Schwäbische Zeitung (Biberach)
Denkmalstiftung wird zum politischen Spielball
Bad Wurzachs Ex-Bürgermeister Bürkle soll Vorstandschef werden – Welche Rolle spielt das CDU-Parteibuch?
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STUTTGART - 62 Millionen Euro Förderung in 35 Jahren: So lautet die Erfolgsgeschichte der Denkmalstiftung Baden-Württemberg. Dem strahlenden Image droht nun aber ein Makel: Im Raum stehen Vorwürfe von Parteigeklüngel und Postengeschacher. In deren Zentrum: Katrin Schütz, Staatssekretärin im Stuttgarter Wirtschaftsministerium und CDU-Mitglied. Um Geld geht es nicht, wohl aber um Prestige.
Eigentlich war Ingo Rusts Weg an die Spitze des Vorstands der Denkmalstiftung vorbestimmt. Der SPDMann war lange im Landtag, bis er 2015 Finanzbürgermeister von Esslingen wurde. Von 2011 bis 2015 war Rust zudem Staatssekretär im Finanzministerium unter Nils Schmid – und leitete das Kuratorium der Denkmalstiftung. Diese ist seit ihrer Gründung 1985 durch den damaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU) und Carl Herzog von Württemberg und durch ihre Satzung eng mit dem Land verbandelt. Der Stiftungsauftrag: Den Erhalt des kulturellen Erbes im Südwesten dort zu schützen, wo das Land nicht eingreift. Der Löwenanteil des Geldes floss über die Jahre auch an Privatbesitzer zum Erhalt deren Denkmale.
Schon einmal wurde Rust degradiert: nach der Landtagswahl 2016. In einem Brief an Staatssekretärin Schütz, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, schreibt Rust: „Wie Sie sich sicherlich noch erinnern, hatten Sie mir 2016, als Sie ins Amt gekommen sind, bereits zugesagt, dass ich Vorsitzender des Kuratoriums bleiben solle.“Schließlich übernahm Schütz den Posten aber selbst.
Nun tritt der langjährige Vorstandsvorsitzende Rainer Prewo, ebenfalls ein SPD-Mann, von seinem Posten zurück. Rust gilt für viele als idealer Nachfolger – und so sei er auch vom Vize-Vorstandsvorsitzenden Erich Fürst von Waldburg-Zeil gefragt worden, ob er sich dieses Ehrenamt vorstellen könne. Auch Schütz sei dafür gewesen, sagt Rust. Aber: „Auch dieses Mal halten Sie Ihr Wort – das Sie nicht nur mir, sondern auch Fürst von Waldburg-Zeil gegeben haben – nicht. Sie wollen stattdessen einen Parteimann auf diese Position setzen. Schade!“, schreibt Rust an Schütz.
An Rusts Stelle soll nämlich Roland Bürkle den Vorstandsvorsitz übernehmen. 16 Jahre lang war der CDU-Mann Bürgermeister des oberschwäbischen Bad Wurzach. Seit 2018 bekleidet er nur noch Ehrenämter, wie er sagt. Katrin Schütz habe ihn angerufen und gefragt, ob er sich für ein weiteres an der Spitze der Denkmalstiftung erwärmen könne. „Ich bin gefragt worden, ob ich Zeit und Lust hätte, mich zu engagieren“, sagt Bürkle. Er habe darüber nachgedacht und mit dem ehemaligen Ravensburger Oberbürgermeister Hermann Vogler gesprochen, der bis 2019 Geschäftsführer der Stiftung war. Danach habe er sein Interesse bekundet. „Mir hat man gesagt, es gibt mehrere Kandidaten.“
Einer hat aufgegeben: Ingo Rust. Die Denkmalstiftung sei ein „Juwel“, schreibt er an Schütz. „Ich werde sie auf keinen Fall beschädigen, indem ich in eine Kampfkandidatur um dieses Ehrenamt eintrete.“Zudem trete er mit sofortiger Wirkung aus dem Kuratorium aus. Für Rust ist klar: Bei der Besetzung des Postens entscheidet allein das Parteibuch – das sei vor allem deshalb schade, weil die Stiftung „nie ein Spielball parteipolitischer Überlegungen war und es auch nicht sein sollte“, schreibt Rust. Bürkle ist in ein starkes CDU-Netzwerk eingebunden. Seine Frau Stefanie Bürkle ist Landrätin von Sigmaringen, sein Sohn Philipp steht an der Spitze der Jungen Union im Land.
Schütz weist den Vorwurf des Parteiklüngels „in aller Deutlichkeit“zurück. Vielmehr sei Bürkle einer von mehreren Vorschlägen „aus der Mitte des Kuratoriums“gewesen, wie sie auf Anfrage erklärt. „Bis heute waren oder sind ehemalig in der Politik oder Verwaltung aktive Persönlichkeiten als Geschäftsführer oder als Vorsitzende des Vorstands in der Stiftung tätig.“Sie brächten Erfahrung, Unabhängigkeit und die nötige Zeit mit. Jemandem den Posten zu versprechen sei gar nicht möglich, da es ein gewähltes Ehrenamt sei. „Insofern scheint es mir, dass hier ein Missverständnis vorliegt.“
Die Argumente lässt Rust nicht gelten. Ob er genügend Zeit für die Aufgabe habe, könne wohl er am besten einschätzen. Und: „Bisher war es immer so, dass der Vorstand einen geeigneten Kandidaten vorschlägt und das Kuratorium diesen wählt.“