Schwäbische Zeitung (Biberach)
Zwei Fäuste und ein Werkzeugkasten
Das Internationale Olympische Komitee und Japan wollen an den Spielen in Tokio festhalten – Hoffen auf Impfstoff
TOKIO (dpa/SID) - Faust an Faust schickten IOC-Präsident Thomas Bach und Japans Regierungschef ein Signal ihres olympischen Durchhaltewillens in die Welt. Obwohl die Corona-Pandemie weiter mit großem Tempo um sich greift, sollen die auf 2021 verschobenen Tokio-Spiele nach dem Willen der Gastgeber und des Internationalen Olympischen Komitees wie geplant nächsten Sommer stattfinden. Darin seien sich alle Organisatoren einig, versicherte Bach zum Auftakt seines Kurzbesuchs in Tokio. Eine umfassende Corona-Impfung von Athleten und Zuschauern, teils bezahlt vom IOC, soll dabei helfen.
Das IOC werde „große Anstrengungen“unternehmen, damit möglichst viele Teilnehmer und Fans vor der Reise nach Japan im nächsten Jahr gegen das Coronavirus geimpft sein werden, beteuerte Bach. „Wir machen das aus Respekt vor dem japanischen Volk. Sie sollen sicher sein, dass alles getan wird, um sichere Spiele in Tokio ausrichten zu können“, sagte der IOC-Chef. Eine Impfpflicht aber schloss der 66-Jährige auf Nachfrage ausdrücklich aus.
Zum Beweis für ihre Entschlossenheit, die Spiele wie geplant stattfinden zu lassen, posierten Bach und Japans neuer Ministerpräsident Yoshihide
Suga bei ihrem ersten Treffen Handrücken an Handrücken und mit Mundschutzmasken vor den Fotografen. Er sei entschlossen, die Spiele im kommenden Jahr auszurichten, als „Beweis, dass die Menschheit das Virus besiegt hat“, sagte Suga nach dem Treffen mit Bach. Dieser verlieh Sugas Vorgänger Shinzo Abe später den Olympischen Orden in Gold. Abe hatte dafür gesorgt, dass Tokio den Zuschlag für die Sommerspiele bekam.
Für Bach ist es die erste Reise nach Tokio seit der Entscheidung für die Olympiaverschiebung im März. „Zusammen
können wir diese Olympischen Spiele und die olympische Flamme zu einem Licht am Ende des Tunnels machen“, sagte Bach, der in Tokio ein zweitägiges Marathonprogramm an Treffen mit Japans Olympiamachern absolviert. Für Dienstag stehen Besuche im olympischen Dorf und Olympiastadion sowie Gespräche mit Athleten auf dem Programm.
Man wolle „so viele ausländische Teilnehmer wie möglich überzeugen“, sich freiwillig impfen zu lassen, sagte der IOC-Chef. Die Kosten der Impfung für die Sportler werde das IOC in Zusammenarbeit mit den Nationalen Olympischen Komitees übernehmen, kündigte Bach an. Voraussetzung dafür sei, dass rechtzeitig ein Impfstoff breit verfügbar sei. In diesem Fall sei das IOC sicher, dass auch Zuschauer zugelassen werden könnten und die Wettkämpfe in einer sicheren Umgebung stattfinden, sagte Bach. Zuletzt hatten die Organisatoren noch mehrfach darauf verwiesen, dass ein Impfstoff allein kein „Allheilmittel“für die Austragung sei. Bach hatte versichert, das IOC wolle für die Olympiateilnehmer keine Vorzugsbehandlung bei der Vergabe eines Impfstoffs erwirken. Vielmehr sollten zunächst Risikogruppen geimpft werden.
Die japanischen Gastgeber hatten kürzlich in einigen Stadien BaseballSpiele austragen lassen, mit teilweise bis zu 30 000 Fans. Auch ein Gymnastikwettkampf mit 22 Athleten aus dem Ausland wurde abgehalten, der von mehreren Tausend Fans verfolgt worden war. Dass dies möglich gewesen sei, sei ein weiterer Grund, zuversichtlich zu sein, auch die Olympischen Spiele (23. Juli bis 8. August) sicher über die Bühne zu bringen, sagte Bach. Bis dahin werde man noch weitere Maßnahmen gegen das Coronavirus im „riesigen Werkzeugkasten“haben. Den stelle man gerade mit Maßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgeboten zusammen. In gut acht Monaten könne man dann „das geeignete Werkzeug aus dieser Kiste“nehmen und damit „für ein sicheres Umfeld für alle Teilnehmer“sorgen.
Die Zahl der registrierten Neuinfektionen in Japan war zuletzt innerhalb einer Woche um gut 10 000 Fälle auf jetzt fast 120 000 gestiegen. Bislang zählt Japan rund 1900 Tote in Folge des Coronavirus. Aus Umfragen geht hervor, dass ein Großteil der Japaner für eine weitere Verschiebung oder gar eine komplette Absage der Spiele ist. Zudem haben 60 Prozent der inländischen Sponsoren ihre Verträge noch nicht bis 2021 verlängert.