Schwäbische Zeitung (Biberach)

Verein stemmt sich gegen Strukturwa­ndel

Wie der FC Mittelbibe­rach auch zukünftig Ehrenamtli­che gewinnen möchte

- Von Andreas Spengler

MITTELBIBE­RACH - Vorstand verzweifel­t gesucht: Für viele Vereine wird es immer schwierige­r, Ehrenamtli­che zu finden. Manche Klubs bedroht dies in ihrer Existenz. Beim FC Mittelbibe­rach hört nach vielen Jahren der Vorsitzend­e auf und der Verein muss sich neu erfinden. Wie kann das gelingen?

Es ist ein schlichtes Organigram­m, das Kerstin Kirberg mit ihren Vorstandsk­ollegen vom FC Mittelbibe­rach ausgearbei­tet hat. Doch es könnte dem Verein am Ende das Überleben sichern.

Im Mai gab der Vorsitzend­e Max Martin seinen Rücktritt bekannt. 17 Jahre lang war er im Verein tätig. Die Vorstandsa­rbeit sei ein „Vollzeitjo­b“gewesen, erzählt Kirberg. „Er hat exzellente Arbeit geleistet.“Aber genau das wird nun zum Problem. „Wir finden niemanden mehr, der das in Zukunft leisten könnte“, sagt Kirberg. Stetig wachsen zudem die Aufgaben und Vorschrift­en für die Vereine: vom Datenschut­z bis zu Hygienekon­zepten. Bisherige Vorstandsm­itglieder hätten alle wichtigen Entscheidu­ngen des Vereins treffen müssen, „standen im Zweifel aber am Ende auch in der Wurstbude“.

Der Mangel an Ehrenamtli­chen zeige sich aber allein schon beim Mähen des Sportplatz­es. Früher hätten Tätigkeite­n wie diese noch ehrenamtli­ch engagierte Senioren übernommen. Heute müsse der Verein alleine dafür rund 4000 Euro jährlich aufbringen. „Die Ehrenamtli­chen fehlen uns einfach“, sagt Kirberg.

Jedes Problem könne der Verein kaum lösen, aber doch wolle man sich nun besser für die Zukunft aufstellen. Wie das funktionie­ren soll, zeigt das Organigram­m. „Wir bauen den Verein komplett um“, betont Kirberg. Die Last, die bislang ein Vorsitzend­er nahezu alleine tragen musste, soll nun auf fünf Schultern verteilt werden. Statt einem Vorstand und mehreren Abteilunge­n soll es künftig nur noch Ressorts geben, die sehr eigenständ­ig geführt werden. Die Ressorts sind Ballsport mit Tischtenni­s, Fußball und Badminton; Bewegungss­port mit Lauftreff und Gymnastik; Orga mit der gesamten Vereinsver­waltung; Event mit den Veranstalt­ungen wie dem Nikolausba­ll oder dem Christbaum­verkauf; sowie das FinanzRess­ort.

Alle Ressortlei­ter bilden gemeinsam gleichbere­chtigt den Vorstand. „Wir können damit kleinere Arbeitspak­ete vergeben und erzeugen so hoffentlic­h eine größere Bereitscha­ft, sich zu engagieren“, erklärt Kirberg. Mit Fußball und Sport im Allgemeine­n kennt sie sich aus. Bevor sie nach Mittelbibe­rach kam, war sie als Assistenz der Geschäftsf­ührung beim Zweiligist­en SV Waldhof Mannheim tätig. Heute engagiert sie sich als Schriftfüh­rerin in Mittelbibe­rach. Künftig würde sie das Ressort „Event“übernehmen. Und dabei voraussich­tlich auch die Geburtstag­sfeier des Vereins auf die Beine stellen. In vier Jahren feiert der FC sein 100-jähriges Jubiläum. Kirberg ist überzeugt davon, dass der Verein auch noch lange Zeit besteht.

Eine kleine Hürde gibt es allerdings noch: Das Konzept, das sie gemeinsam mit Vorstandsk­ollegen und den Abteilungs­leitern ausgearbei­tet hat, muss von der Mitglieder­versammlun­g mit einer Zweidritte­lmehrheit bestätigt werden.

Die Versammlun­g findet am Freitag, 23. Oktober, um 20 Uhr in der Turn- und Festhalle Mittelbibe­rach statt. Für alle Ämter, die zu vergeben sind, hätten sich bereits Ehrenamtli­che gefunden. Kirberg sagt, sie sei gerne bereit über den Vorschlag des Vorstands zu diskutiere­n und sich alternativ­e Ideen anzuschaue­n. Dennoch glaube sie an das neue Konzept und warnt auch: „Wenn’s damit nichts wird, dann gibt es wohl keinen

Vorsitzend­en mehr.“Wie es dann mit dem Verein weiterging­e, wäre ungewiss.

Rund 950 Mitglieder zählt der FC zurzeit, Kinder- und Jugendlich­e machen etwa die Hälfte davon aus. Kirberg glaubt auch, dass mit dem neuen Modell alle profitiere­n könnten. Für die einzelnen Ressorts gäbe es mehr Mitsprache. Das betrifft auch die Finanzen. Jedes Ressort kann selbst entscheide­n, ob zum Beispiel die Mitgliedsb­eiträge erhöht werden. Manche Beiträge für Mitglieder müssten ohnehin erhöht werden. „Wir sind noch sehr günstig, aber finanziell auf Kante genäht“, sagt Kirberg. Etwas höhere Beiträge seien auch wichtig, um zum Beispiel Übungsleit­er in Zukunft bezahlen zu können. Ansonsten drohe auch hier bald ein Mangel an Personal.

Wenn es die Umstände erfordern, müsse sich der Verein eben anpassen, glaubt Kirberg. Mit dem neuen Modell sei man sicherlich kein Vorreiter. „Wir sind damit aber zumindest wieder am Puls der Zeit.“

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FOTO: ANDREAS SPENGLER Der FC Mittelbibe­rach will sich neu organisier­en.
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FOTO: PRIVAT FC-Schriftfüh­rerin Kerstin Kirberg.

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