besteht.
Eine kleine Hürde gibt es allerdings noch: Das Konzept, das sie gemeinsam mit Vorstandskollegen und den Abteilungsleitern ausgearbeitet hat, muss von der Mitgliederversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigt werden.
Die Versammlung findet am Freitag, 23. Oktober, um 20 Uhr in der Turn- und Festhalle Mittelbiberach statt. Für alle Ämter, die zu vergeben sind, hätten sich bereits Ehrenamtliche gefunden. Kirberg sagt, sie sei gerne bereit über den Vorschlag des Vorstands zu diskutieren und sich alternative Ideen anzuschauen. Dennoch glaube sie an das neue Konzept und warnt auch: „Wenn’s damit nichts wird, dann gibt es wohl keinen
Vorsitzenden mehr.“Wie es dann mit dem Verein weiterginge, wäre ungewiss.
Rund 950 Mitglieder zählt der FC zurzeit, Kinder- und Jugendliche machen etwa die Hälfte davon aus. Kirberg glaubt auch, dass mit dem neuen Modell alle profitieren könnten. Für die einzelnen Ressorts gäbe es mehr Mitsprache. Das betrifft auch die Finanzen. Jedes Ressort kann selbst entscheiden, ob zum Beispiel die Mitgliedsbeiträge erhöht werden. Manche Beiträge für Mitglieder müssten ohnehin erhöht werden. „Wir sind noch sehr günstig, aber finanziell auf Kante genäht“, sagt Kirberg. Etwas höhere Beiträge seien auch wichtig, um zum Beispiel Übungsleiter in Zukunft bezahlen zu können. Ansonsten drohe auch hier bald ein Mangel an Personal.
Wenn es die Umstände erfordern, müsse sich der Verein eben anpassen, glaubt Kirberg. Mit dem neuen Modell sei man sicherlich kein Vorreiter. „Wir sind damit aber zumindest wieder am Puls der Zeit.“
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