Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wettlauf um den Corona-Impfstoff
Gesundheitsministerium dämpft Hoffnungen für 2020 – Curevac-Chef pocht auf Sicherheit
STUTTGART/BERLIN (dpa/lsw) Das Coronavirus grassiert weiter in Deutschland, am Freitag vermeldeten die Behörden mindestens 10 982 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Zwar heißt die Mehrzahl der Bürger die nun wieder verschärften Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie gut. Laut des aktuellen ZDF-Politbarometers sind 54 Prozent der befragten Bundesbürger damit einverstanden und sogar 30 Prozent gehen diese nicht weit genug. Trotzdem sehnen sich Menschen weltweit nach Normalität und warten auf einen Impfstoff.
Einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gesagt habe, dass es damit noch in diesem Jahr klappen könnte, dementierte sein Ministerium am
Freitag: Man bleibe bei der Einschätzung, dass erste Corona-Impfungen voraussichtlich in den ersten Monaten des nächsten Jahres möglich werden. Dem „Spiegel“sagte der CDUPolitiker, der selbst mit dem Virus infiziert ist, es könne Januar sein, vielleicht auch Februar, März – oder sogar später. Zudem erklärte Spahn, eine mögliche Impfung der Bevölkerung benötige mindestens ein halbes Jahr Zeit. Sobald genügend Impfstoff zur Verfügung stehe, könne „in sechs, sieben Monaten ein großer Teil derjenigen, die wollen, geimpft werden“, sagte er.
Der Vorstandschef des Tübinger Biopharmaunternehmens Curevac, Franz-Werner Haas, erklärte am Freitag in Stuttgart, dass ein Impfstoff vor allem wirksam, verträglich und sicher sein muss. Er rechne nicht damit, dass der Impfstoff seiner Firma noch 2020 auf den Markt komme. „Glaube ich nicht“, sagte er hierzu. Vielleicht gehe es schneller, versprechen könne er es nicht. „Das wäre einfach unlauter“, erklärte Haas. Er setzt auf das erste Halbjahr 2021.
Das globale Rennen um einen Corona-Impfstoff geht derweil in die heiße Phase. Curevac ist bei der Suche nach einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2 einer von mehreren Hoffnungsträgern. Während die Firmen Biontech/Pfizer und Moderna ihre Impfstoffe schon in Phase 3 testen, ist der Impfstoff der Tübinger noch nicht ganz so weit. 250 Probanden aus der ersten Phase der Prüfung des Impfstoffs hätten ihn sehr gut vertragen, sagte Haas. Mittlerweile läuft Phase 2 – in Peru und Panama mit 690 gesunden Teilnehmern.
Haas sagte am Freitag, es sei gut, wenn Biontech und andere Firmen sehr schnell Impfstoffe auf den Markt bringen könnten. Der Zeitplan bei seinem Unternehmen hänge unter anderem von der Rekrutierung der 30 000 Probanden für die nächste klinische Studie ab. Es brauche eine weltweit breite Immunisierung – er sei zuversichtlich, dass Curevac einen Platz finden werde, auch wenn der Impfstoff mit wenigen Monaten Versatz komme, sagte Haas mit Blick auf Mitbewerber. Es gehe zunächst darum, den Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen, um überhaupt einen Impfstoff zu haben. Bis Ende 2021 wolle man mehrere Millionen Dosen zur Verfügung haben. SEITEN 4 & 9
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