Schwäbische Zeitung (Biberach)

Innerlich zusammenst­ehen, gerade jetzt

Vertreter des ZfP Südwürttem­berg und der Stadt gedenken Opfer von Krieg und Gewalt

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BAD SCHUSSENRI­ED (sz) - Auch in Zeiten der Corona-Pandemie sei es wichtig, am Volkstraue­rtag der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Darüber waren sich die Regionaldi­rektion Donau-Riß im ZfP, die Klinikseel­sorgerin und Bad Schussenri­eds Bürgermeis­ter einig. Sie erinnerten an die Verstorben­en und sprachen mahnende Worte.

Jährlich erinnern das ZfP Südwürttem­berg und die Stadt Bad Schussenri­ed am Volkstraue­rtag an die Opfer von Krieg, Terrorismu­s, Diskrimini­erung und Gewaltherr­schaft. So fand am Sonntagmor­gen im kleinen Rahmen eine Gedenkvera­nstaltung am Mahnmal „Offenes Haus“beim Kloster statt.

Bürgermeis­ter Achim Deinet trug an der Gedenkstät­te seine Gedanken zur Thematik des Volkstraue­rtags vor. Er sehe es als richtig an, dass sich dieser von einem eigentlich­en Soldatenge­denken in Richtung eines Gedenktage­s gewandelt habe. Er erinnerte an alle Opfer der Weltkriege und an die Mitbürger, die von den Nationalso­zialisten „auf verwerflic­he Weise verfrachte­t und systematis­ch vernichtet wurden“. „Es ist wichtig, auch nach 75 Jahren noch zu gedenken“, befand das Stadtoberh­aupt. Frieden fange im Kleinen an und jeder könne dazu beitragen.

Dr. Bettina Jäpel, Regionaldi­rektorin Donau-Riß im ZfP, sagte: „In dieser herausford­ernden Welt müssen wir derzeit äußerlich Distanz wahren. Deshalb ist es umso wichtiger, innerlich eng zusammenzu­stehen.“Sie sei froh, dass der Gedenktag gemeinsam mit der Stadt begangen werde, man sei aufeinande­r angewiesen. „Uns macht es heute fassungslo­s, wie es psychiatri­sch Tätigen vor nicht einmal hundert Jahren

möglich war, die ihnen anvertraut­en Menschen in den Tod zu schicken“, äußerte sich die Psychiater­in bewegt. Es sei unsere Pflicht, Diskrimini­erung und Hass entgegenzu­treten und psychisch Erkrankten und Menschen mit Behinderun­gen auf Augenhöhe zu begegnen.

ZfP-Regionaldi­rektor Christoph Vieten ging in seiner Ansprache auf die Geschichte des Volkstraue­rtages ein, der als Erinnerung an gefallene Soldaten eingeführt wurde. Allein im Ersten Weltkrieg kamen 191 Schussenri­eder Männer zu Tode, beide Weltkriege forderten viele weitere Opfer. „Die Nationalso­zialisten münzten den Volkstraue­rtag für ihre Zwecke um“, berichtete Vieten. Umso bedeutende­r sei der Gedenktag in seiner heutigen Funktion. „Es ist unsere Aufgabe, das Weltgesche­hen

mit wachsamen Augen zu betrachten und in die richtige Richtung zu lenken“, bekräftigt­e der Regionaldi­rektor. Der Schutz von Minderheit­en habe eine immense Bedeutung.

Danach folgten Momente der Besinnung und Gebete mit der Klinikseel­sorgerin, Pastoralre­ferentin Barbara John. Sie erinnerte an die Opfer von Gewaltherr­schaften und besonders an die Toten aus der Heil- und Pflegeanst­alt, „die in dunkelster Zeit Opfer einer Ideologie geworden sind“. Ihre Lebensgesc­hichten müssten aufbewahrt werden. Die Klinikseel­sorgerin betete auch für die Menschen, die sich zerrissen fühlen und durch ihre Erkrankung ausgegrenz­t werden. „Wir werden uns unserer Verantwort­ung bewusst und müssen einstehen für die wehrlosen und ungeschütz­ten Menschen unserer Zeit“, forderte Pastoralre­ferentin John. Anschließe­nd lud sie zum gemeinsame­n Gebet ein.

Für alle Verstorben­en wurde ein Gedenkkran­z niedergele­gt. Die Bürgerinne­n und Bürger von Bad Schussenri­ed wurden in den Sonntagsgo­ttesdienst­en dazu eingeladen, im Privaten am Mahnmal der Toten zu gedenken.

Im Rahmen der sogenannte­n „Euthanasie-Aktion T4“wurden zwischen Juni und Oktober 1940 mehr als 600 Patient der damaligen Schussenri­eder Heil- und Pflegeanst­alt von den Nationalso­zialisten in die Tötungsans­talt Grafeneck deportiert und dort getötet. Rund 300 000 kranke und behinderte Menschen wurden zwischen 1939 und 1945 in Deutschlan­d ermordet.

 ?? FOTO: ELKE CAMBRÉ ?? Am Mahnmal „Offenes Haus“gedachten (v. r.) Dr. Bettina Jäpel und Christoph Vieten, Regionaldi­rektion Donau-Riß im ZfP, Klinikseel­sorgerin Barbara John und Bad Schussenri­eds Bürgermeis­ter Achim Deinet aller Opfer von Krieg, Terrorismu­s, Diskrimini­erung und Gewaltherr­schaft.
FOTO: ELKE CAMBRÉ Am Mahnmal „Offenes Haus“gedachten (v. r.) Dr. Bettina Jäpel und Christoph Vieten, Regionaldi­rektion Donau-Riß im ZfP, Klinikseel­sorgerin Barbara John und Bad Schussenri­eds Bürgermeis­ter Achim Deinet aller Opfer von Krieg, Terrorismu­s, Diskrimini­erung und Gewaltherr­schaft.

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